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Nicht mehr modern genug

Zu altbacken: Karlsruher Stadtmuseum schließt auf unbestimmte Zeit

Wer zwei Jahrzehnte auf dem Buckel hat, der braucht dringend mal eine Generalüberholung. Das dachte man sich auch beim Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais. Nach mehr als 20 Jahren wird die Dauerausstellung am Sonntag, 14. April geschlossen.

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Das Prinz-Max-Palais in der Karlstraße soll saniert werden. Die Dauerausstellung des Stadtmuseums soll aber wieder ins erste Obergeschoss ziehen. Foto: jodo

20 Jahre sind eine lange Zeit. Wer zwei Jahrzehnte auf dem Buckel hat, der braucht dringend mal eine Generalüberholung. Das dachte man sich wohl auch beim Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais. Nach über 20 Jahren wird die Dauerausstellung am Sonntag, 14. April auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Es mag ein drastischer Schritt sein, den Stadtmuseumsleiter Peter Pretsch da geht. Aber ein durchaus notwendiger, wie er findet. „Nach 20 Jahren braucht man wirklich mal eine neue Ausstellung“, so Pretsch. Anfangs kamen zwischen 10.000 und 15.000 Besucher jährlich ins Stadtmuseum, heute sind es etwa 8.000.

Aber nicht die sinkenden Besucherzahlen waren ausschlaggebend für die Schließung: Die gesamte Darstellung entspreche nicht mehr dem aktuellen Stand, erklärt Pretsch. Besonders die Beleuchtung genügt nicht mehr den Ansprüchen eines modernen Museums und auch die Sockel und die Vitrinen, in denen die Exponate untergebracht sind, könnten einen neuen Anstrich vertragen.

Sehenswerte Stücke, aber altmodische Präsentation

Es wirkt alles ein bisschen verstaubt und aus der Zeit gefallen im Stadtmuseum, auch wenn die Ausstellungsstücke sehenswert sind. Die Büste des Stadtgründers Karl-Wilhelm, die den Besucher gleich am Eingang begrüßt, ist eines von Pretschs Lieblingsstücken. „Diese Büste werden Sie in dieser Form nirgendwo sonst in Karlsruhe finden, das macht sie sehr exklusiv.“

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Die Büste des Karlsruher Stadtgründers Karl-Wilhelm ist eine der Lieblingsstücke von Stadtmuseumsleiter Peter Pretsch. Foto: jodo

An der Konzeption der derzeitigen Ausstellung hat er vor über 20 Jahren noch selbst mitgewirkt, heute aber hat sich die Dauerausstellung überholt: Die jüngsten 20 Jahre der Stadtentwicklung werden gar nicht thematisiert.

Bereiche müssen neu gewichtet werden

Dass die Zeit nicht stillsteht, hat man auch an anderer Stelle gemerkt: Es seien neue Fragestellungen hinzugekommen, einzelne Bereiche müssten neu gewichtet werden, um den aktuellen Ansprüchen eines modernen Museums zu genügen.

Dabei hat das Stadtmuseum bereits in den vergangenen Jahren versucht, dem angestaubten Image entgegenzuwirken: Seit 2012 finden sich zwischen den Ausstellungsstücken vereinzelte gelbe Säulen. An diesen Informationspunkten können sich die Besucher interaktiv durch neue Themen klicken, wie etwa die Themenfelder „Migration“, „Frauen“ oder auch „Recht in Karlsruhe“. Diese Themen könnten die künftigen Schwerpunkte der neuen Ausstellung bilden, Pretsch will sich da aber nicht dogmatisch für alle Zukunft festlegen.

Das meiste sind Liebhaberstücke

Neben den futuristisch anmutenden Säulen setzt sich die Darstellung der Objekte aber fort, wie sie vor 20 Jahren gestartet wurde. 300 Jahre Stadtgeschichte werden hier greifbar, etwa auch durch die Inszenierung verschiedener Wohnräume. Ob diese Wiedergabe historischen Wohninterieurs in die neue Ausstellung übernommen wird, ist jedoch fraglich.

Insgesamt schätzt Volontärin Jacqueline Berl, dass das Museum etwa 200 bis 400 Ausstellungsstücke zeigt. Auf eine halbe Millionen Euro bewertet Pretsch den Wert seiner Exponate, vieles lasse sich allerdings schwer beziffern, das meiste seien Liebhaberstücke. Hinter den Kulissen gibt es noch etwa 1.000 Quadratmeter Lagerfläche voller weiterer Exponate.

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Vom 3-D-Stadtmodell müssen sich Volontärin Jacqueline Berl und Stadtmuseumsleiter Peter Pretsch zunächst nicht verabschieden. Alle Exponate der Dauerausstellung sollen während der Neukonzeptionierung jedoch im Depot des Stadtmuseums gelagert werden. Foto: jodo

Auch wenn das Prinz-Max-Palais in den kommenden Jahren von Grund auf saniert werden soll ( die BNN berichteten ), werden die Räume des Stadtmuseums im ersten Obergeschoss nicht ungenutzt bleiben. Am 15. November wird hier eine Ausstellung zur Weimarer Republik eröffnet werden. Auch die Sonderausstellungen des Stadtmuseums bleiben bestehen.

Wann das Stadtmuseum eine neue Dauerausstellung bekommen wird, ist fraglich. Peter Pretsch hofft, dass die Neukonzeptionierung in zwei bis drei Jahren abgeschlossen sein wird.

Nicht allzu traurig über Schließung

Wer die Ausstellung in ihrer derzeitigen Form noch erleben möchte, hat dazu noch bis Ende der Woche Gelegenheit: Am Sonntag schließt die Dauerausstellung mit einer Finissage. Besucherinnen und Besucher können dabei nicht nur einen letzten Blick auf die Exponate werfen, sondern sich auch ganz aktiv bei der Neugestaltung des Stadtmuseums einbringen.

Bereits jetzt liegen im Museum Flyer aus, mit denen man dem Museumsteam seine Meinung mitteilen kann. Peter Pretsch hofft auf eine „breite Partizipation des Bürgertums“. Besonders traurig ist er über die Schließung nicht. „So wahnsinnig schmerzt es mich nicht, es wird Zeit. Ich hoffe aber, dass ich das ein oder andere Exponat in der neuen Ausstellung wiedersehe.“

Die neue Dauerausstellung wird Peter Pretsch in der Funktion des Stadtmuseumsleiters nicht mehr erleben; er geht voraussichtlich in einem Jahr in Ruhestand.

Service

Die Dauerausstellung des Stadtmuseums ist am Sonntag, 14. April von 14 bis 18 Uhr zum letzten Mal geöffnet.

Von 14 bis 15 Uhr gibt es mit Stadtmuseumsleiter Peter Pretsch und Stadtarchivdirektor Ernst Otto Bräunche mehrere Kurzführungen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten.

Ab 15 Uhr gibt Hildegard Schmid mit ihrer Führung einen Überblick über die Sonderausstellung „Karlsruhe und Elsass-Lothringen seit 1871“.

Ab 16 Uhr bietet die von Kulturamtsleiterin Susanne Asche moderierte Gesprächsrunde Rück- und Ausblicke zum Stadtmuseum und gibt Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit zur aktiven Diskussion und Mitgestaltung.

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