Nutella kennt jedes Kind. So wie Tempo oder Uhu. Das Original aus dem Piemont in Norditalien, wo Nutella ebenfalls herkommt, dagegen weniger bis gar nicht. Schade, denn die echten Nuss-Nougat-Creme mit vielen Supernüssen drin, ist eine regelrechte Offenbarung, lässt die braune Industriemasse ganz schön alt aussehen. Zahlreiche Kleinbetriebe stellen das Edelprodukt her, jeder auf seine Weise und deshalb unvergleichlich.
Das Bessere ist der Feind des Guten. Truer words have never been spoken, würde unser alter Kollege und Gourmand Alex jetzt sagen. Natürlich hat er damit – wie immer – recht. Das sehen wir an Nutella, dem großindustriell produzierten Lieblingsbrotaufstrich vieler Kinder auf der einen
und den mit viel Leidenschaft und noch mehr besten Zutaten hergestellten Nuss-Nougat-Cremes aus dem Piemont auf der anderen Seite.
Die Nuss-Nougat-Creme und die Anfänge
Wer im Herbst durch Alba streift, dem weht wahrscheinlich schon mal der betörende Duft weißer Trüffeln um die Nase. Dann ist in der norditalienischen Stadt Trüffelmesse. Das ganze Jahr über auf jeden Fall erfüllt eine Wolke von Schokoladenduft die Luft. Nicht genau zu definieren. Schokolade eben. Bei der Vielzahl der Produkte, die der in diesem schönen Städtchen gegründete Ferrero-Konzern produziert, eigentlich auch kein Wunder, dass nur ein einziger großer Mischmasch zwischen den Nasenflügeln hängen bleibt.
Die Nuss-Nougat-Creme ging aus "Giandujot" hervor
Das Ur-Nutella wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von dem piemontesischen Konditor Pietro Ferrero hier erfunden. Da war die Geschmackswelt noch in Ordnung. Sein „Giandujot“ wurde in Scheiben von einem Block gesäbelt, war so was wie die italienische Edition der bei uns so populären Eszet-Schnitten.
Die erste Nuss-Nougat-Creme von Ferrero
Giandujot bestand hauptsächlich aus den in Hülle und Fülle vorhandenen Haselnüssen mit Namen Tonda gentile. Schokolade hingegen war damals teuer und deshalb nur marginal darin enthalten. 1964 erfanden die Ferreros dann ihre „SuperCrema“, eine streichfähige Paste, aus der schließlich Nutella wurde.
Nur noch 13 Prozent Nüsse in Nutella
Von dem einstigen Konditorenprodukt ist wenig geblieben, insbesondere inhaltlich. Der Nussanteil liegt aktuell bei 13 Prozent, dafür finden sich in der Zutatenliste billiges wie umstrittenes Palmöl, alle möglichen Zusätze, und vor allem: viel Zucker. Gut geht anders, auch wenn der Schokoriese auf seiner Webseite nur prima Sachen über Nutella zu berichten weiß. PR-Sprech halt.
Nuss-Nougat-Creme für Edelgaumen
Halten wir uns aber an dieser Stelle angesichts der gefühlten Kürze eines Genießerlebens nicht mit ungesunder Industrieschmiere auf und widmen uns stattdessen der noch heute in der Ursprungsregion verbreiteten Mutter aller Nuss-Nougat-Cremes. Edelgaumen werden in Feinkost- und Schokoläden oder Konditoreien allüberall im Supernussland am Fuße der Alpen fündig. Und Daheimgebliebene kommen gottlob übers Internet an das süße Objekt der Begierde (siehe „Angeklickt“ weiter unten).
