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Blick hinter die Kulissen

Models auf Mallorca mit Mode aus Karlsruhe: Heine-Versand ist wieder in der Erfolgsspur

Einst verkaufte Heine auch Gesellschaftsspiele, Ikonen und einen Rolls-Royce. Inzwischen macht der Versandhändler mehr denn je in Mode – wie, das zeigt ein Blick hinter die Kulissen in Karlsruhe.

Model trägt Mode auf Mallorca: Im September ließ Heine auf der Baleareninsel fotografieren, was Kundinnen demnächst bestellen können.
Model trägt Mode auf Mallorca: Im September ließ Heine auf der Baleareninsel fotografieren, was Kundinnen demnächst bestellen können. Foto: Eric Spelge

Dieses Paradies für Fashionistas liegt in einem Beton-Büro-Bau aus den 1970ern, direkt an der Schnellstraße, die von Karlsruhe nach Ettlingen führt. Es ist eine der größten Kleider-Kammern Karlsruhes.

Der Laie staunt: Irgendwie wird das schon System haben, was hier beim Versandhaus Heine an unzähligen Kleiderstangen hängt.

Am Anfang stehen „Store Checks“ in Modemetropolen

Ziemlich weit hinten im Büro sitzt Stephanie Krekeler. Über ihrem Schreibtisch hängt ein Schwarzweiß-Foto von Stilikone Audrey Hepburn. Krekeler ist Kreativeinkäuferin.

Eine der vier Frauen, die häufiger die Koffer packen und zum Shoppen auf Reisen gehen: in deutsche Metropolen, nach Amsterdam, London, Paris, Rom, aber auch nach Meran und Bozen. Sie saugen dort die Modetrends auf. „Städte haben bestimmte Looks“, sagt Krekeler. „Rom ist beispielsweise eine bestimmte Mischung aus Feminität und Innovation.“

Wir haben hier nicht den Dressy-Look, den die New Yorkerinnen am Abend haben.
Stephanie Krekeler, Kreativeinkäuferin bei Heine

Ein Leben für die Mode: Krekeler stöbert auch in hiesigen Boutiquen, besucht Modenschauen, kennt die aktuellen Einschätzungen des Deutschen Mode-Instituts, weiß von Trendfarben – und lässt sich von all dem inspirieren. Sie kauft Kleidung ein, gestaltet sie um, ergänzt beispielsweise eine Karo-Hose um einen entsprechenden Blazer.

Letztlich muss das, was die Kreativen in Karlsruhe kreieren, von der klassischen Heine-Kundin auch getragen werden wollen. Zielgruppe des Versandhändlers sind Frauen ab 50 Jahren – in Deutschland, Österreich, Frankreich, in der Schweiz und in den Niederlanden.

„Wir haben hier beispielsweise nicht den Dressy-Look, den die New Yorkerinnen am Abend haben.“ Krekeler sagt’s – und man denkt dabei ein bisschen an „Sex and the City“, „Suits“ und andere Kult-Serien mit deren Moden.

Heine verschickt im Jahr 45 verschiedene Kataloge

Doch zurück nach Karlsruhe: Das Versandhaus Heine ist wieder in der Erfolgsspur. Nach Jahren von Stellenabbau und Sanierung ist das Tochterunternehmen des Otto-Konzerns im vergangenen Geschäftsjahr wieder in der Gewinnzone.

Seit Ende 2019 wird Heine aus der Witt-Gruppe (Weiden) heraus, ebenfalls einer Otto-Tochter, gesteuert. Die IT-Systeme und die Logistik kommen von Witt Weiden. Kollektionsentwicklung, Marketing, Vertrieb und Beschaffung sind in Karlsruhe angesiedelt, sagt Geschäftsführer Alexander Voges.

Also kommt es auf Frauen wie Stephanie Krekeler an. Die hat Weitsicht. Im Februar kauft sie beispielsweise bei ihren „Store Checks“ ein, was – weiterentwickelt – die Heine-Kundin ab Dezember bestellen kann.

Der Katalog hat eine inspirierende Wirkung.
Alexander Voges, Heine-Geschäftsführer

Die schaut auch immer gerne noch in den Katalog. „Der hat eine inspirierende Wirkung“, sagt Voges – 45 verschiedene Kataloge bringt Heine übers Jahr verteilt unters Mode-Volk, auch wenn dies aktuell wegen der hohen Papierpreise schmerzt.

Bestellt wird jedoch meistens per Klick – in Deutschland zu 60 Prozent, in den Niederlanden gar zu 75 Prozent. Stark wachsend seien die Order per Handy und Heine-App. Mit der guten alten Postkarte kann zwar auch noch bestellt werden, aber der Anteil liege im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Traditionskonzern liebäugelt mit Expansion in weitere Länder

Heine will sich künftig noch stärker online ausrichten, erläutert Voges die Strategie. Chancen könnten sich zudem durch den Markteintritt in andere Länder ergeben; das werde derzeit geprüft.

Ebenfalls eine Chance: Heine-Mode könnte auch über externe Plattformen verkauft werden. Intern, bei Konzerntöchtern der Otto-Group wie „Otto.de“ und „About You“, funktioniert das längst.

Im Geschäftsjahr 2021/2022 (28. Februar) erlösten die 350 Heine-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter 247 Millionen Euro. Das ist gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum eine Steigerung um 23 Millionen Euro. „Auch im aktuellen Geschäftsjahr sieht es sehr gut aus“, sagt Voges.

