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Wald als Klimaretter?

Wie die CO2-Bilanz des Hardtwaldes in Karlsruhe ausfällt und wie sie verbessert werden kann

Wälder werden im Hinblick auf den Klimawandel zunehmend wichtiger. Aber ist es dann überhaupt in Ordnung, Bäume zu fällen? Förster Christian Haag klärt auf.

Revierleiter Christian Haag vom Forstrevier Hirschgraben am Monumenthaus im Hardtwald.
Revierleiter Christian Haag vom Forstrevier Hirschgraben am Monumenthaus im Hardtwald. Foto: Andrea Baron

Christian Haag ist der Leiter des Forstreviers Hirschgraben. Mit unserer Mitarbeiterin Andrea Baron spricht er über das wichtige Zusammenspiel von CO2-Bindung und der Holzernte im Hardtwald.

Sie sind als Revierleiter des Forstreviers Hirschgraben im Hardtwald auch für die Holzernte zuständig. Wie läuft das ab?
Haag

Wir beobachten ab dem Sommer, welche Bäume für den Einschlag in Frage kommen und ernten vor allem Bäume mit Klimaschäden. Im Rahmen der Nachhaltigkeit und Pflege bewirtschaften wir aber auch gesunde Bestände. Wichtig ist, dass die CO2-Bilanz stimmt.

Ist es sinnvoll, mit Blick auf den Klimaschutz Bäume zu fällen?
Haag

Ja. Dass Bäume und der Wald CO2 speichern ist nur ein Teil des Beitrags, den unsere Wälder zur Klimarettung leisten. Stirbt und verrottet der Baum, setzt er das gespeicherte CO2 wieder frei. Das wird verhindert, wenn der Baum rechtzeitig geerntet wird und das Holz in langlebigen Produkten wie Häusern und Möbeln verbaut wird und dadurch energieintensive Materialien ersetzt werden. Das bezeichnet man als Substitutionsspeicher.

Bitte erklären Sie uns diesen Begriff genauer.
Haag

Durch die Verwendung von Holz beim Hausbau oder in der Möbelindustrie werden Produkte aus Kunststoff, Metall und Beton vermieden. Diese verbrauchen bei ihrer Herstellung viel Energie und belasten das Klima. Verwendet man Holzprodukte, trägt das noch mehr zur Klimarettung bei als die CO2-Bindung durch den Wald. Möbel und Häuser werden somit zu sogenannten Produktspeichern von CO2. Nachhaltige Holznutzung ist praktischer Klimaschutz und ein unabdingbarer Baustein im Konzept der Energiewende.

Können Sie konkrete Zahlen nennen?
Haag

Ein Kubikmeter Holz bindet rund eine Tonne CO2. Als Faustformel gilt, dass ein Hektar Wald über das Jahr circa sechs Tonnen CO2 bindet, wobei die größte CO2-Einbindung bei einem Baum zwischen seinem 20. und 40. Lebensjahr stattfindet. Ein Mensch produziert in einem Jahr übrigens etwa neun Tonnen CO2.

Wie viel Holz ernten Sie im Jahr?
Haag

In meinem Revier mit rund 1.700 Hektar Waldfläche erwirtschaften wir um die 7.500 Festmeter. Das Holz wird als Stammholz in der Bau- und Möbelindustrie genutzt, als Industrieholz für Spanplatten oder als Brennholz. Sogar bei Brennholz ist die Nachhaltigkeit noch da, denn stattdessen wird ja kein anderer fossiler Brennstoff verwendet.

Werden die abgeernteten Waldflächen wieder aufgeforstet?
Haag

An der Stelle des geernteten Baumes lassen wir die natürliche Verjüngung wachsen oder pflanzen im Ausnahmefall Bäume nach, die wiederum CO2 speichern. Wälder, die forstwirtschaftlich genutzt und gepflegt werden, senken also den CO2-Gehalt der Luft wesentlich mehr als zum Beispiel ungenutzte Bannwälder mit Totholz. Diese geben vielmehr im Laufe des Zersetzungsprozesses des Holzes das CO2 ja sogar wieder frei. Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn aufgeforstet wird oder sich der Wald durch natürliche Ansammlung von selbst verjüngt.

Stichwort abgeholzter Amazonas-Urwald …
Haag

Das ist eine rücksichtslose Ausbeutung, die dazu führt, dass noch mehr CO2 in die Atmosphäre gelangt. Wird mehr geerntet als aufgeforstet, ist die CO2-Bilanz natürlich negativ.

Wie sehr ist Ihr Revier und überhaupt der Wald in der Region vom Klimawandel betroffen?
Haag

Der Klimawandel ist längst in den Wäldern sichtbar geworden. Der Oberrhein gehört zu den trockensten Gebieten im Land und zu den wärmsten Regionen Deutschlands. Daher ist der Hardtwald besonders von den klimabedingten Waldschäden betroffen.

Wo sehen Sie Ihre wichtigste Aufgabe?
Haag

Der systematische Aufbau klimaangepasster Wälder ist für uns forstlichen Akteure die größte Herausforderung der kommenden Jahrzehnte.

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