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So gelingt der Vermögensaufbau

Expertin des Deutschen Aktieninstituts: „Aktienanlage ist ein Marathon mit Höhen und Tiefen“

„An der Börse wird man nicht über Nacht zum Millionär“, betont Christine Bortenlänger. Im Interview spricht die Chefin des Deutschen Aktieninstituts darüber, wie langfristiger Vermögensaufbau mit Aktien gelingen kann.

 Christine Bortenlänger, Chefin des Deutschen Aktieninstituts
Christine Bortenlänger, Chefin des Deutschen Aktieninstituts, verweist auf 12,1 Millionen Menschen, die in Deutschland in Aktien, Aktienfonds oder ETFs investiert sind. Foto: Deutsches Aktieninstitut/dpa

Christine Bortenlänger warnt vor Börsenbriefen und Influencern, die mit speziellen Tricks den sicheren Reichtum an der Börse versprechen. „An der Börse wird man nicht über Nacht zum Millionär“, sagt die Geschäftsführende Vorständin des Deutschen Aktieninstituts.

BNN-Redakteur Dirk Neubauer hat mit der Expertin über unseriöse Börsentipps, langfristige Geldanlage und den Grund gesprochen, warum sich die Deutschen seit kurzem wieder aufs Börsenparkett trauen.

Auf Schulhöfen sind Aktienkurse von Tesla, Apple & Co. ein Thema. Finanzvideos sind auf Tiktok teilweise beliebter als Tanzvideos. Junge Erwachsene ordern via Apps von Neobrokern – ist das eine gute Entwicklung?
Bortenlänger

Es ist grundsätzlich eine positive Entwicklung, wenn im Netz und vor Ort mehr über Finanzen, Börse und die Aktienanlage gesprochen wird. Wenn sich eine neugierige Öffentlichkeit intensiver als früher über Börse, Aktien & Co. objektiv informieren will, stärkt das die Aktienkultur in Deutschland. Vorsicht ist allerdings bei Interessenkonflikten geboten, wenn also Informationen von Personen mit Eigeninteresse kommuniziert werden. Bei jedem Angebot gilt es herauszufinden, wer aus welchen Gründen informiert und wer womöglich Provisionen erhält oder besser vergleichsweise unabhängig ist.

Es ist ein großes Verdienst der Technik und der damit erst möglichen Neobroker, dass insbesondere junge Menschen im Jahr 2020 die Börse und die Aktienanlage für sich entdeckt haben. Apps kostengünstiger Broker auf dem Smartphone erleichtern den Einstieg in den Aktienhandel. Junge Menschen werden da abgeholt, wo sie viel Zeit verbringen – auf ihrem Smartphone.

Ist dies nicht auch kritisch zu sehen: Vor dem Platzen der dotcom-Blase gab es auch den Hype, bei dem viele, für die Aktien Neuland waren, meinten, damit rasch vermögend zu werden? Auch Putins Krieg in der Ukraine zeigt, wie empfindlich Börsen reagieren.
Bortenlänger

Ob in Börsenbriefen oder in den sozialen Medien: Wenn damit geworben wird, an der Börse mit speziellen Tricks ganz schnell und ganz sicher ganz reich zu werden, sollte sich der kritische Geist einschalten und unseriöse Angebote sofort hinterfragen.

Laut Umfragen will die überwiegende Mehrheit der über zwölf Millionen Aktiensparerinnen und Aktiensparer langfristig investieren. Wenn 80 Prozent der Anlegerinnen und Anleger bei den Neobrokern in langfristige Sparpläne und ETFs investieren, stimmt das zuversichtlich, dass die jungen Erwachsenen bei ihrer Geldanlage langfristig am Ball bleiben. Sie wissen: An der Börse wird man nicht über Nacht zum Millionär.

Die Nagelprobe ist stets eine Phase sinkender Kurse, wie die von der Ukraine-Krise ausgelöste. Hier heißt es für die Anleger, besonnen zu bleiben. Hektische Verkäufe sind da oft die falsche Lösung. Wer regelmäßig spart, kauft in Baissezeiten günstig zu. Die Aktienanlage ist und bleibt ein Marathon, den man in Höhen und Tiefen durchhalten sollte.

Aktiensparen versus Spekulieren mit Aktien – welche Position hat das Deutsche Aktieninstitut dazu?
Bortenlänger

Hier gälte es zu definieren, was Spekulation ist. Positiv gedacht, spekulieren wir alle auf langfristige Gewinne, wenn wir Geld anlegen. In Aktien, in Immobilien, in Kunst. Wenn unter Spekulation eine Wette verstanden wird, dann sehen wir das in Bezug auf den Vermögensaufbau sehr kritisch. Wetten oder alles auf eine Karte setzen kann bedeuten, dass das Geld ganz weg ist. Nicht nur bei Aktien. Vermögensaufbau heißt, breit gestreut und kontinuierlich sein Geld über viele Jahre zu investieren. So baut man zuverlässig ein Vermögen auf.

Wer mit einem Teil seines Ersparten auf kurzfristige Kursbewegungen setzen möchte, kann das natürlich tun – wenn er sich der Risiken bewusst ist.

Warum ist Aktiensparen mit 12,1 Millionen Menschen, die hierzulande 2021 dabei waren, relativ populär geworden?
Bortenlänger

Das Corona-Jahr 2020 hat den Aktienboom bei Jung und Alt befördert. Geplatzte Urlaube, geschlossene Restaurants und weniger Einkaufsbummel haben dazu geführt, dass den Menschen mehr Zeit und Geld zur Verfügung stand. Diese gewonnene Zeit haben sie auch dafür verwandt, sich mit ihren Finanzen zu beschäftigen und Geld in Aktien oder Fonds anzulegen. Vor allem im März und April 2020 nutzten wahrscheinlich viele die niedrigen Börsenkurse für den Einstieg in den Aktienmarkt. Die starke Kursentwicklung an den Börsen im Jahr 2021 hat zudem viele Aktiensparerinnen und Aktiensparer motiviert, beim Thema Aktienanlage am Ball zu bleiben. Deshalb: Ich freue mich, dass knapp 12,1 Millionen Deutsche 2021 in Aktien, Aktienfonds oder ETFs investiert waren. Das ist der dritthöchste Stand seit Beginn der Erhebung unserer Aktionärszahlen im Jahr 1997.

Wie sinnvoll sind ETFs als Alternative zum Wertpapier-Fondssparen aus Sicht des Deutschen Aktieninstituts?
Bortenlänger

ETFs sind keine Alternative zum Fondssparen, sondern eine Variante. Welche man wählt, kommt sehr auf die individuellen Vorlieben an. Der eine möchte gerne sein Geld einem Fondsmanager anvertrauen, der das Geld aktiv anlegt. Die andere will „den Markt“ kaufen und investiert passiv mit ETFs. Wieder ein anderer investiert in verschiedene Einzelaktien, weil er sich gerne mit der Geldanlage im Detail auseinandersetzt. Es gibt auch gute Gründe, die Anlagephilosophien im Depot zu kombinieren. Daher: Aus meiner Sicht ist das keine Entweder-oder-Frage. Fonds und ETFs eignen sich sehr gut für den langfristigen Vermögensaufbau – insbesondere, weil man mit einem monatlichen Sparplan in diese Instrumente schon mit kleinen Beträgen breit gestreut anlegen kann. Das zeigen auch unsere Aktionärszahlen: Sparen mit aktienbasierten Fonds ist die beliebteste Form der Aktienanlage in Deutschland.

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