Skip to main content

Meinung

von Charlotte Inden

Neues aus der Elternwelt

„Mama, ich kann das selber“ – das kostet Eltern ganz schön Nerven

Was, wenn der Erstklässler sich für unbesiegbar hält? Und die Welt im Alleingang erobern will? Das kostet ganz schön Nerven. Die Eltern zumindest.

Zwei Kinder mit Schulranzen gehen die Straße entlang.
Wir sind doch schon groß: Manche Erstklässler möchten den Schulweg unbedingt alleine bewältigen. Foto: Adobe Stock/Sabine Hürdler

Unser Mittlerer geht jetzt auch zur Schule. Als er an seinem ersten Schultag mit dem Ranzen auf dem Rücken ins Schulhaus marschierte, blieb ich stehen, bereit, ihm nochmal zuzuwinken.

Ich stellte mich so, dass er mich zwischen den anderen Eltern sehen konnte. Ich verfolgte seinen Weg durchs gläserne Treppenhaus, Stockwerk um Stockwerk.

Sah, wie er schließlich im Klassenzimmer verschwand. Er hat sich nicht einmal umgedreht.

Kinder auf dem Weg zur Selbständigkeit: ein schmaler Grat zur Selbstüberschätzung

Wenn ich frage: „Soll ich dir helfen?“, sagt er stets: „Nein, ich kann das.“ Ich bewundere sein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten. Aber heimlich ringe ich die Hände und denke: Es ist ein schmaler Grat zur Selbstüberschätzung, mein Sohn. Nicht, dass du kippelst. Nicht, dass du fällst.

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Er fällt nicht, er springt. Er hüpft in tiefes Wasser, obwohl er noch nicht richtig schwimmen kann. Ich fische ihn raus, und er sagt: Nochmal.

Kurz vor der Einschulung besuchte er einen Seepferdchenkurs. Eine Woche vor der Prüfung sagt er: „Ich bin die ganze Bahn geschwommen. Ich habe nur zwei Pausen gemacht.“ Ich rufe: „Oh, das ist toll! Aber das Seepferdchen gibt es leider nur, wenn man es ohne Pausen schafft.“ „Das wusste ich nicht“, sagt er betroffen.

Am Tag der Prüfung muss ich draußen warten – wegen Corona. Er kommt raus und winkt mit seinem Seepferdchen. Er ist einfach ins Becken gehüpft und die 25 Meter durchgeschwommen.

Wenn die Kinder alleine zur Musikschule laufen wollen

Jetzt wollte er alleine mit seinem besten Freund, nennen wir ihn J., vom Hort zum Flötenunterricht laufen. Der findet direkt neben der Schule statt, sie kennen also den Weg. Waren ihn bisher aber erst einmal ohne Erzieher gelaufen, die sie von der Schule abholen.

Ich: „Wirklich? Schon alleine?“ Sie: „Ja.“ „Aber ihr guckt nach links und rechts?“ „Jaja.“

Ich ließ sie ziehen.

Hinterher fragte ich: „Wie war’s?“ Mein Sohn: „Super. Mir ist nur alles aus der Tasche gefallen.“ „Was? Auch die Flöte?“ „Ja, die lag auch auf der Straße.“ „Auf der Straße?!“ „Mama, ich hab ja alles wieder aufgesammelt.“ „Aber die Autos!“

„Och, J. hat einfach so gemacht“, mein Sohn breitet beide Arme aus, „und den Verkehr aufgehalten, bis ich fertig war.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang