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Angst vor Schadstoffen

Papierfabrik plant größeres Heizkraftwerk

Die Palm-Gruppe plant das Heizkraftwerk ihres Wörther Standortes zu vergrößern. Umweltschützer warnen vor schädlichen Emissionen durch die Verbrennungen. Sie fürchten, dass auch Müll von anderen Standorten der Palm-Gruppe nach Wörth gebracht und dort verbrannt werden soll.

Am Standort in Wörth plant die Palm-Gruppe eine Erweiterung ihres Heizkraftwerkes, um mehr Reststoffe aus der Altpapieraufbereitung verbrennen zu können. Der BUND befürchtet, dass auch Abfälle aus anderen Werken verbrannt werden sollen.
Am Standort in Wörth plant die Palm-Gruppe eine Erweiterung ihres Heizkraftwerkes, um mehr Reststoffe aus der Altpapieraufbereitung verbrennen zu können. Der BUND befürchtet, dass auch Abfälle aus anderen Werken verbrannt werden sollen. Foto: pr
Entlang des Rheins bei Maxau auf Karlsruher Seite und Maximiliansau auf linksrheinischer Seite stehen mehrere große Feuerungskraftwerke und Emittenten. Das Rheinufer ist Standort bedeutender Industrieanlagen: neben dem Mineralölerzeuger MiRO, und den Kraftwerksblöcken der EnBW, sind dort auch zwei große Papierhersteller ansässig: Stora Enso auf der rechtsrheinischen Seite und die Papierfabrik Palm auf Gemarkung der Stadt Wörth. Das seit 2002 bestehende Werk Palm plant nun eine deutliche Vergrößerung des betriebseigenen Heizkraftwerks.Von Stefan Jehle

Eher unbemerkt von der Öffentlichkeit: bereits Mitte Juni startete eine vierwöchige Auslage der Antragsunterlagen im Rathaus von Wörth – diese wurde am 16. Juli beendet. Ausgelegt waren, neben dem Erweiterungsantrag, weitere Unterlagen gemäß den Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung, und des aktuell gültigen Bundesimmissionsschutzgesetzes. Gegenstand des Antrags sind dabei im Einzelnen: Errichtung und Betrieb eines zweiten Kessels „zur Verbrennung von nichtgefährlichen Abfällen“, die Erweiterung des „Lagers für nichtgefährliche Abfälle mit Brennstoffaufbereitung“ sowie unter mehreren anderen Punkten, auch die Optimierung der Wasseraufbereitung und die Erdgasvorwärmung an einer Gasturbine.

Inbetriebnahme im Oktober 2021

Die Maßnahmen sollen, nach Informationen dieser Zeitung, insbesondere zur Erhöhung der Verbrennungskapazität für Reststoffe (Abfälle der Altpapieraufbereitung) und zur Erhöhung der erzeugten elektrischen Leistung „und des Wirkungsgrades sowie zur weiteren Betriebsoptimierung“ beitragen. Die Inbetriebnahme der geänderten Anlage ist dabei für den Oktober 2021 geplant.

Wir haben es also mit einem mittleren Großraftwerk zu tun

Kritiker aus Kreisen der Umweltverbände befürchten jedoch in erster Linie eine neue großgewerbliche Restmüllverbrennungsanlage. „Wir haben es also mit einem mittleren Großraftwerk zu tun“, sagt Harry Block (Foto: Jehle), Vorstandsmitglied des Bund für Umwelt und Naturschutz“ (BUND) im benachbarten Karlsruhe. Block hat dieser Tage eine umfangreiche Stellungnahme für den Landesverband des BUND in Rheinland-Pfalz erarbeitet, die bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt an der Weinstraße eingereicht wurde. Die Direktion entspricht einem baden-württembergischen Regierungspräsidium.

Müll aus zahlreichen anderen Palm-Werken?

