So richtig klar ist am Mittwochabend noch nicht, wie es am Donnerstag im Karlsruher Schienennetz weitergeht. Zu dieser Zeit sind die Planer gerade dabei, die wichtige Ost-West-Verbindung Kaiserstraße nach fast 24 Stunden Sperrzeit wieder in Betrieb zu nehmen – wenn auch mit angezogener Handbremse.
An anderer Stelle dauern die Reinigungsarbeiten vermutlich bis in die Nacht, heißt es. Doch selbst wenn am Donnerstag wieder jeder Streckenabschnitt befahrbar ist, brauchen Fahrgäste vor allem im Citybereich noch Geduld und Flexibilität.
Rund ein Viertel der Trams stehen nicht zur Verfügung, weil sich das klebrige Vergussmaterial an Rädern, Bremsen und anderen Bauteilen festgesetzt hat.
Ost-West-Achsen in Karlsruhe sind seit Mittwochnachmittag wieder befahrbar
An mehreren Stellen im Stadtgebiet waren Arbeiter auch am Mittwochabend noch damit beschäftigt, das klebrige schwarze Material von den Schienen und aus Weichen zu kratzen. Die Rüppurrer Straße war nicht wieder für Bahnen freigegeben, auch zwischen Mühlburger Tor und Entenfang sowie zwischen der Yorckstraße und der Endhaltestelle der Linie 2 in Knielingen-Nord ging noch nichts.
„Wir hoffen, dass wir mit den Arbeiten bis zum Betriebsbeginn in der Nacht zu Donnerstag fertig werden“, sagte Ralf Messerschmidt, Betriebsleiter der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK). Vor allem die Rüppurrer Straße hatte er im Blick, da über die Route die Stadtbahnlinien S4, S7, S8 sowie die S1/S11 rollen.
Die Ost-West-Verbindungen haben ganz klar Priorität.Ralf Messerschmidt, Betriebsleiter VBK
Bereits am Mittwochmittag hatten die VBK die Strecke über die Südostbahn und die Baumeisterstraße als erste Verbindung zwischen Ost und West freigegeben. Über diese Route leiteten die Planer die Stadtbahn S5, die damit wieder zwischen Pforzheim beziehungsweise Söllingen und Wörth ohne Umstieg nutzbar war. „Die Ost-West-Verbindungen haben ganz klar Priorität“, erklärte Messerschmidt. Besonders im Fokus stand dabei die Kaiserstraße.
Im Tagesverlauf befuhren neben den Ersatzbussen immer wieder Schleiffahrzeuge den Streckenabschnitt. Ab dem Abend sollte die Doppel-Linie 3/4 im Zehn-Minuten-Takt zwischen der Waldstadt und Neureut-Heide verkehren. Dazu kam eine Einsatzlinie zwischen Durlach beziehungsweise Wolfartsweier und der Rheinstrandsiedlung. Nach Fahrplan ging dabei allerdings nichts.
Nach Bahn-Shutdown in Karlsruhe: Reinigung der Fahrzeuge wird noch länger dauern
Das soll sich am Donnerstag mit Betriebsstart zumindest in großen Teilen ändern. „Wenn sich die Lage stabilisiert und alle Abschnitte wie erhofft gereinigt sind, werden die Linien regulär verkehren“, kündigt Messerschmidt an. Dahinter stehen am Mittwochabend allerdings noch verschiedene Fragezeichen.
Erst hatten wir nicht genügend Strecken, dann sind es nicht genügend Fahrzeuge.Ralf Messerschmidt, Betriebsleiter VBK
Klar ist außerdem, dass es mindestens für einige Tage zu Einschränkungen kommen wird. „Erst hatten wir nicht genügend Strecken, dann sind es nicht genügend Fahrzeuge.“ Die Verkehrsbetriebe rechnen damit, dass die Reinigung der 25 verschmutzten Trams komplex wird – und damit 25 Prozent des Fuhrparks nicht zur Verfügung stehen. „Bis wir bei 100 Prozent sind, wird es einige Tage dauern.“
Mit welchen Einschränkungen Fahrgäste leben müssen, wie lange sie gelten und welche Linien betroffen sind, konnten die Verkehrsbetriebe am Mittwoch noch nicht beantworten. „Es wäre denkbar, bei weniger genutzten Linien die Taktung zu verlängern“, erklärt Messerschmidt seine Überlegungen. Möglicherweise müsse man auch über den Verzicht auf Doppelwägen – vielleicht auch zur Schulzeit – nachdenken. Auch, wenn das mit Blick auf Corona nicht ideal ist. „Die Einschränkungen werden sicher von Tag zu Tag weniger.“
Kulanter Umgang mit Beschwerden der Kunden angekündigt
Am Mittwoch lief im Karlsruher Verkehrsnetz überhaupt nichts nach Plan. Weil die Gleise in der Kernstadt wegen der Reinigungsarbeiten komplett gesperrt waren, entwickelte sich beispielsweise die Haltestelle Tullastraße zum Umsteigebahnhof für Pendler aus der Region.
Alle Fahrten der Linie S4 endeten dort, auch Bahnen aus Durlach und der Waldstadt. Auch der Hauptbahnhof entwickelte sich zu einem Knotenpunkt für den Umstieg in Schienenersatzbusse. Vereinzelt hielten die an manchen Haltestellen gar nicht mehr an, weil sie ohnehin voll waren.
Alexander Pischon, Geschäftsführer des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV), entschuldigte sich für die Ausfälle. Die Mobilitätsgarantie gelte natürlich, nicht nur für Monats- oder Jahreskartenkunden. Er kündigte einen kulanten Umgang an, wenn beispielsweise jemand seine Taxirechnung aus der Nacht einreiche.
Nach der Gleissperrung war am Dienstagabend auch die Website des KVV zunächst nicht erreichbar. Später war dort nur eine statische Nachricht mit dem Hinweis auf die aktuelle Sperrung zu finden. Seit Mittwochvormittag gibt es wieder aktuelle Informationen zu geltenden Notfall-Routen – an verlässliche Fahrpläne war dabei allerdings nicht zu denken.