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Aufklärung nötig

Maskenpflicht: Behinderte sind befreit und werden dafür teils beschimpft

Mehrfach wurde in den vergangenen Tagen Behinderten in Karlsruhe, die berechtigterweise ohne Maske unterwegs waren, der Zutritt zu Geschäften verweigert. Das berichtet die Behindertenbeauftragte der Stadt, Ulrike Wernert. Teilweise seien Betroffene beschimpft und vor Kunden bloßgestellt worden.

Streitobjekt: Wer von der Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, befreit ist, ist noch nicht allen klar.
Streitobjekt: Wer von der Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, befreit ist, ist noch nicht allen klar. Foto: jodo

Mehrfach wurde in den vergangenen Tagen Behinderten in Karlsruhe, die berechtigterweise ohne Maske unterwegs waren, der Zutritt zu Geschäften verweigert. Das berichtet die Behindertenbeauftragte der Stadt, Ulrike Wernert. Teilweise seien Betroffene beschimpft und vor Kunden bloßgestellt worden.

„Ich unterstelle keine Bösartigkeit. Aber hier braucht es Aufklärung“, sagt Wernert im Gespräch mit den BNN. Am 4. Mai hat sie deshalb gemeinsam mit der Antidiskriminierungsbeauftragten Annette Ganter einen Brief an Interessenvertreter des Handels geschickt.

Rausgeworfen und beschimpft: Mehrere Vorfälle

„Die Geschäftsführer sind in der Pflicht, ihre Mitarbeiter zu schulen“, fordert Wernert. Sie schildert den Fall einer Mutter, die mit ihrer im Rollstuhl sitzenden Tochter unterwegs war. Ein Sicherheitsmitarbeiter habe das Duo zunächst ins Geschäft gelassen. Wenig später sorgten Mitarbeiter für den Rauswurf. „Das war ein Spießrutenlauf für die Betroffenen“, so die Behindertenbeauftragte.

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In einem anderen Fall habe ein Gehörloser samt Begleitperson einen Laden nicht betreten dürfen, obwohl sie die Situation geschildert hatten.

Beispiele für Ausnahmen finden sich im Brief der Behindertenbeauftragten: So können manche Betroffene aufgrund eines übermäßigen Speichelflusses keine Maske tragen. Auch in weniger offensichtlichen Fällen greife die Regelung, unter anderem bei Menschen, für die das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes wegen einer Zwangsstörung unzumutbar wäre. „Diese nicht auf den ersten Blick erkennbaren Fälle sind ein Problem.“

Cityinitiative leitet den Brief an Händler weiter

Rückmeldungen hat Ulrike Wernert von den Interessenvertretern noch nicht bekommen. Die sind aber teilweise schon aktiv geworden. Die Cityinitiative Karlsruhe (CIK) hat den Brief zwischenzeitlich als Anliegerinfo an alle Händler weitergeleitet. „Für die Mitarbeiter ist natürlich Fingerspitzengefühl gefragt“, sagt CIK-Geschäftsführer Frank Theurer.

Er ist davon überzeugt, dass das beim überwiegenden Teil vorhanden ist und die große Mehrheit die geltenden Regeln und Ausnahmen kenne. Möglicherweise sei hier „übereifrig“ über das Ziel hinaus geschossen worden. „Es gab sicher keine böse Absicht.“

Besonders eindringlich fällt der Appell von Annette Ganter aus. Die geschilderten Fälle seien Verstöße gegen das Antidiskriminierungsgesetz, schreibt sie. Wer das beim Einkaufen erlebe, könne sich gesetzlich dagegen wehren. „Es ist die Aufgabe von Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen, geeignete Maßnahmen zum Schutz vor Diskriminierung zu treffen.“

Behindertenbeauftragte empfiehlt ärztlichen Nachweis

Von der Maskenpflicht befreit sind laut Staatsministerium Menschen, die den Schutz aus medizinischen Gründen nicht tragen können. Auch wer aufgrund seiner Behinderung keine Masken auf- oder absetzen kann, steht auf der Liste der Ausnahmen. Ebenso Gehörlose und ihrer Begleitpersonen.

Wie Berechtigte nachweisen, dass sie aufgrund dieser Regeln keine Maske tragen müssen, ist nicht eindeutig definiert. Ulrike Wernert empfiehlt Betroffenen, sich vom Arzt einen Nachweis geben zu lassen. Doch auch das ist nicht immer einfach, wie eine BNN-Leserin schildert.

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Die an der Lungenkrankheit COPD leidende Frau wollte sich nach eigenen Angaben von ihrer Ärztin bescheinigen lassen, dass sie von der Maskenpflicht befreit ist. Erst nach längeren Diskussionen und mehreren Telefonaten bekam sie schließlich das gewünschte Papier. „Es gibt aus meiner Sicht keine klare Regel“, klagt sie. Das bestätigt auch die Behindertenbeauftragte Wernert. Im Zweifelsfall entscheide der Arzt über die Berechtigung, erklärt sie.

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