Die „Alten Herren“ sind sauer: Bei ihrem regelmäßigen Kicken in der Weingartener Walzbachhalle müssen sie neuerdings eng zusammenrücken, weshalb schon kleinere Teams gebildet werden mussten. Der Grund: Das vordere Drittel der Mehrzweckhalle ist für den Sport dauerhaft gesperrt, weil dort die Gemeinderatssitzungen stattfinden.
„Das Spielen ist eingeschränkt und macht keinen Spaß. Und beim Kicken auf weniger Raum ist auch die Verletzungsgefahr größer“, findet etwa Marco Jeschke. Die Sperrung ist für Klaus Peterlik ein „nicht bürgernahes Agieren“. Es hätte, findet der Hobby-Fußballer, nach Alternativen geschaut werden müssen. Andere Kicker beklagen, dass die Situation auch für die anderen Gruppen der Fußballvereinigung (FVgg) 1906 „problematisch“ sei, etwa für die Jugendmannschaften.
Keine Ausweichmöglichkeiten nach draußen
Markus Bogner verwundert, dass „Alternativvorschläge einfach vom Tisch gefegt und nicht geprüft“ worden seien. Die Folge sei, dass der Breitensport, hauptsächlich Fußball und Handball von den ortsansässigen Vereinen „nur sehr eingeschränkt“ wahrgenommen werden könne. Es gebe keine Ausweichmöglichkeiten, da es beispielsweise beim Fußball keine ausreichende Zahl an Flutlichtplätzen gebe.
Für ihn sei das „ein Schlag ins Gesicht des Breitensports“, weil die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die sowieso durch die Pandemie gebeutelt seien nun auch bei der Ausübung ihres Sports „sehr eingeschränkt werden“.
Es gebe in der Halle eine Bühne, die man für Gemeinderatssitzungen bestuhlen könne, oder den Raum des Musikvereins im Untergeschoss. Weitere Alternativen für Ratssitzungen sieht Bogner beispielsweise im evangelischen und katholischen Gemeindehaus oder im Rathaus selbst.
„Da gibt es zwei geeignete Säle. Man könnte die Sitzung ja aus denen öffentlich übertragen.“ Er habe mit dem Bürgermeister gesprochen, doch ohne zufriedenstellendes Ergebnis, erklärte Bogner.
Bürgermeister Bänziger sieht ebenfalls keine Alternative für Ratssitzungen
An das Gespräch erinnert sich Eric Bänziger, aber es gebe keine Alternative: „Wir haben keine vergleichbaren Räume zur Verfügung, in die wir hätten ausweichen können“, sagt der Bürgermeister auf BNN-Nachfrage. Es gehe ja darum, bei den oft stundenlangen Sitzungen das Verbreiten von Aerosolen einzudämmen beziehungsweise zu verhindern.
Und man wollte nicht jedesmal neu bestuhlen müssen: „Unsere Hausmeister und Reinigungskräfte sind jetzt schon am Anschlag, die müssen sich ja um die Schulen und was alles kümmern“, so Bänziger. „Diesen Leuten wollen wir nicht noch mehr Arbeit aufbürden.“
Bevor man sich für die Walzbachtalhalle entschieden habe, seien selbstverständlich alle möglichen Alternativen geprüft worden, erklärt der Bürgermeister. „Wir haben auch im ,Goldenen Löwen’ nachgefragt, aber die haben abgesagt.“ Und als er die Klausurtagung des Gemeinderats im Rathaus abhalten wollte, habe sich der Gemeinderat dagegen ausgesprochen und in die Halle gewollt.
Wir müssen auch in diesen Zeiten handlungsfähig bleiben.Bürgermeister Eric Bänziger
Er könne „absolut nachvollziehen“, dass jeder seinen Sport in der gewohnten Form machen wolle, versichert Bänziger, aber die Verwaltung benötige eben das Drittel der Halle für Sitzungen und ähnliches. Im Übrigen sei in einem Rundschreiben jedem Verein angeboten worden, in diesem Bereich seine Versammlungen abzuhalten, was beispielsweise schon die Bürgerstiftung genutzt habe.
Schlechte Nachricht, nicht nur für die „Alten Herrn“: Mindestens bis Ende des Jahres bleibe das Hallendrittel für Sport tabu, sagt der Verwaltungschef, und er gehe davon aus, dass sich das auch noch nicht so schnell ändere. Man brauche den festen Sitzungsraum. Bänziger: „Wir müssen auch in diesen Zeiten handlungsfähig bleiben.“