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Von konventionell auf Bio

Wie Landwirte im Landkreis Karlsruhe sich auf ökologische Landwirtschaft umstellen

Ein Imker hat Andreas Brecht zum Umdenken gebracht. Bei Werner Back war es die eigene Gesundheit. Beide Männer sind Landwirte in Philippsburg und haben der konventionellen Landwirtschaft zugunsten der ökologischen den Rücken zugewandt. Mit der Chemie verschwanden aber die Sorgen nicht.

Kaufentscheidung: Landwirte müssen ihre ökologisch erzeugten Produkte auch anders vermarkten, als zuvor in der konventionellen Produktion. Supermärkte spielen weiterhin eine große Rolle.
Kaufentscheidung: Landwirte müssen ihre ökologisch erzeugten Produkte auch anders vermarkten, als zuvor in der konventionellen Produktion. Supermärkte spielen weiterhin eine große Rolle. Foto: Kjer/dpa

Die Begegnung mit einem Imker hat Andreas Brecht zum Umdenken veranlasst. „Wegen ihres Pflanzenschutzmittels sterben meine Bienen“, so der Tenor, den der Landwirt aus Philippsburg zu hören bekam. Im Juli 2019 entschied er sich schließlich dafür, der konventionellen Landwirtschaft den Rücken zu kehren und seinen Hof ökologisch umzustellen.

Um andere bei diesem Weg zu unterstützen, kommen beim landesweiten Umstellertag des Kompetenzzentrums Ökologischer Landbau Baden-Württemberg und dem Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg am Montag in Rastatt Experten und Interessierte zusammen.

Vermarktung der Produkte schafft Unsicherheit

Die größte Sorge dreht sich bei Brecht um die künftige Vermarktung seiner Ackerbau-Produkte.

Für Brechts Großvater sei die Umstellung zunächst ein Rückschritt gewesen, erzählt er. Als dieser in den Nachkriegsjahren Zugang zu chemischen Mitteln bekam, hätte das seinerzeit eine Ertragssteigerung von über 100 Prozent mit sich gebracht.

Es wäre aber wünschenswert, wenn die Anreize vom Markt kämen.
Andreas Brecht, Landwirt aus Philippsburg

Dennoch fühle sich Brecht ermutigt. Er konnte sogar alte Geräte aus Zeiten seines Großvaters rekrutieren. Fördermittel zur Umstellung seien zwar hilfreich. „Es wäre aber wünschenswert, wenn die Anreize vom Markt kämen“, sagt Brecht. Dieser müsse das steigende Angebot der Landwirte abdecken.

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Umstellung der Landwirtschaft für die Zukunft

Die Umstellung auf ökologischen Landbau ist eine Möglichkeit, auf die Anforderungen der Zukunft zu reagieren, sagt Elmar Keller, Referent im Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg. Es gäbe jede Menge öffentlichen Druck auf die Landwirte.

Rund ein Viertel aller konventionellen Betriebe landesweit würden sich derzeit mit der potenziellen Umstellung beschäftigen. „Viele haben Sorge, dass ihre Waren nicht abgesetzt werden.“ Direktvermarktung sei nur für eine begrenzte Anzahl eine Alternative. Landwirte müssten ihre Produkte weiterhin auch an den Einzelhandel abgeben.

Ökologischer Markt muss sich vom konventionellen abkoppeln

Am Beispiel von Milch erklärt er: Wenn der konventionelle Preis sinke, beeinflusse das auch die Preise des ökologisch gefertigten Produkts. Diese Märkte habe man inzwischen voneinander abgekoppelt, so Keller. Anstatt bis zu 20 Prozent ändere sich der Öko-Milchpreis nur um rund zwei bis drei Prozent. „Die Schwankungen sind stabil.“ Der ökologische Markt dürfe nicht vom konventionellen abhängig sein. „Ohne die großen Discounter kommt man aber nicht aus“, sagt Keller. Kooperationen seien hierbei besonders wichtig. „Viele befürchten, dass die Discounter dann aber anfangen, Preise zu drücken.“ Das sei eine Frage der wirtschaftlichen Ethik.

Es gibt ein Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage.
Elmar Keller, Referent im Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau

„Viele Verarbeiter würden Produkte auch ökologisch herstellen, wenn ausreichend Mengen an Rohstoffen wie Getreide zusammenkämen“, so Keller. Es könne jedoch passieren, dass die Erzeuger diese Nachfrage nicht bedienen können. „Es gibt ein Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage“, sagt er.

Landwirte brauchen zwei Jahre Zeit

Zwei Jahre dauert es in der Regel, bis Betriebe umgestellt sind. Landwirte müssen sich bei privaten Kontrollbehörden melden, diese werden wiederum von staatlichen Unternehmen überwacht. Dazu erhält der Landwirt Fördermittel. Diese seien aber eher ein wirtschaftlicher Nachteilsausgleich, so Keller. „Betriebe ziehen daraus keinen finanziellen Vorteil.“

Jüngere Generationen denken um

Ökologischer Landbau sei kein Ausweg aus der Kostenfalle, betont er. „Betriebe müssen schon gesund sein.“ Oft sei die Umstellung auch eine Generationsfrage: „Jüngere Nachfolger wollen häufig nur weitermachen, wenn der Betrieb ökologisch wird.“

Pflanzenschutzmittel gehen auch auf Kosten der eigenen Gesundheit

Etwa acht Jahre ist es inzwischen her, seit Werner Back seinen Hof in Philippsburg auf ökologische Arbeitsweisen umgestellt hat. Die eigene Gesundheit habe dazu eine Rolle gespielt: „Man kann sich vor den chemischen Mitteln schon mit Handschuhen und Anzügen schützen. Irgendwie bekommt man aber immer etwas von der Wolke aus Pflanzenschutz ab“, so Back.

Neben Ackerbau betreibt er auf seinem Hof auch eine Kinderreitschule. Als Dünger benutzt er Komposte sowie Gülle von einem benachbarten Milchviehhaltebetrieb. Schon sein Vater habe den Gedanken verfolgt, möglichst wenig Chemie zu nutzen. „Nach dem Krieg wurde viel natürlicher gearbeitet, weil es überhaupt nicht die Möglichkeiten gab wie heute“, erinnert er sich.

Fördermittel gleichen Defizite aus

Zum Zeitpunkt von Backs Entscheidung wurden noch wenige Lebensmittel ökologisch erzeugt. Inzwischen seien sowohl Nachfrage als auch Angebot gestiegen. Einen Preiseinbruch habe er noch nicht erlebt. Die ersten beiden Jahre der Umstellung dürfe ein Landwirt nicht für den Lebensmittelbereich produzieren. Fördermittel würden das Defizit an Einnahmen ausgleichen. „Man muss sich schon kümmern und einen neuen Markt mit neuen Handelspartnern erschließen“, erklärt er.

In der konventionellen Landwirtschaft sei man aber ebenso an immer mehr Vorgaben gebunden. „Inzwischen gibt es sogar Resistenzen gegen manche chemischen Mittel“, so Back. Für ihn sei der Weg demnach klar: „Ich würde auf keinen Fall mehr den Schritt zurückgehen.“

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