Von unserer Mitarbeiterin Patricia Klatt Seit März gibt es im Regierungspräsidium Karlsruhe die Stabsstelle PFC – die zentrale Anlaufstelle für alle Fragen rund um den PFC-Skandal in Mittelbaden. Ansprechpartner sind die Leitende Regierungsdirektorin Annette Löffelholz-Würz und Regierungsrat Thomas Röber. Die BNN wollten wissen, welche Aufgaben die Stabsstelle in den ersten fünf Monaten zu bewältigen hatte und wie die allgemeine Resonanz bislang ist.
Mit welchen Erwartungen oder vielleicht ja auch Befürchtungen haben Sie die Stabsstelle übernommen?
Löffelholz-Würz: Wir sind unvoreingenommen und offen an die neue Aufgabe herangegangen. Uns war bewusst, dass die PFC-Problematik eine große Herausforderung für die Region darstellt, für die es leider keine einfachen Lösungen gibt.
Hatten Sie vorher schon mit dem Thema PFC in Mittelbaden zu tun oder mussten Sie sich neu einarbeiten?
Löffelholz-Würz: Ich leite neben der Stabsstelle PFC das Referat Industrie, Schwerpunkt Luftreinhaltung, und kannte daher die Thematik in der Abteilung Umwelt. Für Herrn Röber ist es die erste Stelle in der Verwaltung, so dass er zuvor nicht mit dem Thema befasst war. Eine Einarbeitung in die vielfältigen Facetten des Themas war natürlich notwendig.
Wie fand diese Einarbeitung statt?
Röber: Im Dialog mit den zuständigen Behörden sind uns die Kernpunkte der Problematik sehr schnell bewusst geworden. Durch regelmäßig stattfindende Besprechungen auf allen Ebenen, also sowohl mit den unteren Verwaltungsbehörden als auch mit den Ministerien, konnten wir uns schnell in die Materie einarbeiten. Zudem waren wir zu Beginn viel unterwegs und haben vor Ort zahlreiche Gespräche geführt. Fortbildungsveranstaltungen liefern zusätzliche Sachkunde und fachliches Wissen, sodass wir – wenn es sich anbietet – natürlich auch daran teilnehmen. Als Stabsstelle sind wir jedoch nicht für die fachliche Bearbeitung der PFC-Problematik zuständig. Hierfür gibt es die Experten in den Fachreferaten. Die fachliche Arbeit bleibt weiterhin bei den zuständigen Stellen. Eine Einarbeitung in die Materie in allen Bereichen – Boden, Grundwasser, Landwirtschaft, Entsorgung, Gesundheit, Trinkwasser und vieles mehr – könnten wir auch niemals in der Tiefe leisten, wie dies die jeweiligen Fachleute in ihrem Bereich können.
Die Stabsstelle PFC hat insbesondere die Aufgabe, die fachliche Bearbeitung im Regierungspräsidium zu koordinieren.
Wodurch unterscheidet sich die Stabsstelle von einer „normalen“ Pressestelle?
Löffelholz-Würz: Die Stabsstelle PFC hat insbesondere die Aufgabe, die fachliche Bearbeitung im Regierungspräsidium zu koordinieren. Allein im Regierungspräsidium Karlsruhe sind drei Abteilungen mit jeweils mehreren Referaten mit der Thematik befasst. Durch regelmäßige Treffen stellen wir den reibungslosen Informationsaustausch zwischen den Referaten, aber auch mit den betroffenen unteren Verwaltungsbehörden und Ministerien sicher. Als Stabsstelle sind wir zudem direkt der Regierungspräsidentin unterstellt und berichten ihr in gemeinsamen Treffen regelmäßig über das aktuelle Geschehen. Ferner sind wir auch zentraler Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger. Gerade aufgrund der Vielzahl der beteiligten Behörden ist es aus unserer Sicht wichtig, sich bei den verschiedensten Fragen an eine einheitliche Stelle wenden zu können. Zwar können wir nicht auf alle Fragen ad hoc eine Antwort geben, jedoch können wir entweder die Antwort einholen oder aber quasi wie ein Lotse an die zuständige Stelle verweisen. Zudem beantworten wir Presseanfragen zum Thema PFC.
Sie haben eine Homepage erstellt...
Löffelholz-Würz: Die Homepage zum Thema PFC haben wir im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit erstellt. Sie wird derzeit weiter ausgebaut und um weitere Themen ergänzt. Unser Ziel ist es, auf der Homepage alle relevanten und aktuellen Aspekte der PFC-Problematik zu erfassen und zu verlinken, um so ein zentrales Informationsportal zu schaffen.
Wer entscheidet, welche Punkte auf der Homepage der Stabsstelle hochgeladen werden?
Röber: Die Konzeption der Homepage wurde durch uns bei der Stabsstelle erarbeitet. Die inhaltlichen Beiträge zu den teils komplexen Fragestellungen werden dann durch die jeweiligen Fachreferate nach jeweiliger Arbeitskapazität zusammen mit uns ausgearbeitet.
PFC-Skandal
Im Sommer vor vier Jahren wurde bei der Überprüfung eines Trinkwasserbrunnens im Landkreis Rastatt eine Belastung mit poly- und perfluorierten Chemikalien (PFC) festgestellt. Dabei handelt es sich um Fluor-Kohlenstoffverbindungen, von denen einige im Verdacht stehen, krebserregend zu sein.
