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Vorstoß aus der Fraktion

CDU/CSU plötzlich offen für Cannabis-Legalisierung? Das sagen Abgeordnete aus Karlsruhe und Mittelbaden

Bei CDU und CSU zeichnet sich ein neuer Kurs in Sachen Cannabis-Politik ab. Die neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung hatte in einem Interview erklärt, sie sei im Umgang mit Cannabis kompromissbereit. Kurz darauf legte die gesundheitspolitische Sprecherin der Union nach. Was halten CDU-Abgeordnete aus der Region von diesen Vorstößen?

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Die CDU ist traditionell gegen eine Legalisierung von Cannabis. Auf Bundesebene deutet sich nun eine Änderung an. Foto: imago/Christian Spicker

Seit Mitte September ist Daniela Ludwig (CSU) neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung. In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland erklärte die 44-Jährige, es gebe beim Thema Cannabis kein Schwarz oder Weiß.

Sie wolle sowohl die Argumente von Legalisierungs-Kritikern als auch -Befürwortern anhören. Zudem wolle sie die Erfahrungen von Ländern mit einer liberaleren Drogenpolitik, wie beispielsweise Portugal, in ihre Bewertung einfließen lassen.

Überraschende Vorstöße

Kurz darauf legte dann Karin Maag, die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, nach. In einem Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Maag zu einer möglichen Legalisierung von Cannabis: "Selbstverständlich denken wir darüber nach, und zwar schon seit Jahren. Natürlich wird man nicht vom einmaligen Gebrauch süchtig."

Am Freitag bezeichnete dann auch noch der CDU-Innenpolitiker Marian Wendt eine Freigabe von Cannabis als vorstellbar . Gesellschaftlichen Realitäten müsse Rechnung getragen werden, erklärte er. "Cannabis könnte für den Eigenbedarf freigegeben werden, natürlich bei kontrolliertem Anbau und kontrollierter Abgabe."

Position der Union gerät ins Wanken

Diese Äußerungen sind durchaus bemerkenswert angesichts der bisherigen Haltung von CDU und CSU. In den Reihen von Grünen, FDP, Linke und SPD gibt es schon seit längerem eine gewisse Basis für eine auch über den medizinischen Gebrauch hinausgehende Freigabe von Cannabis. CDU und CSU stehen solchen Plänen aber traditionell eher ablehnend gegenüber.

Nicht nur die Aussagen aus Berlin belegen nun, dass diese Position in den Unionsparteien keine Selbstverständlichkeit bleiben muss. Auch unter den Bundestagsabgeordneten aus der Region Karlsruhe und Mittelbaden ist das Stimmungsbild in Sachen Cannabis uneinheitlich.

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Gute Geschäfte: Olav Gutting (CDU) aus Oberhausen-Rheinhausen ist Angaben der Bundestagsverwaltung zufolge der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete mit den höchsten Nebeneinkünften in der 19. Legislaturperiode. Foto: dpa

So unterstützt beispielsweise Olav Gutting aus dem Wahlkreis Bruchsal-Schwetzingen eine Liberalisierung der Cannabis-Politik. Er fordert,  die Entwicklungen in Ländern, die diesen Schritt gegangen sind, aufmerksam zu verfolgen. "Eine kontrollierte Abgabe und eine teilweise Entkriminalisierung in diesem Bereich sollte man sich genauer anschauen", erklärt Gutting.

Zwar dürfe der Stoff nicht verharmlost werden und eine mögliche Lockerung sollte sich auf Erwachsene beschränken, befindet er. Klar sei aber: "Bei Cannabis müssen wir uns meines Erachtens tatsächlich bewegen."

"Möchte dem keinen Vorschub leisten"

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ATTACKE GEGEN HÜCK: Pforzheims CDU-Bundestagsabgeordneter kritisiert seinen möglichen Herausforderer von der SPD, Gemeinderatsfraktionssprecher Uwe Hück wegen seiner Nähe zu einem umstrittenen Verein. Foto: archiv

Fraktionskollege Gunter Krichbaum aus dem Wahlkreis Pforzheim indes lehnt mit Verweis auf die Gesundheit eine Liberalisierung ab. "Wir haben in Deutschland kein Problem mit zu wenigen Drogen, sondern mit zu vielen Drogen", befindet er.

Bereits der Konsum von Alkohol und Zigaretten sei in Deutschland bedenklich. Die Gesellschaft müsse sich daher entscheiden, ob sie eine schleichende Ausweitung des Drogenkonsums in Kauf nehmen wolle. Krichbaums Position dazu: "Dem möchte ich keinen Vorschub leisten."

Axel Fischer, der den Wahlkreis Karlsruhe-Land im Bundestag vertritt, möchte die Cannabis-Diskussion nicht  lediglich auf die berauschenden Eigenschaften der Pflanze zu reduzieren.

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Axel Fischer, CDU-Bundestagsabgeordneter Karlsruhe-Land Foto: CDU

Es gehe weniger  um eine Umkehr in der Drogenpolitik, als um die Markteinführung neuer Produkte aus Hanf und um einen geeigneten und verantwortbaren Zugang der Konsumenten zu Hanfprodukten. "Dabei ist es hilfreich, Erfahrungen in anderen Staaten zu prüfen und in eigene Überlegungen mit einzubeziehen", sagt Fischer.

Seiner Einschätzung nach hat der Rohstoff Hanf, dessen weibliche Pflanzen das berauschende THC enthalten, generell ein gewisses Marktpotenzial - unabhängig von seiner Wirkung auf den menschlichen Organismus. "Es geht darum, nicht tragbare Gefahren für die Konsumenten auszuschließen. Es kann nicht darum gehen, die Entwicklung, Produktion und Verbreitung nützlicher Produkte in Deutschland zu erschweren oder zu verhindern."

Anmerkung der Redaktion: Die CDU-Bundestagsabgeordneten Ingo Wellenreuther (Wahlkreis Karlsruhe-Stadt), Kai Whittaker (Rastatt) und Wolfgang Schäuble (Offenburg) gaben uns gegenüber zunächst keine Stellungnahme ab.

Cannabis-Legalisierung – ja oder nein?

Befürworter einer Legalisierung von Cannabis argumentieren häufig, dass die Verbotspolitik des Staates faktisch ohnehin gescheitert sei. Die Droge sei über den Schwarzmarkt flächendeckend und problemlos verfügbar. Eine Legalisierung von Cannabis könne dazu beitragen, kriminelle Strukturen zu schwäche: Würde nämlich der Staat Anbau und Verkauf von Cannabis regulieren, würde Dealern und Drogenringen ein Teil ihrer Geschäftsgrundlage entzogen. Zudem könne so sichergestellt werden, dass das Cannabis von gleichbleibender Qualität sei – was gesundheitliche Risiken abschwächen könnte. Unterm Strich würden so Ermittlungsbehörden entlastet und dem Staat zusätzliche Steuergelder in die Kassen gespült.

Gegner einer Legalisierung warnen vor allem vor den gesundheitlichen Folgen: Diese würden gemeinhin unterschätzt. Mediziner warnen, dass Cannabis mitnichten die weiche Droge sei, als die es im Volksmund immer wieder bezeichnet wird. Vielmehr greife Cannabis massiv in Prozesse ein, die im Gehirn stattfinden. Das Risiko einer Psychose steige durch den Konsum von Cannabis in hohem Maße an. Zudem führe das im Cannabis enthaltene THC, dass die Rauschzustände stimuliert, zu Abhängigkeiten. Besonders Kinder und Jugendliche, die ihre physische und psychische Entwicklung noch nicht abgeschlossen hätten, seien vor Cannabis zu schützen.

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