
Nach mehr als zwei Jahrzehnten hat die Nachbarschaftshilfe in Weingarten zum Ende des Jahres 2022 aufgehört. Das ehrenamtliche niederschwellige Hilfsangebot war ein Teilbereich des Diakonievereins, der selbst aber weiter bestehen bleibt.
Während all dieser Zeit war Gabriele Streit Gesicht und Ansprechpartner der Nachbarschaftshilfe. Sie vermittelte auf Anfrage Helfende für Aufgaben, die mit Geduld und Einfühlungsvermögen zu bewältigen waren: Spazierengehen, Gespräche, kleine Besorgungen, Hilfe bei Schreibarbeiten oder Zubereitung von kleinen Mahlzeiten.
Nachbarschaftshilfe Weingarten: Wunsch nach Teilhabe am alltäglichen Leben
Die Motivation, die Nachbarschaftshilfe zu gründen, war seinerzeit der Wunsch, pflegende Angehörige zu entlasten, aber auch der Einsamkeit älterer Menschen entgegenzuwirken. „Wenn ich Herrn X besuche, fragt er mich immer: Was gibt es Neues?“ berichtet Gabriele Streit als Beispiel für den Wunsch nach Teilhabe am alltäglichen Leben, den auch nicht mehr mobile Menschen haben.
Im Angebot nicht enthalten waren Putzarbeiten, Pflege- und Fahrdienste. Die Arbeit war ehrenamtlich, aber die Mitarbeitenden erhielten eine Aufwandsentschädigung. „Wir waren zum Schluss nur noch vier Mitarbeiterinnen“ erklärt Streit. Alle haben ein gewisses Alter erreicht. Das Ehrenamt ist zeitintensiv und mehr als die laufenden Einsätze hätten nicht mehr bewältigt werden können. Neue Mitarbeitende seien praktisch gar nicht zu finden.
Wir waren zum Schluss nur noch vier Mitarbeiterinnen.Gabriele Streit, Nachbarschaftshilfe Weingarten
Sie habe die Arbeit stets sehr gern gemacht und segensreiche Erfahrungen daraus gezogen, sagt Streit. Das Ende habe auch mit den neuen Regelungen der Pflegeversicherung zu tun, fügt sie hinzu. Wer die Nachbarschaftshilfe in Anspruch nahm, zahlte als Mitglied des Diakonievereins sechs Euro, als Nichtmitglied sieben Euro pro Stunde. Für dieses Geld sei heute keine Arbeitskraft mehr zu bekommen. Aber niemand bleibe verlassen zurück.
Bürgergenossenschaft bietet ähnliche Leistungen
Streit hat den Vorsitzenden der Bürgergenossenschaft „Bürger helfen Bürgern“, Heinz Schammert, angesprochen. Die Bürgergenossenschaft zähle derzeit 180 Mitglieder und habe noch Kapazitäten, einige zusätzlich aufzunehmen. Die Bürgergenossenschaft biete ihren Mitgliedern ähnliche Leistungen, aber noch zusätzlich einen Fahrdienst mit Begleitung. Dieser werde sehr stark nachgefragt, berichtet Heinz Schammert. Für alle Hilfeleistungen sei eine Mitgliedschaft Voraussetzung, allein schon aus versicherungsrechtlichen Gründen. Diese koste 15 Euro im Jahr, zusätzlich kommen die Kosten für die benötigte Hilfe mit 8,40 Euro pro Stunde dazu.
Neu im Angebot ist jetzt ein Literaturkreis, ist zu hören. Dieser sei noch im Aufbau begriffen und wende sich an alle, die das Hobby Lesen einmal monatlich mit anderen teilen möchten. Für diese Teilnahme ist keine Mitgliedschaft erforderlich.