Nuss-Nougat-Creme mit bis zu 60 Prozent Nussanteil
Ob „nur“ 40 oder gar fette 60 Prozent, den dunkelbraunen Fabrikaufstrich der Ferreros packen die Bugattis unter den „Nougattis“ buchstäblich an den Nüssen. Jedes einzelne Glas Crema di Nocciola oder wie auch immer sich diese legalen Suchtmittel aus Klein- und Kleinstproduktion noch nennen, steckt Nutella locker und mit links in den Sack.
Nuss-Nougat-Creme aus dem Piemont - zum Dahinschmelzen
Der Geschmack der Originale – ein Traum! Die sind schon um einiges teurer als die Massenware aus dem Discounterregal, dafür aber Löffel für Löffel zum Dahinschmelzen. Mit dem Edelbrotaufstrich verhält es sich übrigens wie mit den darin verarbeiteten Piemontnüssen: einmal davon probiert und es ist für immer um einen geschehen. Dieses kleine Kalorienmonster klebt am Gaumen, als wolle es damit sagen: lass mich nie wieder los!
Nocciole d'Elite und Ravera gehören zu den Topproduzenten
Zwei Top-Nusscreme-Produzenten ganz unterschiedlicher Couleur wirken im Herzen des Piemonts: in Cherasco, unweit der Slow-Food-Kapitale Bra, sowie in der Nuss-Hauptstadt Cravanzana in der Alta Langa. Im sehr unspektakulären Cravanzana trifft man den jungen Emanuele Canaparo in seinem Nobel-Nuss-Nirvana
Nocciole d’Elite an. Seine Crema di Nocciola punktet durch unübertroffenes Aroma und einem rekordverdächtigen Nussanteil von 58 Prozent.
Sensorische Highlights für Puristen
Im schmucken Städtchen Cherasco wiederum hat Chocolatier Arturo Valter Ravera in seiner kleinen Schokowerkstatt eine dickflüssige Creme kreiert, die mit 60 Prozent Nüssen noch einen drauflegt.
Wer nun das „bessere“ Produkt anbietet, darüber kann man trefflich streiten. Letzten Endes entscheidet der persönliche Geschmack. Die Puristen unter den Nuss-Nougat-Tieren werden so oder so kunst- und genussvoll um den Verstand gebracht. Grandios. Alle beide.
P. S.: Hier finden Sie noch drei Videos aus der Produktion von Nocciole d'Elite, die veranschaulichen, welchen Weg die Piemontnüsse (Tonda gentile) nach dem Rösten bis zur fertigen Nusspaste nehmen.- Die Nüsse werden händisch verlesen.
- Die ausgewählten Nüsse wandern zum Zerkleinern in eine Maschine.
- Am Ende des Prozesses kommt die flüssige Nussmasse zum Vorschein.
Aufgetischt
NUSS-NOUGAT-EIS
Rezept von Thavakumar Maniam, Gelataio und Besitzer des Arte Dolce in Karlsruhe, Kaiserallee 51
1 l Vollmilch
100 g Sahne
100 g Magermilchpulver (Bioladen)
5 g Guarkernmehl (Bioladen)
300 g Zucker
150 g Haselnusscreme (z. B. von Ravera oder Nocciole d’Elite, Adressen unten)
- Milch und Sahne auf 40-45 °C erwärmen. Milchpulver, Guarkernmehl und Zucker mischen und mit dem Schneebesen klumpenfrei einrühren. Unter Rühren auf mindestens 65 °C (max. 85 °C) erhitzen. Nusscreme darin auflösen, die Masse muss homogen sein.
- Auf Zimmertemperatur abkühlen lassen und dann am besten über Nacht in den Kühlschrank stellen.
- Masse nochmals kurz durchrühren und in der Eismaschine nach Anleitung gefrieren lassen.
- Das Eis direkt aus der Maschine löffeln (schmatz!) oder in einen Behälter umfüllen und schockfrosten. Ist das Eis durchgefroren, auf -18 °C hochtemperieren und wie auf dem Bild mit (Piemonteser) Haselnüssen, einem Klecks Sahne und Puderzucker servieren.