Von Marianne Lother
Mit neuem Vorstand ist der Weingartener Gewerbeverein in das 124. Jahr seines Bestehens gestartet. Die BNN sprachen mit der Vorsitzenden, der selbständigen Rechtsanwältin Kerstin Wisniowski, ihrem Stellvertreter, dem selbständigen Stuckateurmeister Arsim Arifi, und dem Öffentlichkeitsbeauftragten Jürgen Hill, der ein Mediendesign- und Kommunikationsbüro betreibt, über Wünsche, Pläne und konkrete Ziele, um den Gewerbestandort Weingarten voranzubringen.
Den ersten Schritt sehen sie in der Stärkung der Gemeinschaft. „Zunächst die Mitglieder wieder zusammenbringen“, möchte Kerstin Wisniowski. Den Weg sucht sie über direktes Ansprechen und Zurückgewinnen. Sechs neue Mitglieder seien auf diesem Wege schon gewonnen worden. Kurze Wege untereinander sollen das Netzwerk enger knüpfen, auch „um Aufträge im Ort zu halten“.
„Füreinander – miteinander“ laute der neue Slogan. „Und nicht gegeneinander“, ergänzt Hill zu diesem Thema. Der Gewerbeverein werde sich mehr über Social Media präsentieren und habe dazu ein eigenes Instagram–Konzept entwickelt.
Großes Thema ist die Schwäche des Einzelhandels
Seit Beginn der Corona-Krise hätten sie die Firmen über ihren E-Mail-Verteiler über Zahlen und Fakten, Anträge und Fristen auf dem Laufenden gehalten. Ein großes Thema ist die Schwäche des Einzelhandels, denn dieser prägt das Image eines Ortes.
Mehrere zugeklebte Schaufenster in der Haupteinkaufsstraße weisen darauf hin, dass dieses Geschäft keinen Nachfolger gefunden hat. Möglicherweise sei das Ladenlokal modernisierungsbedürftig, hatte bereits der damalige Vorsitzende Hartmut Benz gemeint, als der Gewerbeverein 2017 im Gemeinderat ein Konzept vorgestellt hatte.
Parkflächen und Tourismus waren damals ebenfalls Themen. Hill wirft ein, für künftige Händler müsse sich die Frage stellen: „Warum nicht eher in Weingarten ein Geschäft eröffnen als woanders? Die Lage und der Ortskern sind attraktiv, man braucht also nur Mut, oder?“
Image des Gewerbevereins soll entstaubt werden
Kreativ und flexibel, aber auch fleißig müsse man sein. Arsim Arifi möchte den Gewerbeverein „entstauben“ und für alle Berufsgruppen, auch Freiberufler, und alle Betriebsgrößen attraktiv machen. Er sieht Möglichkeiten, den Ort zu beleben in der längeren Parkzeiten, die nicht durch den Gemeindevollzugsdienst eingeschränkt werden.
Sinnvoll finde er Parkschein-Automaten. Kerstin Wisniowski zählt zum Einzelhandel auch beispielsweise Ärzte, Apotheker, Optiker, Physiotherapeuten und Versicherungsfachleute, von denen es glücklicherweise im Ort bereits einige gebe.
Durch die Corona-Pandemie geschädigteMitglieder will der Verein mit Beitragsnachlässen unterstützen. Viel versprechen sich die drei Vorstandsmitglieder von Gesprächen mit der Gemeinde. Kerstin Wisniowski wünscht sich eine Einbindung des Vereins in die künftige Planung des Gewerbe- und Industriegebiets.
Arifi fordert weitere Gewerbeflächen als räumliche Entwicklungsmöglichkeiten für Handwerksfirmen, um Abwanderung zu verhindern. Hill denkt an den fehlenden Nachwuchs in fast allen Bereichen. Er schlägt Speed-Datings vor, bei denen sich Firmeninhaber mit Schülern in Kurzgesprächen mit dem Ziel Praktikum oder Ausbildungsplatz begegnen können.
Bewährte Veranstaltungen will Verein nach Corona beibehalten
Handwerksberufe, sagt er, werden von der Jugend als „uncool“ angesehen, das müsse man ändern. Was die Jugend aber nicht sehe, sei, dass auch jene heute erfolgreichen YouTuber und Influencer ihren Erfolg hart erarbeitet hätten. Beständigkeit, Ausdauer, Durchhaltevermögen, Kommunikationstalent und Fleiß seien in jedem Beruf notwendig.
Bewährte und beliebte Veranstaltungen wie den verkaufsoffenen Sonntag, die Gewerbemeile, eine anstehende Leistungsschau und das Maibaumstellen will der Verein nach Corona beibehalten.