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Auswirkungen der Pandemie

Neustart der Kreuzfahrt-Branche nach dem Coronavirus steht in den Sternen

Innerhalb weniger Wochen kam die Kreuzfahrt zum Erliegen. Wann die Schiffe wieder in See stechen, steht in den Sternen. Der Rettungsanker sind möglicherweise Touren in einem eng begrenzten Fahrgebiet - wie beispielsweise Spitzbergen.

Die Luftaufnahme zeigt gleich mehrere Kreuzfahrtschiffe, die im Hafen von Miami auf ein Ende der Coronakrise warten.
Die Luftaufnahme zeigt gleich mehrere Kreuzfahrtschiffe, die im Hafen von Miami auf ein Ende der Coronakrise warten. Foto: AFP

Innerhalb weniger Wochen kam die Kreuzfahrt zum Erliegen. Wann die Schiffe wieder in See stechen, steht in den Sternen. Der Rettungsanker sind möglicherweise Touren in einem eng begrenzten Fahrgebiet – wie beispielsweise Spitzbergen.

Eine vergleichbare Situation wie in der Corona-Pandemie gab es für die Kreuzfahrtindustrie noch nie, weder bei SARS noch bei Naturkatastrophen. Innerhalb weniger Tage wurde die von Wachstum verwöhnte Branche auf Null gefahren.

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Reedereien, die normalerweise Monate, ja Jahre im Voraus planen, wurden mit Situationen konfrontiert, die sich willkürlich und binnen weniger Stunden drastisch änderten. Zehntausende Passagiere saßen auf den Schiffen fest, weil Häfen aus Furcht vor dem Coronavirus geschlossen und rettende Flugverbindungen nach Hause gestrichen wurden.

Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus im Überblick

Verstörende Schlagzeilen von Leichen an Bord gingen durch die Medien, Bilder von verzweifelten Passagieren, die zum Spielball nationaler Ad hoc-Entscheidungen wurden. Noch immer kreuzen einige wenige Ozeanriesen über die Weltmeere, wie beispielsweise die „Magnifica“ von MSC, die am Montag in Marseille anlegen soll.

Dort dürfen möglicherweise die französischen Passagiere von Bord, die eine Odyssee statt einer Weltumrundung erlebt haben. Der – wohlgemerkt gesunde – Rest könnte nach dem „not my problem“-Prinzip auf andere Häfen verwiesen werden. Derzeit weiß niemand mit letzter Sicherheit, wo für sie die Reise enden wird.

Ist das Coronavirus nur eine Delle für die Kreuzfahrt-Branche?

Hatte die Branche noch vor wenigen Wochen gehofft, dass die Corona-Pandemie nur eine Delle in der steilen Erfolgskurve ist und bereits im Mai wieder „Business as usual“ gilt, so herrscht jetzt Katerstimmung. Deutschlands Marktführer Aida hat alle Reisen bis 31. Mai abgesagt, Konkurrent TUI Cruises bis Mitte Mai.

Die Liquidität ist bei den ganz Großen kein Problem.
Franz Neumeier

Die Sorge um die wirtschaftliche Existenz reicht tief, auch wenn börsennotierte Unternehmen wie Carnival, zu dem auch AIDA und Costa gehören, längere Durststrecken verkraften können.

"Die Liquidität ist bei den ganz Großen kein Problem. Sie werden bis Ende des Jahres, notfalls sogar länger durchhalten", glaubt der Reisejournalist Franz Neumeier, der die Branche seit Jahren auf seinem Blog „cruisetricks.de“ durchleuchtet.

Mit Prognosen, wann die ersten Schiffe wieder in See stechen, mit zahlenden Passagieren, tut auch er sich schwer. „Ich glaube nicht, dass im Juli schon wieder Kreuzfahrten in nennenswertem Umfang angeboten werden“, so der Experte aus München.

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Der Tag X wird sich wohl nur mit Hilfe einer Kristallkugel bestimmen lassen. Klar ist: Die aktuellen Termine der Reedereien, wann die rund um den Globus gestrandeten Ozeanriesen wieder Fahrt aufnehmen sollen, sind allenfalls Momentaufnahmen, genährt vom Prinzip Hoffnung, dass nationale Reiseeinschränkungen wieder aufgehoben werden.

