Ein Viertel des in Deutschland getankten Benzins kommt aus Karlsruhe. Und das wird wohl auch in Zeiten des Coronavirus so bleiben: Ralf Schairer, Chef der Mineraloelraffinerie Oberrhein, hält die Lieferketten für ausreichend robust. Er rechnet allerdings mit einem Einbruch der Nachfrage nach Benzin.
Jeder vierte Liter Benzin, der in Deutschland getankt wird, kommt aus Karlsruhe. Jeden siebten Liter Diesel stellt die Mineraloelraffinerie Oberrhein (MiRO) her. Die Produktion läuft; die Benzin- und Diesellager sind ausreichend gefüllt.
Das unterstreicht Ralf Schairer, der Chef von Deutschlands größter Raffinerie. „Wir haben sehr robuste Lieferketten. Auch meinen Mitarbeitern muss ich ein Kompliment machen. Sie ziehen alle gut mit. Es ist eine ungemeine Motivation da, Land und Region zu versorgen.“
„Das Tanklager der MiRO ist das größte in Deutschland“, sagt Schairer. Das Rohöllager fasst 730.000 Kubikmeter, die Lager mit Endprodukten 3,9 Millionen Kubikmeter. Die MiRO beliefert auch die chemische Industrie.
Trotz Coronavirus fließt Öl über die Alpen
Das Rohöl, Ausgangsprodukt aller MiRO-Produkte, kommt allerdings fast zu 100 Prozent aus Triest in Norditalien. Es wird von dort in der Transalpinen Ölleitung – der Pipeline TAL – über die Alpen und bis nach Karlsruhe gepumpt. „Das ist eine super-kritische Infrastruktur. Da hängen acht Raffinerien dran“, räumt Schairer ein.
Die TAL habe einen Sonderstatus der italienischen Regierung. Die entsprechenden Maßnahmen greifen nach seinen Worten. Die MiRO bezieht in Normalzeiten bis zu 49.000 Tonnen Rohöl aus Triest – pro Tag.
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Halbiert sich der Absatz?
Schairer geht davon aus, dass der Kraftstoffabsatz der MiRO im April zwischen 30 und 50 Prozent geringer sein wird als zu normalen Zeiten. Die MiRO stehe zu ihren Mitarbeitern. Kurzarbeit wolle er zum jetzigen Zeitpunkt keineswegs ins Spiel bringen, sagt der Raffinerie-Chef.
Zu den Vorkehrungen in Corona-Zeiten: „Meine Einschätzung ist, dass wir die Raffinerie auf dem Werksgelände mit 50 Prozent des Personals fahren gegenüber dem Normalbetrieb.“ Man gehe nun vom Fünf-Schichtsystem auf ein Drei-Schichtsystem über. Damit minimiere man das Ansteckungsrisiko und isoliere die Anlagen-Schichtteams.
Instandhaltetätigkeiten würden, wo immer möglich, eingestellt. Dies erfolgt laut Schairer auch, um möglichst wenig Fremdfirmen auf dem MiRO-Areal zu haben. Von den 1.000 eigenen Mitarbeitern seien 200 im Home Office.
Der Chef ist krisenerprobt
Schairer ist krisenerprobt. Als technischer Leiter der größten US-amerikanischen Raffinerie in Baytown (Texas) musste er diese in kurzer Zeit komplett herunterfahren als Hurrikan „Ike“ wütete.
In einem Betrieb, wo es Störfälle geben kann, habe man eine Kultur, Anordnungen zu befolgen. „Wir sind ein unheimlich detailorientiertes Unternehmen“, betont Schairer. Er sei zudem vernetzt mit den Behörden und Ministerien.Die MiRO speist auch Fernwärme ins Karlsruher Netz ein. Auch hier sehe er keine Versorgungsengpässe, sagt Schairer weiter.
Zugespitzt hat sich die Situation zuletzt, und das bundesweit, beim Heizöl. Zum Hintergrund: Russland und das Ölförderkartell Opec liegen im Clinch, pumpen viel mehr Rohöl auf den Markt. Zugleich ist die Nachfrage geringer, weil wegen des Coronavirus die Industrieproduktion gedrosselt ist.
Zum Thema:Bei den günstigen Preisen wollten viele Verbraucher auch in Deutschland ihre Heizöltanks nachfüllen – womöglich auch wegen Corona-Sorgen.
Doch der Handel kommt vielerorts nicht nach. Die Lieferzeiten liegen nach Branchenangaben bei bis zu zwölf Wochen – das wiederum hält die Preise auf einem höheren Niveau. „Das wird sich einspielen“, ist MiRO-Chef Schairer überzeugt. Den Hamstereffekt hätten auch Raffinerien in Norditalien, mit denen er in Kontakt steht, so beschrieben.