Nach Angaben der Stabsstelle PFC wurden bei Nachforschungen im Landkreis Rastatt, im Stadtkreis Baden-Baden und in Mannheim weitere verunreinigte, landwirtschaftlich genutzte Böden und verschmutztes Grundwasser entdeckt
.„Für die überwiegende Mehrzahl der belasteten Flächen liegen konkrete Erkenntnisse vor, dass mit Papierschlämmen versetzter Kompost aufgebracht wurde“, schreibt die Stabsstelle im Internet.
Im Januar dieses Jahres gab die Staatsanwaltschaft Baden-Baden bekannt, dass sie keine Anklage gegen den mutmaßlichen Verursacher der Verunreinigungen im Raum Baden-Baden, Rastatt sowie Bühl erhebe. Dabei soll es sich um den Betreiber eines Kompostbetriebes im Bühler Stadtteil Vimbuch handeln.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte damals gemeinsam mit dem Landratsamt Rastatt und der Stadt Baden-Baden erklärt: „Die Behörden können die strafrechtliche Bewertung der Staatsanwaltschaft Baden-Baden zwar nicht nachvollziehen, müssen diese aber akzeptieren.“
Fluor-Kohlenstoffverbindungen sind sehr stabil und werden in der Umwelt nicht abgebaut, sondern verteilt, wodurch sie für sehr lange Zeit die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden. Seit mehr als 50 Jahren werden jährlich Tausende Tonnen dieser Chemikalien produziert.
Mittlerweile lassen sich PFC weltweit im Blut der Bevölkerung nachweisen. Zu unterscheiden ist zwischen langkettigen und kurzkettigen PFC. Aufgrund ihrer nachgewiesenen Gefährlichkeit sind einige der langkettigen Verbindungen streng reglementiert beziehungsweise bereits verboten.
Wie viele Presse-Anfragen haben Sie durchschnittlich pro Woche? Und wie viele Bürger nehmen ihre Dienste in Anspruch?
Röber: Die Anzahl der Presseanfragen pro Woche schwankt ebenso wie die Anzahl der Anfragen von Bürgern. Seit Einrichtung der Stabsstelle hatten wir über 40 Einzelanfragen sowie rund 30 Presseanfragen.
Gibt es ein „Fragen-Ranking“, also Probleme, die immer wieder angesprochen werden?
Röber: Die Fragen betreffen häufig die Sicherheit des Trinkwassers und die Belastung einzelner Grundstücke sowie die Belastung von Bewässerungsbrunnen zur privaten Gartenbewässerung. Gefragt wurde aber auch schlicht nach der Bedeutung der Buchstaben „PFC“ oder in einem Fall, ob der Swimmingpool mit möglicherweise belastetem Grundwasser gefüllt werden könne.
Wie lautet Ihr persönliches Resümee der ersten fünf Monate? Was ist gut gelaufen, was nicht so optimal?
Röber: Die Bearbeitung der PFC-Belastung ist komplex und es wird wohl keine einfachen und schnellen Lösungen geben. Gleichwohl sehen wir keine aktuelle Gefährdung für die Bevölkerung. Wir haben deshalb auch in dieser Saison beispielsweise Erdbeeren und Spargel aus der Region gekauft und gegessen. Die Verbesserung des Informationsflusses, nicht zuletzt durch die Homepage, sehen wir als positiv an.
Unbefriedigend ist die Tatsache, dass, Stand heute, keine Maßnahmen bekannt sind, mit denen die PFC flächendeckend aus den Böden und dem Grundwasser entfernt werden können.
Was finden Sie persönlich besonders gravierend im PFC-Skandal, und was würden Sie sich bei der Sanierung, Bearbeitung, Verwaltung wünschen?
Löffelholz-Würz: Unbefriedigend ist die Tatsache, dass, Stand heute, keine Maßnahmen bekannt sind, mit denen die PFC flächendeckend aus den Böden und dem Grundwasser entfernt werden können. Daher beziehen sich die umgesetzten Maßnahmen in erster Linie auf den Schutz der Bevölkerung und der Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir hoffen, dass die auf vielen Ebenen umfangreich eingeleiteten Forschungsvorhaben in den nächsten Jahren Früchte tragen und wir aus diesen weitere Erkenntnisse zum Umgang mit der PFC-Belastung gewinnen können.
Zum Abschluss noch eine Frage an die Regierungspräsidentin Nicolette Kressl: Wie sehen Sie die Arbeit Ihrer Stabsstelle nach den ersten Monaten, und was würden Sie sich vielleicht doch noch als Unterstützung vom Ministerium für Ländlichen Raum oder vom Umweltministerium wünschen?
Kressl: Das Regierungspräsidium ist schon seit Bekanntwerden der PFC-Problematik koordinierend tätig. Mit der Stabsstelle haben wir unser Engagement in Sachen PFC nach innen und außen hin sichtbar gemacht. Damit ist die Stabsstelle eine wichtige Anlaufstelle nicht nur für die unteren Verwaltungsbehörden, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger und Medienvertreter geworden. Gleichzeitig leistet die Stabsstelle einen wichtigen Beitrag für eine noch größere Transparenz in allen Fragen rund um PFC. Es gibt einen regelmäßigen Austausch zwischen dem Regierungspräsidium und den Ministerien. Dies ist wichtig, um den Informationsfluss sicher zu stellen – aber auch, weil wichtige und grundsätzliche Entscheidungen über das weitere Vorgehen in den Ministerien entschieden werden müssen.