Der Führungsstreit an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Karlsruhe lässt aktuell die Köpfe der Juristen rauchen. Verwirrung löste an diesem Mittwoch die erneut angekündigte Rückkehr des abgewählten Rektors Jan Boelen aus: Er wolle am Nachmittag in seinem Büro eintreffen, teilte der belgische Designer recht kurzfristig mit.
Hintergrund war eine neue Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Mannheim gegen die HfG und das Land Baden-Württemberg. Darin findet sich eine „einstweilige Anordnung“, wonach die Hochschule dem Rektor ermöglichen müsse, vorläufig weiter sein Amt auszuüben.
Ministerium: Neuer Richterspruch zugunsten Boelens ist „überholt“
Im Stuttgarter Wissenschaftsministerium liefen lange Beratungen darüber, wie dieser Richterspruch nun einzuordnen sei. Letztlich fuhr der (Ex-)Rektor gar nicht erst an der staatlichen Design- und Medienhochschule vor: Die Anwältin der Gegenseite habe mitgeteilt, dass man ihn sein Amt nicht antreten lasse, war von Boelens Anwalt zu erfahren.
Entscheidend ist dabei: Die jüngste VGH-Entscheidung bezieht sich auf den Streit um die erste Abwahl im Frühjahr 2022. Sowohl die Hochschule als auch Boelen hatten dazu Anträge gestellt beziehungsweise Klage erhoben. Eine erste Eilentscheidung war im Herbst ergangen – ebenfalls zugunsten des geschassten Rektors.
Kurz nach seiner damaligen Rückkehr an die HfG wählte ihn eine Mehrheit von neun Professoren allerdings im Dezember 2022 erneut ab – und dadurch sei die der neueste VGH-Richterspruch bereits „überholt“, teilte die Sprecherin von Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) am Mittwochabend mit.
Wird Dauerstreit durch eine finanzielle Abfindung gelöst?
Ausgestanden ist der Fall noch nicht. Er könnte sich im schlimmsten Fall noch über Jahre hinziehen: Gegen die zweite Abwahl läuft ebenfalls ein Klageverfahren. Über die erste Abwahl ist in der Hauptsache noch nicht entschieden. Beobachter erwarten deshalb, dass das Land die Blockade an der HfG demnächst über eine Abfindungszahlung an Boelen zu lösen versucht.
Das Verhältnis zwischen den Künstlern und Hochschullehrern ist seit Jahren zerrüttet. Persönliche Animositäten und weltanschauliche Differenzen spielen dabei eine Rolle. Boelen und seine Anhänger sehen sich als Opfer einer Machtclique, die ihr Diversitätskonzept durchsetzen will und bei Personalentscheidungen die Geschlechtszugehörigkeit und Hautfarbe über künstlerische Qualifikation stellt.
Die Professoren, die ihn abgewählt haben, werfen ihm vor, er treffe undemokratische eigenmächtige Entscheidungen und bremse die Berufung neuer Professoren aus.
Eine erneute Zusammenarbeit der Streitparteien scheint aktuell unmöglich. Mit dem neuesten Rückkehrversuch wollte Boelen lediglich verhindern, dass ihm aufgrund des VGH-Urteils am Ende sogar ein Fernbleiben vom Dienst vorgeworfen werden kann, so die Einschätzung von Insidern.