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Neues aus dem Elternleben

Morbide wird salonfähig

Das Halloween-Fest war unserer Kinderkram-Autorin immer ein großes Grauen. Morbide fand sie es, kleine Kinder als Geister, Vampire und andere unheimliche Wesen herumlaufen zu sehen. Bis sie schließlich eines Besseren belehrt wurde.

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Als Mensch mit Kindern werde ich standesgemäß von wenigen rationalen und vielen irrationalen Ängsten geplagt. Und da Ängste auch Aberglauben erzeugen, gibt es ein paar Dinge, die ich nicht mache, seit ich Mutter geworden bin. Meine Kinder schwarz anziehen, zum Beispiel.

Das ist schließlich die Farbe der Trauer und die kann an einem Kind (ich unterbreche mein Kolumnenschreiben an dieser Stelle kurz, um auf Holz zu klopfen) nur ein schlechtes Omen sein, finde ich - und morbide dazu!

Wenig überraschend hielt sich meine Begeisterung deshalb in sehr engen Grenzen, als Halloween – das Fest, das sich seit Jahrzehnten nach und nach in Europa einschleicht – in den vergangenen Jahren vor allem als Großereignis für Kinder so richtig in Fahrt kam.

Für mich ein wahrgewordener Albtraum.

Kinder des Grauens

Rund um den 31. Oktober begegneten mir eigentlich niedliche Dreijährige in Geisterkostümen auf der Straße, andere hatten aufgemalte Wunden oder waren gar – oh Graus! – in kleinen schwarzen Anzügen mit leuchtenden Knochen als lebende Skelette unterwegs.

Empört musste ich so dann feststellen, dass auch mein Nachwuchs sich immer mehr auf die dunkle Seite ziehen ließ. Auf einmal wurde von mir verlangt, Totenkopfmasken zu kaufen oder Plätzchen zu backen, die bluteten. Ich musste erörtern, wie man ein Spaghettigericht „mehr wie ein Gehirn“ aussehen lassen könnte. Die Farbkombi schwarz-orange wurde mir zum Dorn im Auge.

Mama wird zum Wutbürger

Und immer wieder musste ich Fragen um Fragen über mich ergehen lassen, die sich nur um ein Thema drehten: Tod, Tod und nochmal Tod. Wann sterben wir? Warum? Und was passiert dann?

Ich begann, wie ein Wutbürger zu zetern: „Diese morbide amerikanische Konsum-Maschine dringt mit ihren heidnischen Bräuchen bei uns ein!“ Ich schimpfte und schimpfte – bis mir eines Tages etwas auffiel. Den Kindern machte das alles überhaupt nichts aus. Der Tod ist ein Freund, der dazugehört. Und wer das zulässt, braucht keine Angst vor ihm haben.

Heute habe ich meinen ewigen Frieden mit Halloween geschlossen. Naja, fast. Denn kürzlich verkündete mir die Sechsjährige freudestrahlend: „Weißt du Mama, wenn du tot bist, finden wir eine neue Frau für Papa – das geht bestimmt ganz schnell!“ Das fand ich dann doch nicht so gut.

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