In amerikanischen Gewässern herrscht quasi Kreuzfahrt-Verbot

"Selbst wenn Häfen wieder geöffnet werden, bleibt die Frage: Wie kommen Passagiere zum Schiff", fasst Kreuzfahrtblogger Neumeier das Dilemma fehlender Transportmöglichkeiten zusammen. Einige Länder, wie beispielsweise die USA mit dem Corona-Hotspot New York, haben bereits klargemacht, dass Kreuzfahrer in den nächsten Monaten unerwünscht sind. So hat die Gesundheitsbehörde CDC die „no sail order“ bis 23. Juli verlängert, was einem Kreuzfahrt-Verbot in amerikanischen Gewässern gleichkommt.

Betroffen davon sind beispielsweise die auf dem deutschen Markt beliebten Karibikkreuzfahrten, aber auch Touren in Alaska, Hawaii sowie zu den Bermudas und den Bahamas. Der Interessensverband der Kreuzfahrtreedereien reagierte verärgert auf diesen Beschluss, doch viele Mitglieder haben sich mit der faktischen Sperrung abgefunden: Aida hat USA-Kreuzfahrten ganz aus dem Programm genommen, TUI Cruises will erst Ende August von Hamburg nach New York schippern.

Kreuzfahrtschiff Corona
Die Kreuzfahrt ist wegen der Coronakrise fast völlig zum Erliegen gekommen. Doch noch immer sind einige Schiffe auf den Weltmeeren unterwegs. Foto: AFP

Schlagzeilen werden der Kreuzfahrt-Branche schaden

Die verheerenden Schlagzeilen werden der Branche ohnehin noch lange schaden. Wer die einschlägigen Gruppen von Kreuzfahrtbegeisterten im Internet verfolgt, spürt die enorme Verunsicherung: Macht es überhaupt Sinn, jetzt schon Touren zu buchen, obwohl die Reedereien kulante Umbuchungs- und Stornierungsregeln anbieten? Werden genügend Häfen offen haben, wo Landgänge möglich sind? Und was passiert, wenn das Virus zurückkehrt und sich die Luxuskabine mit Meerblick in eine Gefängniszelle mit begrenztem A u slauf verwandelt?

Wie schnell eine Traumreise zum Albtraum werden kann, lässt sich an zahlreichen Beispielen ablesen – nicht nur am besonders erschreckenden Exempel der „Diamond Princess“.

Japanische Behörden hatten das Schiff mit fast 4.000 Menschen am Pier von Yokohama unter Quarantäne gestellt, nachdem ein von Bord gegangener Passagier positiv auf Covid-19 getestet worden war. Die Maßnahme entpuppte sich als gefährliches Spiel mit Leben und Gesundheit von Passagieren und Besatzungsmitgliedern. Mehr als 700 Menschen steckten sich mit dem gefährlichen Virus an, elf starben.

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Fatales Taktieren von Behörden in Covid-19-Krise

Das fatale Taktieren von Behörden, das die Situation eher verschärfte, denn verbesserte, ist kein Einzelfall. So liebäugelte der Premierminister von Western Australia damit, die „Artania“ von Phönix Reisen mit Waffengewalt aus dem Hafen von Fremantle zu vertreiben.

Und die „Zaandam“ von Holland America Line schipperte zwei Wochen lang durch südamerikanische Gewässer, weil sie in keinem Hafen anlegen durfte, um die Passagiere nach Hause zu bringen.

Dass Kreuzfahrtbegeisterte diese Dramen auf hoher See irgendwann vergessen und dieses erfolgreiche Urlaubs- und Geschäftsmodell ein Comeback erlebt, davon ist Reisejournalist Franz Neumeier überzeugt. Voraussetzung sei jedoch der Wegfall von Reisebeschränkungen und Quarantänevorschriften, die Öffnung der Häfen, auch das Vorhandensein von Transportmitteln für die An- und Abreise.

Sind regionale Fahrgebiete die Rettung?

Dass die Kreuzfahrt keineswegs tot ist, zeigt ein Artikel der Los Angeles Times: Demnach sind laut des Kreuzfahrtportals CruiseComplete.com die Buchungszahlen auf dem amerikanischen Markt für 2021 sogar um satte 40 Prozent gegenüber 2019 gestiegen. Möglicherweise – so der Kreuzfahrtblogger – werden die Schiffe, die jetzt in Hamburg, Miami oder vor den Bahamas gestrandet sind, künftig mit einer geringeren Auslastung fahren.

Möglicherweise sind regional begrenzte Fahrgebiete der Rettungsanker der Reedereien. Er selbst wird „das erste Schiff nehmen, wenn es wieder möglich ist“. Denn an Bord sei die Ansteckungsgefahr bei entsprechenden Hygienemaßnahmen nicht höher als an Land.

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