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Auszeichnung mit Landespreis

Karlsruher Schüler gehen NS-Vergangenheit des Mieter- und Bauvereins auf den Grund

„Reichen 109 Wörter zur Aufarbeitung der eigenen NS-Vergangenheit?“ So lautet der Titel der Arbeit dreier Karlsruher Schüler, die nun ausgezeichnet wird.

Tor des Mieter- und Bauverein
Der Mieter- und Bauverein steht im Zentrum der Arbeit der drei Schüler vom Bismarck-Gymnasiums, die damit einen Landespreis beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten erhielten. Foto: Rake Hora

Tobias Markowitsch muss wohl einen besonders guten Draht zu seinen Schülern haben. Wie sonst schafft man es als Lehrer, dass sich eine Gruppe von Schülern freiwillig an einem Projekt beteiligt, nachdem sie das Abitur bereits hinter sich haben.

Markowitsch ist seit 17 Jahren Lehrer für Geschichte und Deutsch am Bismarck-Gymnasium und hat dieses Jahr zum achten Mal den bundesweit ausgeschriebenen Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten als Tutor begleitet. Und das erfolgreich mit den Schülern Paul Mai, Jeremias Loghis und Elias Vollmer.

Bismarck-Gymnasium Karlsruhe beteiligt sich seit 40 Jahren am Wettbewerb

Ein paar Zahlen zuvor: Seit 50 Jahren gibt es den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten der Körber-Stiftung und seit 40 Jahren beteiligt sich das Bismarck-Gymnasium daran.

Jedes Jahr am 1. September beginnt die Beschäftigung der interessierten Schüler mit einem bestimmten Motto. Abgabe ist stets am 28. Februar des nächsten Jahres – und die Arbeit darf nicht länger als 50 Seiten lang sein, der oder die Schüler nicht älter als 21 Jahre. Eingereicht wurden 2023 bundesweit 1.400 Arbeiten, und es gab dieses Jahr 25 Landespreise.

Einer davon ging an Paul Mai, Jeremias Loghis und Elias Vollmer aus Karlsruhe. Er wird am Dienstag, 4. Juli, im Schloss in Stuttgart überreicht und mit ihm ist die Weiterleitung auf die Bundesebene verbunden. Die Dreiergruppe vom Bismarck-Gymnasium hatte bereits 2022 erfolgreich mit einer Arbeit über die Frauen-Box-Legende Regina Halmich teilgenommen.

Das diesjährige Motto lautete: „Mehr als ein Dach über dem Kopf – Wohnen hat Geschichte“. Das Dreierteam, begleitet von Lehrer Markowitsch, machte sich an die Arbeit und beleuchtete den Umgang des Mieter- und Bauvereins mit seiner jüngeren Geschichte genauer. Und stieß beim Internetauftritt der Organisation auf die 109 Wörter, mit denen die Genossenschaft die Jahre 1933 bis 1945 „abhandelte“.

Schüler stöbern in Archiven

Zu wenig Wörter fanden die drei Abiturienten und formulierten den Titel ihrer diesjährigen Arbeit auch deshalb provokativ: „Reichen 109 Wörter zur Aufarbeitung der eigenen NS-Vergangenheit?“ Das tun sie nicht, wenn es nach den Schülern geht.

So erfuhren die Schüler von der Festschrift der Genossenschaft, die anlässlich des 125-jährigen Bestehens herausgegeben worden war. Darin ist der Übergang von der Weimarer Republik zum totalitären System des Nationalsozialismus deutlich ausführlicher dargestellt. Immer auch mit dem Blick auf die „Kundschaft“ der Genossenschaft, die ursprünglich zum Teil aus Eisenbahnern mit sozialistischer oder kommunistischer Grundhaltung bestand.

Dennoch stöberten die ehemaligen Schüler auf den Spuren der Unternehmensgeschichte weiter in Stadtarchiv, Generallandesarchiv und den Archiven der Mieter- und Bauvereins. Nach anfänglicher Zurückhaltung im Haus machten sie eine positive Erfahrung: nämlich die, der sich langsam öffnenden Tore zu den hauseigenen Beständen und der wachsenden Gesprächsbereitschaft seitens des Mieter- und Bauvereins.

So entstand die preisgekrönte Arbeit und es wuchs die Begeisterung an der Beschäftigung mit zeitgeschichtlichen Dokumenten. Die zurückliegende Schulzeit wurde von den drei angehenden Studenten nunmehr als das empfunden, was sie sein sollte: Vorbereitung auf Weiter-Lernen und das Leben.

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