Aus Italien kommen viele gute Olivenöle. Aber Olivenöl vom Gardasee ist etwas Besonderes. Weiter nördlich auf der Welt wird keines produziert.
Man darf Wikipedia nicht alles glauben. Nyons im Südosten Frankreichs, im Département Drôme, soll das nördlichste Olivenanbaugebiet der Welt sein, ist dort zu lesen. Da lachen ja die Hühner. Und erst die Trentiner! Der Gardasee und das auf dem Schulglobus nördlich daran gepinnte Trentino legen breitengradmäßig nämlich noch eine ganze Schippe drauf. Der „46. Parallelo“ (Nyons: ca. 44.) ist das Nonplusultra der Olivenölnordlichter.
Olivenöl vom Gardasee: Grünes Gold
Jetzt könnte man annehmen, dass es sich mit Olivenöl ähnlich verhält wie mit Wein, der im sonnig-warmen Süden zumindest bei den Roten einen Bonus genießt. Aber weit gefehlt. Der Norden Italiens ist geradezu eine Premiumlage für hochkarätiges Grünes Gold. Ausgerechnet am Fuße der Dolomiten, also mitten in den Bergen, gewinnt man ein Öl, von dem man anderswo nur träumt. Sie ist schon ein Glück, diese wunderbare Mischung aus mediterranem und alpinem Klima, das im Garda Trentino herrscht. Über hundertjährige Ölbäume gedeihen dort außerordentlich prächtig. Der mal felsig-trockene, mal feuchte Boden tut ein Übriges.
Selbst Kenner haben die Qual der Wahl
In diesem einzigartigen und höchst idyllischen Garten Eden wetteifern etliche Produzenten mit Inbrunst um die besten Ölqualitäten, dass selbst anspruchsvolle Freunde des flutschigen Kalorienbombers sich vor die Qual der Wahl gestellt sehen. Am Ende kann dann oft nur die persönliche Vorliebe über den Zuschlag für das eine oder andere Olio extra vergine entscheiden.
Casaliva heißt die autochtone Haupt-Olivensorte der Region, aus der die Ölmacher das Machbare herauskitzeln, aus Ehrgeiz, aber auch weil die Latte für ein Topprodukt mit DOP-Siegel hoch liegt: Geerntet wird ab Mitte Oktober, wenn die Früchte gerade von grün nach leicht violett changieren. Zu diesem Zeitpunkt geizen sie zwar noch mit Öl-Output, dafür ist die Krebsabwehrarmee der Polyphenole in Regimentsstärke unterwegs und der Geschmack genial: frisches Gras, Mandel, Artischocke, Pfeffer und noch ein paar dezentere Aromen mehr lassen sich aus den feinen Tropfen herausschmecken. Manche Öle sind etwas bitter, andere ziemlich scharf, viele auch fruchtig oder insgesamt einfach würzig.
Schnelligkeit und Sanftheit sind Trumpf für bestes Olivenöl vom Gardasee
Gehätschelt werden die jungfräulichen Öle von den Olivenbauern jedenfalls, als wären es die eigenen Kinder. Und irgendwie sind sie es ja auch. Weshalb man supersanft von Hand erntet (bzw. unter Einsatz von adäquaten mechanischen „Erntehelfern“), die (gelegentlich sogar entkernten) Früchte binnen 4 bis 12 Stunden äußerst zeitnah verarbeitet, das Öl anschließend auch noch filtert sowie sauerstofffrei in Edelstahltanks abfüllt. Mitunter wird der kostbare Tankinhalt sogar durch Stickstoffbegasung zusätzlich vor Oxidation geschützt. Mehr geht nicht.
Drei Superadressen für feines Olivenöl
Wir waren für Sie – nicht lachen, erst wenn man das kostbare Produkt, von Hand in einem bauchigen Probiergläschen temperiert, zischend wie von einer Unterdruckspülung zwischen den Zähnen hindurch in den Schlund gesaugt wird, ist ein echtes Qualitätsurteil möglich – bei drei Produzenten zu Gast, einer ein stolzerer Bolle als der andere und allesamt der Speerspitze der Olivenölmacher vom Gardasee angehörend:
Olio Cru
Niegelnagelneu und schon sehr erfolgreich: die von Riccardo Farabegoli (rechts) gemanagte Ölmühle in der Via Maso Belli in Riva del Garda. Spezialitäten: die Extra-vergine-Olivenöle
Garda DOP Trentino, Origini und Biologico. Letzteres (links) wurde vom „Gambero Rosso“ zum besten Bio-Olivenöl Italiens gekürt.
Agraria Riva del Garda
Die Erzeugergenossenschaft war 1998 die erste Ölmühle, die das Olivenöl Extra Vergine DOP Garda Trentino produzierte; seit 2009 für biologischen Anbau zertifiziert. Topprodukt ist das auf 1111 Flaschen limitierte „Uliva 1111“ extra vergine, Hingucker ist Olivenöl vom Gardasee der 46° // Parallelo-Serie (Bio und sortenrein, aber nicht DOP) in weißen oder quietschbunten Flaschen. Außerdem im Agraria-Shop (neben vielen regionalen Produkten) erhältlich: die Öle „Imperiale“ und „Family Line“.
Maso Bòtes
„Olif de Bòtes“, ein tausendjähriges Monument von Ölbaum bei Varignano, hat dem noch jungen Betrieb der Familie Santuliana den Namen beschert.
Der hochmoderne und trotzdem perfekt in die Landschaft eingepasste Agriturismo-Betrieb erzeugt neben diversen Honigsorten auch zwei Top-Olivenöle: „Millenario“ (ein Bio-Öl und Slow Food Presidio, unten der Info-Anhänger der Flasche) und „Preéra“.
Angeklickt
Aufgetischt
Gebratener Wolfsbarsch, Honigtomätle und junger Mangold
4 PortionenOlivenöl vom Gardasee (DOP)12 Blätter buntstieliger Mangold1 Sardelle (klein gehackt)2 kleine Schalotten (gewürfelt)1/2 frisches LorbeerblattGemüsebrühe (selbstgemacht oder Glas)etwas Zitronenabrieb, 1 Prise Muskatnuss400 g Cocktailtomaten2 EL Akazienhonig4 Zweige Zitronenthymian4 Wolfsbarschfilets mit HautFleur de Sel, Salz, Pfeffer
1. Mangold waschen, Blätter von den Stielen trennen. Stiele in Würfel, Blätter in schmale Streifen schneiden.
2. Sardellen in 3-4 EL Olivenöl anschwitzen, Schalotten und Lorbeer zugeben, 1-2 Min. bei mittlerer Hitze dünsten. Mangoldwürfel 2 Min. mitdünsten, Blätter zugeben und rühren, bis diese zusammengefallen sind. Etwas Brühe angießen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken.
3. Abgezupfte Tomaten auf den Papierbbögen verteilen, Thymianzweig dazu, mit Olivenöl benetzen und mit je 1/2 EL Honig beträufeln, mit Fleur de Sel und Pfeffer würzen. Zu Päckchen verschließen und bei 200 °C im Backofen 20 Min. garen.
4. Fischfilets halbieren und auf der Hautseite in 2-3 EL Olivenöl scharf anbraten. Kurz umdrehen, Pfanne vom Herd nehmen und noch einige Sekunden ziehen lassen.
5. Fischfilets auf vorgewärmte Teller verteilen, mit Olivenöl beträufeln und mit Fleur de Sel würzen. Mangold daneben anrichten, ebenso die Tomaten samt Sud.
Kulinarische Impressionen aus Garda Trentino
https://vimeo.com/278622466