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Technikvorstand im Interview

"Niemand darf ohne Strom sein" - EnBW sieht sich in Corona-Krise gut vorbereitet

Hans-Josef Zimmer hat mit seinem Team schon viele Krisenszenarien durchgespielt und Notfallpläne erarbeitet. Er arbeitet seit über 30 Jahren beim drittgrößten deutschen Energieversorger, der Karlsruher EnBW. Die Corona-Pandemie ist aber real und habe eine bislang so nie gekannte Dimension, sagt der Technik-Vorstand im BNN-Interview.

„Bislang so nicht bekannte Dimension.“ EnBW-Vorstand Hans-Josef Zimmer sagt, man gehe dennoch mit der gewohnten Unaufgeregtheit mit der Situation um.
„Bislang so nicht bekannte Dimension.“ EnBW-Vorstand Hans-Josef Zimmer sagt, man gehe dennoch mit der gewohnten Unaufgeregtheit mit der Situation um. Foto: dpa

Hans-Josef Zimmer hat mit seinem Team schon viele Krisenszenarien durchgespielt und Notfallpläne erarbeitet, seit er seit 1989 beim drittgrößten deutschen Energieversorger, der Karlsruher EnBW, ist. Die Corona-Pandemie ist aber real und habe eine bislang so nie gekannte Dimension. Jeder Bürger solle sich auf eine sichere Energieversorgung verlassen können, betont Zimmer. Was die EnBW dafür unternimmt, darüber hat sich BNN-Redakteur Dirk Neubauer mit dem Technikvorstand der EnBW ausgetauscht.

Können Sie versprechen, dass die Energieversorgung in Corona-Zeiten nicht zusammenbricht?

Zimmer: Die EnBW weiß um ihre besondere Verantwortung für die Energieversorgung. Wir haben frühzeitig personelle und technische Maßnahmen getroffen, um dieser Verantwortung auch in der aktuellen außergewöhnlichen Lage gerecht zu werden.

So haben wir bereits Anfang Februar eine Task Force mit Vertretern aus allen relevanten Unternehmensbereichen eingerichtet, die sich mehrfach täglich zur Lage austauscht, in Kontakt mit den betreffenden Behörden steht und sehr kurzfristig der Situation angemessene Maßnahmen einleiten kann und eingeleitet hat.

Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine Anhaltspunkte dafür, dass es durch die Pandemie in unserem Verantwortungsbereich zu Störungen in der Energieversorgung kommt. Wir beobachten die Situation natürlich laufend und werden wo notwendig schnell und konsequent reagieren.

Jeder Bürger soll sich auf eine sichere Energieversorgung verlassen können. Dafür stehen wir zu jeder Zeit ein. Und niemand darf in dieser Krise ohne Strom sein. Deshalb führen wir in dieser Ausnahmesituation auch keine neuen Strom- und Gassperren durch und sind derzeit dabei, alle Strom- und Gassperren, die in den letzten Wochen vorgenommen wurden, aufzuheben.

Unsere Außendienstmitarbeiter arbeiten bereits seit Ende letzter Woche mit Hochdruck daran, betroffene Kunden anzufahren und zu entsperren. Die Gebühren für die Entsperrung trägt die EnBW. Auch damit hoffen wir, einen Beitrag für eine solidarische Bewältigung der aktuellen Herausforderung leisten zu können.

Haben Sie genügend Fachleute, damit – auch bei Erkrankungen in den EnBW-Kraftwerken und Leitzentralen – alle Anlagen wie erforderlich laufen können?

Zimmer: Als Betreiber kritischer Infrastruktur sind wir auf mögliche Krisenfälle gut vorbereitet. Für betriebsnotwendige Tätigkeiten gibt es eigene Notfallpläne, um die Versorgung unserer Kunden auch in Krisensituationen jederzeit sicher und zuverlässig gewährleisten zu können. Dazu zählt beispielsweise unter anderem die Möglichkeit, betriebsnotwendiges Personal direkt an den relevanten Standorten – zum Beispiel die Netzleitstelle – unterzubringen. Für eine solche Maßnahme besteht aber bislang noch keine Notwendigkeit. Die entsprechenden Vorkehrungen für eine solche Unterbringung und Versorgung sind vorsorglich dennoch bereits getroffen.

Aber auch mit Blick auf die Arbeitsorganisation haben wir zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um stets ein einsatzfähiges Team bereit zu haben. Beispielsweise gibt es entsprechende Rotationspläne für die Schichten, die dann im Zwei-Wochen-Rhythmus wechseln.

Ein anderes Beispiel: Im Handelsbereich gibt es das Modell der „Schichtpärchen“, bei dem immer zwei Kollegen an einem Thema arbeiten. Und nicht zuletzt halten wir grundsätzlich für wesentliche Stellen auch die Möglichkeit für eine räumliche Trennung der Belegschaft vor, wie zum Beispiel Reserveleitwarten oder der Ausweichhandelsfloor im Tradingbereich.

Es kommt ja auch auf die Abstimmung mit den anderen Playern der Energiewirtschaft an...

Zimmer: ...natürlich stehen wir in Kontakt mit anderen Energieunternehmen ebenso wie mit den relevanten Behörden und Verbänden. Ohne für die anderen Unternehmen sprechen zu können, höre ich, dass ähnlich wie bei uns überall vorsorgliche Maßnahmen getroffen worden sind, ohne dass die Pandemie derzeit Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit unseres Landes hat. Die Branche insgesamt geht mit der gewohnten Professionalität und Unaufgeregtheit mit der Situation um.

Haben Sie jemals ein gravierenderes aktuelles Szenario durchspielen müssen?

Zimmer: Tatsächlich gehört es für Betreiber von kritischer Infrastruktur zum Standard, sich für mögliche Krisen zu wappnen. Unsere Notfallpläne müssen sicherstellen, dass der Betrieb der Kraftwerke und Netze stets aufrechterhalten wird. Das gilt für Pandemien ebenso wie für schwerwiegende technische Probleme oder Katastrophenszenarien. Schon bei früheren Epidemien wie etwa dem Ausbruch der Vogelgrippe 1997 oder später der Schweinegrippe wurden die Notfallpläne auch auf die Virusausbreitung ausgelegt.

Insofern gilt: Ja, entsprechende Szenarien haben wir tatsächlich bereits durchgespielt und in den Notfallplänen hinterlegt. Auch eine konzernweite Krisenübung zum Thema Pandemie wurde schon durchgeführt. Aber richtig ist auch, dass wir alle – und das gilt weltweit und in allen Bereichen – uns nun in einer realen Situation befinden, die eine bislang so noch nicht gekannte Dimension angenommen hat und uns alle vor große Herausforderungen stellt.

Was können die Kunden beitragen, damit die Versorgungssicherheit aufrechterhalten bleibt?

Zimmer: Das oberste Ziel in der aktuellen Situation ist, die weitere Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Hier ist jeder gefordert und hierzu kann jeder durch verantwortungsbewusstes Verhalten beitragen, indem er Kontakte mit anderen so weit wie möglich vermeidet.

Insbesondere, um Risikogruppen vor Ansteckung zu schützen. Aber auch, um Menschen zu schützen, die gerade in Krisenzeiten wichtig für uns sind: Ärzte, Feuerwehrleute, Polizisten und auch Menschen, die in Kraftwerken oder Netzleitstellen dafür sorgen, dass wir sicher mit Strom, Wasser und Gas beliefert werden.

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