Skip to main content

Helmut Seidel

Singen für die SOS-Kinderdörfer: Tenor aus Weingarten hat über Jahrzehnte Spenden gesammelt

Helmut Seidel aus Weingarten ist nicht nur begeisterter Sänger, sondern engagiert sich seit Jahrzehnten für die SOS-Kinderdörfer. Der 84-Jährige leidet sehr unter der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen.

Tenor Helmut Seidel Weingarten
Mit einem Benefizkonzert will Tenor Helmut Seidel sein Engagement für SOS-Kinderdörfer fortsetzen. 2020 übernahm er zudem mit seiner Frau Helga eine Kinderdorfpatenschaft. Foto: Alexander Werner

Im Januar hat Helmut Seidel seinen 84. Geburtstag gefeiert. Den Geburtstag beging der Tenor aus Weingarten mit seiner Frau Helga in einer Zeit, die ihn traurig macht. Das Ehepaar zählt zur höchsten Corona-Risikogruppe. „Wir haben uns ganz zurückgezogen. Niemand kommt zu uns und wir gehen zu niemandem“, berichtet Seidel. Weithin bekannt machten den Mann seine Stimme, seine Vortragskunst und sein vielfach gewürdigtes soziales Engagement.

Drei Jahrzehnte, 27 Konzerte, 160.000 Euro Spenden

„Raus geht es nur zu Arztbesuchen, zum Einkaufen und zum Vogelfüttern im Garten“, sagt Seidel. Er vermisst sehr sein Vereins- und Gemeinschaftsleben. „Die Pandemie und ihre Folgen haben etwas Beängstigendes.“

Was ihn tief bewegt, ist das vermehrte Leid, das Corona weltweit den Menschen und vor allem Kindern bringt. Denn seit vielen Jahren setzt er sich mit Herzblut für das Wohl von Kindern ein. 27 Liedernachmittage hat er in den vergangenen drei Jahrzehnten zugunsten von „SOS-Kinderdörfer weltweit“ veranstaltet. Über 162.000 Euro kamen dabei an Spendengeldern zusammen.

Seidels Stimme trug selbst in fortgeschrittenem Alter. So sang er auch solo und im Duett im Konzert 2019, zu dem er wieder befreundete Musiker und Sänger einlud. Mit großem Bedauern musste er wegen der Corona-Pandemie den für August 2020 geplanten 28. Benefiz-Liedernachmittag nebst Ersatztermin absagen. Ruhen ließ ihn das im Streben zu helfen nicht.

Helmut Seidel Liederabend 1979
Ein Leben für den Gesang: 1979 gab Helmut Seidel einen anspruchsvollen Liederabend in der Weingartner Walzbachhalle. Am Klavier begleitete ihn sein Förderer Wilhelm Sautter. Foto: Privatarchiv Helmut Seidel

2020 startete er eine Spendenaktion mit Unterstützung der Gemeinde. Abend für Abend schrieb er handschriftlich an 100 Freunde und Bekannte mit der Bitte um Spenden. Am Ende waren es 70 Leute, die ihre Spende für SOS-Kinderdörfer direkt an die Gemeinde überwiesen. Den Scheck über 5.000 Euro überbrachte Seidel persönlich in München.

Geld für Flüchtlingscamp Moria gesammelt

In einer symbolischen Übergabe im Weingartener Rathaus mit Bürgermeister Eric Bänziger war per Video als Vorstandvorsitzender von SOS-Kinderdörfer auch Wilfried Vyslozil zugeschaltet. Die Spenden gingen an Kinderdörfer in Griechenland und Kinder im Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos.

Seidel bezeichnete das trotz der Corona-Pandemie erzielte Spendenergebnis als „größtes Geschenk“ zu seinem kommenden Geburtstag. 2020 schloss er zudem gemeinsam mit seiner Frau eine Patenschaft für das Kinderdorf in Skopje in Nordmazedonien ab.

Wie geht es nun weiter? Diese Frage treibt Seidel um. „Mein großes Ziel war, auf 30 Liedernachmittage zum kommen“, sagt er. Die Planung für einen Liedernachmittag am 15. August in der Kirche an Maria Himmelfahrt steht. „Falls das nicht möglich sein sollte, könnte es eventuell ein Weihnachtskonzert werden. Aber angesichts meines Alters und der Pflege meiner Frau könnte es auch ein Abschlusskonzert sein. Alles muss einmal zu Ende gehen“, resümiert er mit großem Dank an all die Menschen, die ihn in den vielen Jahren unterstützt und ermutigt haben. Einmal mehr hebt er dabei hervor, welch großer Rückhalt stets seine Frau Helga für ihn gewesen sei.

Seidel ist schon lange sozial engagiert

Die Liederabende stehen keineswegs für den Beginn seines Engagements. Bereits Jahre zuvor sang Seidel in Solokonzerten zugunsten des Bunds deutscher Kriegsblinder Karlsruhe und Umgebung. Ab 1982 widmete er seine Solo-Liederabende Weingartner Kindergärten und Schulen. Die Liedernachmittage begannen später zuerst Opern Air im Fränkischen Hof, bis es nach rund der Hälfte der bisherigen Konzerte in die Kirche ging.

Geboren wurde Seidels Wunsch, die große Not auf der Welt zu lindern, aus seiner leidvollen Kindheit. Als „Zeit der Tränen“ schildert er die Flucht aus seinem Heimatdorf Lipke im früher Brandenburgischen und heutigen Polen, den frühen Tod der Mutter, die Gefangenschaft des Vaters und die Vertreibung. Zuerst schlug er sich allein mit seiner Schwester durch und kam dann über Grötzingen 1957 über seine Heirat nach Weingarten.

Beruflich war Seidel zuletzt 25 Jahre verantwortlich bei der Bundesbahn tätig. Dankbar ist er, dass seine große Sangesbegabung ihm die Basis für die Hilfe schuf. Entdeckt hatte sie Anfang der 60er Jahre der Chorleiter des Männergesangvereins. Nach einer profunden gesanglichen und musikalischen Schulung wäre Seidel mit seinem glänzenden lyrischen Tenor auch eine Gesangkarriere offen gestanden. Doch er entschied sich ein heimisches Familien- und Gemeinschaftsleben mit dem Gesang.

nach oben Zurück zum Seitenanfang