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Vortrag über Sanierung

Architekt über komplexen Umbau: Warum die Karlsruher Kunsthalle mehr Platz braucht

Zwei Tage noch, dann schließt die Karlsruher Kunsthalle für Sanierungsmaßnahmen. In einem Vortrag erläuterte der zuständige Architekt Volker Staab die Pläne. Und macht klar, warum es keine Alternative zur Erweiterung gibt.

Portal Kunsthalle Karlsruhe
Die Karlsruher Kunsthalle schließt am 1. November für mehrere Jahre. Grund sind Sanierungsmaßnahmen und die Notwendigkeit der Erweiterung. Foto: Andrea Fabry

Der Abschied von „der alten Kunsthalle“ ist nicht frei von Wehmut. Während der „Großen Abschiedswoche“ zwängte sich das Publikum noch einmal durch das Nadelöhr am Eingang und irrte durch das Labyrinth der über zwei Jahrhunderte schrittweise erweiterten Vierflügelanlage.

Vor der Eingangsfront an der Hans-Thoma-Straße reihte sich ein Fahrrad an das nächste. Mit Workshops, Konzerten, Künstlergesprächen und Vorträgen verabschiedet sich das Museumsteam, bevor kommende Woche die Vorbereitungen für die Sanierung und den Umbau der Kunsthalle in eine neue Phase treten und das Haus geschlossen wird.

„Zweifelsohne ist der Vortrag von Volker Staab der Höhepunkt unseres Programms“, sagte Pia Müller-Tamm in ihrer Einführung, „er ist unser Partner, mit dem wir seit 2018 den Umbau planen“. Die Direktorin der Kunsthalle machte deutlich, wie sehr die Arbeit des preisgekrönten Architekten mit dem Wandel im Museumsbau verbunden ist.

Seit den 1990er Jahren hat sich das Kunstmuseum als Bauaufgabe zu einer Königsdisziplin entwickelt, in der die vielfältigsten Anforderungen zusammen gedacht werden müssen.

Vortrag in der Kunsthalle: Museum als Ort für die Gesamtheit der Gesellschaft

„Heute wird die Gesamtheit der Gesellschaft im Museum empfangen“, sagte Volker Staab. Daraus resultiere ein ganz anderer Raumbedarf. Das Museum sei heute ein Ort der Rekreation, der Vermittlung und der Forschung. Dazu kämen konservatorische Aspekte. Der internationale Leihverkehr erfordere die Klimatisierung der Museumsräume. Und je mehr Publikumsverkehr stattfinde, desto komplexer seien Fragen des Klimas, der Sicherheit und des Brandschutzes.

Bevor der Architekt sich eingehender zur Kunsthalle Karlsruhe äußerte, ging es um zurückliegende Projekte seines Büros. Er zeigte, wie seine Um- und Anbauten mit den meist unter Denkmalschutz stehenden Altbauten korrespondieren, etwa beim Westfälischen Landesmuseum Münster, dem Jüdischen Museum Frankfurt oder dem Bauhaus Archiv in Berlin.

Volker Staab reflektierte die Geschichte und Lage des jeweiligen Ausgangsbaus, den Kontext, in dem er gebaut wurde und die spezifischen Bedürfnisse der betreffenden Institution. So sei es aus Sicherheitsgründen unmöglich gewesen, im Jüdischen Museum ein Café auf Straßenniveau einzurichten.

Die Lösung war, eine Terrasse über dem kaum sichtbaren Verbindungstunnel zwischen Alt- und Neubau zu schaffen, so dass ein ruhiger und geschützter Raum entstand.

Sanierung der Kunsthalle erfordert eine architektonische Gratwanderung

Als der Architekturprofessor in seinem Vortrag zum Planungsstand der Kunsthalle kam, machte er deutlich, „wie schwierig das Haus ist.“ Er bezeichnete es als „Gratwanderung, das Gebäude nicht zu zerstören, aber dennoch klimatisch auf den neuesten Stand zu bringen“.

Insgesamt 80 Prozent der Zeit hätte das Büro mit Fragen der Lüftung, der Ertüchtigung der „Klimahaut“, der Barrierefreiheit und der Sicherheitsanforderungen verbracht.

Immerhin: Die geplante Überdachung des Innenhofs würde sich positiv auf das Klima des Gebäudes auswirken, weil es dann weniger Außenflächen gebe. Die Überdachung ist ohne Eingriffe in die Substanz möglich, weil vier schmale Stützen das zweischalige Oberlichtdach tragen werden.

Innenhof der Kunsthalle Karlsruhe wird auf vier schmalen Stützen überdacht

Der bislang ungenutzte Innenhof wird zur neuen Mitte der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. In dem auf das historische Eingangsniveau abgesenkten Hof entsteht ein Raum für Veranstaltungen und ein Durchgang zum Erweiterungsbau auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Wenn der Neubau nicht kommt, dann ist das ein Schildbürgerstreich.
Volker Staab, Architekt

„Beide Gebäude sollen als eine Einheit gelesen werden können“, sagt Volker Staab. So sieht es das Gesamtkonzept vor. In einem zweiten Bauabschnitt soll das gegenüberliegende Amtsgericht zur Erweiterung der Kunsthalle umgebaut werden. Auf eine Nachfrage zu diesem Punkt aus dem Publikum, antwortete Volker Staab: „Wenn der Neubau nicht kommt, dann ist das ein Schildbürgerstreich.“

Aus den Beiträgen des Publikums war etwas Unbehagen über die Transformation des Innenhofs herauszuhören. Pia Müller-Tamm erläuterte den Eingriff. Auf diese Weise würde eine sich vom Altbau „abhebende Sockelfigur entstehen, die sich selbst zurücknimmt“. „Der Kontrast unterstreicht, dass es sich um etwas Unterschiedliches handelt“, formuliert es die Kunsthistorikerin.

Volker Staab sprach von „der Differenz der Zeitschichten, die lesbar gemacht werden sollte“. Die 1846 eröffnete Kunsthalle ist schon jetzt das Ergebnis von vier großen Baumaßnahmen. Die Fünfte muss den Geist und die räumlichen Eigenheiten aller zu einer neuen Einheit zusammenfassen.

Volker Staab ist es bislang immer gelungen, trotz vielteiliger Anforderungskataloge, den Geist des Ortes in die Gegenwart zu transponieren. „Ich hoffe, sie werden in ein paar Jahren in ein Haus zurückkehren, das ihnen neu, aber doch vertraut vorkommt“, sagt er zum Abschluss. Damit das gelinge, müsse man Entscheidungen treffen. Denn manchmal mache man mehr kaputt, wenn man an alten Gebäuden gar nichts ändere.

Service

Die Kunsthalle Karlsruhe, Hans-Thoma-Straße 4, ist an diesem Samstag und Sonntag, 30 und 31. Oktober, von 10 bis 20 Uhr letztmals vor den Sanierungsmaßnahmen geöffnet und bietet bei freiem Eintritt Führungen, Aktionen und Gespräche.

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