Block, der sich über Jahre hinweg viel Fach-Expertise bei Anhörungsverfahren zu Großkraftwerken erarbeitete, lobt beim Palm-Vorhaben einerseits „die exzellente Umsetzung bei dem geplanten Kraft-Wärme gekoppelten Gaskraftwerk“, obwohl dies natürlich auch mit Emissionen verbunden sein werde. Er befürchtet aber, dass in Wörth künftig die Reststoffmengen der Altpapieraufbereitung auch aus den anderen Werken der Palm-Gruppe entsorgt werden sollen. Palm habe 37 Standorte in ganz Europa (davon zwei weitere in der Pfalz – und fünf in Baden-Württemberg). „Von wie vielen soll nach Wörth welche Menge Restmüll geliefert werden?“, fragt er besorgt.

Bis zu 100 000 Tonnen pro Jahr

Mit der Einsichtnahme in die kürzlich ausgelegten Antragsunterlagen konnte der frühere Karlsruher Stadtrat Block auch feststellen, dass die Palm-Gruppe beabsichtigt, elf Tonnen sogenannter „Spuckstoffe“ pro Stunde – also die wasserunlöslichen festen Störstoffe aus der Altpapieraufbereitung – sowie weitere sechs Tonnen Fasern und Schlämme zu verbrennen. Er rechnet dabei mit der Anlieferung durch täglich bis zu 25 Lkw-Fuhren. Das könnten hochgerechnet, sagt Block, dann so rund 100 000 Tonnen Müll pro Jahr werden, „also das Zweieinhalbfache der Müllmenge der Stadt Karlsruhe“.

Rauchgase sollen nicht gewaschen werden

Bei dem Vorhaben auf dem Palm-Werksgelände handele es sich also um eine „weitere kleine Müllverbrennungsanlage“. Durch die geplanten Änderungen an den Kraftwerksanlagen werde die installierte Feuerungswärmeleistung nach seiner Kenntnis um rund 70 auf 417 Megawatt erhöht – vergleichbar mit dem älteren der beiden Karlsruher Kohlemeiler. Die Palm-Anlage sehe aber, anders als eine moderne Müllverbrennung, keine „dreistufige Wäsche“ zur Entfernung von Chloriden und Fluoriden sowie Schwefeloxiden aus den Rauchgasen vor. Block fehlt in den Antragsunterlagen nicht nur die Gesamtsicht bei Stickoxiden und anderen Schadstoffen in der Region Karlsruhe/Wörth. Die mit dem Vorhaben absehbaren Emissionen würden sich dagegen bei allen Schadstoffen „zu einer für die Region kaum noch zu ertragenden Belastung der Flora und Fauna sowie den Menschen“ weiter aufsummieren, sagt er. Die gelebte Realität sehe bei NOx-Gasen so aus: „NOx ist ein Reizgas und löst Entzündungen der Atemwege aus“.

Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD) teilt auf Anfrage mit, bislang würden keine Einwendungen gegen das Vorhaben vorliegen. Im Vorfeld des Verfahrens zur Umweltverträglichkeitsprüfung habe man sich – unter Beteiligung von Umweltverbänden – für eine Erörterung im September in Neustadt an der Weinstraße entschieden.

Karlsruher Behörden nicht am Verfahren beteiligt

Anders als die Stadt Wörth am Rhein, auf deren Gemarkung die Papierfabrik Palm ihr Betriebsgelände hat, ist die Stadt Karlsruhe nicht an dem Verfahren beteiligt – obwohl deren Grenzen und das MiRO-Gelände nur 500 Meter vom Palm-Werk entfernt liegen.

Auch das Regierungspräsidium Karlsruhe, üblicherweise mit solchen Großverfahren befasst, teilt auf Anfrage mit: „Das Regierungspräsidium Karlsruhe wurde in dem Verfahren nicht beteiligt.“ Auch habe das Regierungspräsidium „weder eine Stellungnahme abgegeben, noch Einwendungen vorgebracht“, sagte eine Sprecherin. Im Übrigen bewerte das Regierungspräsidium auch nicht „die Gesamtschau der fossilen Feuerungsanlagen“ entlang des Rheins als Ländergrenze. Das obliege „der zuständigen Genehmigungsbehörde in Rheinland-Pfalz“, ließ die Behörde weiter wissen.

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