Der 15. Mai 2020 könnte als einer dieser Schicksalstage in die Vereinshistorie eingehen, von denen der Karlsruher SC in seiner jüngeren Vergangenheit schon so manchen erlebt hat. Es könnte nämlich sein, dass die Mitglieder an diesem Tag mit ihrem Votum den Weg des Clubs in die Planinsolvenz besiegeln.
Noch steht der Konjunktiv, denn sollte es den Verantwortlichen des Fußball-Zweitligisten bis dahin gelingen, eine tragfähige Lösung ohne Insolvenz-Szenario zu finden, wäre die am 15. Mai anberaumte außerordentliche Mitgliederversammlung hinfällig. Auf dieses Vorgehen hätten sich das Präsidium des Vereins und der Beirat der KGaA, dem neben Präsident Ingo Wellenreuther und den Vizepräsidenten Günter Pilarsky und Holger Siegmund-Schultze noch Michael Steidl und Thomas H. Hock angehören, einstimmig festgelegt, wie der Club am Mittwoch wissen ließ. „Das klare Ziel muss sein, den Gang zum Insolvenzgericht zu vermeiden“, erklärte Wellenreuther gegenüber dieser Zeitung: „Nun haben wir bis Mitte Mai die Chance, das hinzubekommen.“
Mitgliederversammlung des KSC nur virtuell möglich
Ist die Thematik an sich eigentlich schon komplex genug, haben auch die Vorbereitung und die Durchführung der Versammlung so ihre Tücken. Die Tagung darf nämlich Corona-bedingt nur virtuell über die Bühne gehen, die Abstimmung muss online oder vorab per Briefwahl erfolgen. Wellenreuther zufolge sollen die Mitglieder aber auch bei dieser Versammlungsform die Möglichkeit erhalten, Fragen zu stellen. In den kommenden Tagen soll der technische Ablauf der Versammlung geklärt werden genauso wie die rechtlichen Details.
Wichtig ist etwa die Frage, welche Mehrheitsverhältnisse bei der Mitgliederbefragung notwendig sind. Die Mitglieder – der Verein hat aktuell rund 9.500, davon sind etwa 8.100 stimmberechtigt – sollen in den kommenden Tagen die Einladung erhalten, es muss eine Frist von drei Wochen eingehalten werden. In dem Schreiben sollen wie auf der Versammlung selbst auch über die aktuelle Lage informiert und Argumente für eine Insolvenz dargelegt werden.
KSC zieht bei der Insolvenzfrage Tempo wieder an
Es geht dabei um ein sogenanntes Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zur Sanierung der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), die nach der beschlossenen Ausgliederung rückwirkend zum 1. Januar 2019 gegründet worden war.
Zunächst hatten die Verantwortlichen, allen voran Geschäftsführer Michael Becker, bei diesem Thema aufs Tempo gedrückt. Anfang April hatte Präsident Wellenreuther eine mögliche Mitgliederbefragung noch für Ende dieses Monats angekündigt. In der Folge hatten sich aber – offenbar auch durch den vom Beirat angeordneten Wechsel der anwaltlichen Beratung – die Zweifel gemehrt, ob eine Insolvenz tatsächlich der richtige Weg ist.
Vielleicht hat der zeitliche Druck ja auch einen positiven Effekt.Geschäftsführer Michael Becker
Nun hat sich die Vereinsführung also doch eine Deadline gesetzt – aber nicht nur sich selbst, sondern auch Gläubigern und möglichen Investoren, die man für eine anderweitige Lösung ins Boot holen muss. „Vielleicht hat der zeitliche Druck ja auch einen positiven Effekt“, sagte Becker. Zum einen laufen weiter Gespräche mit Gläubigern wie etwa mit Rechtehändler Michael Kölmel, die Wellenreuther gemeinsam mit dem beratenden Anwalt Dirk Adam führt.
Zum anderen benötigt der Club, wie Becker nochmals unterstrich, frisches Kapital in Höhe von mehreren Millionen Euro. Dieses sollte eigentlich der Aktienverkauf bringen, der Corona-bedingt aber nicht wie gewünscht angelaufen war. Nun hofft man, dass doch noch Investoren einsteigen. „Es geht um größere Pakete“, bestätigte Becker, „die Ausgabe an Kleinanleger bekommen wir in den kommenden Wochen nicht mehr hin.“
Gespannter Blick auf DFL-Sitzung am Donnerstag
Zur Entspannung würde auch die Überweisung der letzten, 2,5 Millionen Euro schweren Tranche aus dem TV-Topf beitragen. Becker und Sport-Geschäftsführer Oliver Kreuzer erhoffen sich hierzu von der DFL-Mitgliederversammlung am Donnerstag neue Erkenntnisse.