Während die Inflation die Kauflaune der meisten Heine-Kundinnen also nicht bremst, bekommt das Unternehmen die Preissteigerungen selbst zu spüren: bei Textilien, Papier, Transport, Energie. „Das ist aktuell unsere Hauptherausforderung.“

Chefinnen und Chef bei Heine (von links): Iris Brinkmann, Alexander Voges und Nicole Franke. Sie haben mit dazu beigetragen, dass das Traditionsunternehmen wieder in der Gewinnzone ist.
Chefinnen und Chef bei Heine (von links): Iris Brinkmann, Alexander Voges und Nicole Franke. Sie haben mit dazu beigetragen, dass das Traditionsunternehmen wieder in der Gewinnzone ist. Foto: Andrea Fabry

Voges und seine Geschäftsführer-Kolleginnen Iris Brinkmann und Nicole Franke führen durch ein weiteres Großraumbüro.

Viele der dortigen Möbel stammen von Heine – die sogenannte Living-Sparte hat immer noch einen Umsatzanteil von 25 Prozent. Die großformatigen Fotos, die in der Küchenzone aufgehängt sind, zeigen Heine-Models. „Und viele unserer Mitarbeiterinnen hier tragen Heine-Mode“, sagt Pressesprecherin Constanze Kucharsky.

Franke schwärmt von der neuen Arbeitswelt, in der – je nach tageweise gebuchtem Schreibtisch – ein IT’ler neben einem Disponenten, einem E-Commerce-Spezialisten oder einer Geschäftsführerin sitzt. „Alle haben den großen Vorteil des Austausches“, sagt Franke. So läuft das mittlerweile in vielen Unternehmen.

Die riesige Kleider-Kammer und die Kreativen

Seine riesige Kleider-Kammer macht Heine aber anders als andere; also zurück zu Stephanie Krekeler, zu den Kreativen. Denn bis die Mode im Katalog oder Online erscheint, dauert es noch ein bisschen.

Bei Abnahme und Qualitätssicherung geht es um Materialien, Farben, Kombinationen. Dann kommen die sogenannten „Sourcer“ wie Aylin Özdemir und Laura Schießl zum Zug. Auch sie sitzen in der riesigen Kleider-Kammer am PC.

In der riesigen Kleider-Kammer: „Sourcer“ wie Aylin Özdemir (vorne) und Laura Schießl telefonieren weltweit mit Lieferanten.
In der riesigen Kleider-Kammer: „Sourcer“ wie Aylin Özdemir (vorne) und Laura Schießl telefonieren weltweit mit Lieferanten. Foto: Andrea Fabry

Auch sie haben ein Foto einer Stilikone an der Wand hängen: die junge Marilyn Monroe. „Wir telefonieren weltweit“, erklärt Schießl. Mit Lieferanten werden beispielsweise Preise verhandelt und erste Mengen fixiert. Özdemir schaut von ihrem Bildschirm auf. „Ein Traumjob“ sei das hier. „Jeden Tag neue Inspiration.“

Karlsruhe beauftragt die Foto-Teams

Die „Sourcer“ ordern auch Fotomuster. Anschließend bucht ein anderes Heine-Team Models, Fotografen, Stylisten, Make-up-Artist. „Es muss nicht immer Kapstadt, Cancun oder Miami sein“, sagt Geschäftsführer Voges.

Aus Kosten- und ökologischen Gründen, ergänzt Brinkmann. Auf anderen Kontinenten wird also nicht mehr für den Heine-Katalog fotografiert. Und so suchen Location-Scouts zum Beispiel Gärten oder Villen in Hamburg, wo die Models Heine-Mode tragen. Ein siebenköpfiges Team war im September auf Mallorca zum „Shooten“ – die Mode ist ab Ende Dezember im Hauptkatalog. „Die Models sind unsere Verkäuferinnen“, sagt Brinkmann.

Sind die Fotos in Karlsruhe, wird entschieden, welche Artikel auf welche Katalog-Doppelseiten sollen. Layouts und Texte werden entworfen – parallel wirken die Onliner.

Mittlerweile ist die Ware auch im Lager von Witt Weiden. Bestellt die Kundin, dann wird die Kleidung von dort aus an eines der Logistikzentren und Depots der Otto-Tochter Hermes geliefert. Ein Hermes-Bote ist es auch, der mit dem Päckchen unterm Arm bei der Kundin klingelt.

Die Kreativen: Laura Schäfer und ihre Kolleginnen sind in europäischen Modemetropolen den Trends auf der Spur. In Karlsruhe machen sie daraus, was die Heine-Kundin auch kauft.
Die Kreativen: Laura Schäfer und ihre Kolleginnen sind in europäischen Modemetropolen den Trends auf der Spur. In Karlsruhe machen sie daraus, was die Heine-Kundin auch kauft. Foto: Andrea Fabry

Mitarbeiterinnen des Kreativteams sind dann schon wieder auf Einkaufstour – immer den neuesten Modetrends auf der Spur und am Ideen-sammeln. „Hamburg, München, Rom, Mailand, Paris …“ – Laura Schäfer schwärmt von der Mode, die sie in den Städten sieht und von der die Einkäuferin in ihrem Großraumbüro umgeben ist.

Und abends, zu Hause, auf dem Sofa – mal ehrlich, was trägt sie da? „Jogging“, sagt Schäfer und lacht.

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