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„Die Rechte“ im Europawahlkampf

Buch lobt den Umgang der Gemeinde Pfinztal mit israelfeindlichen Wahlplakaten

Pfinztal legte sich bei der Europawahl mit der Partei „Die Rechte“ an. Die Gemeinde entfernte israelfeindliche Plakate und blieb trotz Druck der Partei standhaft. In einem Buch wird Pfinztal nun als Beispiel für Zivilcourage gelobt.

Der europäische Gedanke im Zentrum: Schon mit dem Namen Europaplatz in Berghausen will Pfinztal seine Weltoffenheit ausdrücken. Antisemitismus stellt sich die Gemeinde aktiv entgegen, wie im Jahr 2019 vor der Europawahl
Der europäische Gedanke im Zentrum: Schon mit dem Namen Europaplatz in Berghausen will Pfinztal seine Weltoffenheit ausdrücken. Antisemitismus stellt sich die Gemeinde aktiv entgegen, wie im Jahr 2019 vor der Europawahl Foto: Klaus Müller

Es wird nicht gegeizt an Lob: Das kürzlich erschienene Buch „Rechte Richter“, verfasst von Journalist und Jurist Joachim Wagner, hält nicht zurück mit Komplimenten, wenn es um die Gemeinde Pfinztal geht.

Wagner schildert in dem Werk aus dem Berliner Wissenschaftsverlag, wie sehr der Rechtsstaat durch das Wirken von Richtern mit rechter Gesinnung gefährdet werden kann. Auch in Pfinztal lieferten sich die Partei „Die Rechte“ und die Gemeindeverwaltung ein Duell, bei dem die Kommune die Oberhand behielt. Aber schön der Reihe nach.

Im Mai 2019, knapp zwei Wochen vor der Europawahl, hingen die Plakate von „Die Rechte“ an einigen Laternenmasten in Pfinztal-Söllingen. Ein paar davon auch in der Straße zwischen der evangelischen Kirche und dem Pfarramt. Am Mittag schon sei Gudrun Gantert, die Frau von Pfarrer Norbert Gantert, im nahegelegenen Rathaus gewesen, erinnert sich Frank Hörter. Hörter ist in Abwesenheit von Bürgermeisterin Nicola Bodner (parteilos) ihr Stellvertreter, so auch in jener Woche.

„Nicht nur Gudrun Gantert hatte das bemerkt, auch anderen Bürgern in Söllingen sind die Plakate negativ aufgefallen“, so Hörter. Die mit einem israelfeindlichen Spruch und Signalfarben um Aufmerksamkeit heischenden Banner wurden von einem Angestellten des kommunalen Bauhofs recht schnell wieder abgehängt.

„Wir haben in der Gemeinde eine Geschwister-Scholl-Schule und das Ludwig-Marum-Gymnasium“, sagt Hörter. Die Plakate verbreiteten Angst und bedrohten direkt jüdisches Leben, erklärte Hörter gegenüber dem Autor Joachim Wagner.

Die Rechte übte nach dem Abhängen Druck auf die Gemeinde aus

Die Reaktion der Partei ließ nach dem Abhängen nicht lange auf sich warten. Nachdem die BNN am 22. Mai von dem Abhängen der Plakate berichteten, lagen zwischen dem Trocknen der Druckfarbe und der Ankunft der Mail des damaligen Parteivorsitzenden Sascha Krolzig nur wenige Stunden. Der Dortmunder übte in dem Schreiben Druck auf die Gemeinde auf und verlangte das sofortige Wiederaufhängen der Plakate.

Geschehe dies nicht bis 18 Uhr des 22. Mai, werde man 200 weitere Plakate noch in der selbigen Nacht aufhängen, so die Ankündigung. Immerhin habe die Partei eine Genehmigung für das Aufhängen der Plakate bei der Gemeinde beantragt und erhalten, so die Begründung. In Pfinztal gab man dem Druck nicht nach. Die Plakate wurden nicht wieder aufgehängt.

Damit nahm die Geschichte 2019 aber noch kein Ende, wie das Buch weiter ausführt. In der Nacht auf den 24. Mai hingen dann rund 30 Plakate mit gleichem Aufdruck rund um das Rathaus Pfinztal. Etwa doppelt so viele wie noch in den Tagen zuvor.

„Wir haben die Plakate dann ein zweites Mal abgehängt. Nach dem Polizeigesetz war das Abhängen im Sinn der Gefahrenabwehr notwendig“, so Hörter gegenüber dieser Zeitung. Außerdem stellte Hörter eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wegen Volksverhetzung.

Franz Hörter ist von der Staatsanwaltschaft enttäuscht

Über die Reaktion der Karlsruher Behörde ist der Vorsitzende der CDU im Gemeinderat Pfinztal immer noch enttäuscht: „Nichts ist daraus geworden. Von dem Vorgang habe ich nie wieder etwas gehört.“ Auf der Gegenseite führten auch die beiden von den Rechten eingereichten Dienstaufsichtsbeschwerden gegen ihn und den Angestellten des Pfinztaler Bauhofs, der die Plakate abgehängt hatte, ins Leere. Beide Verfahren wurden eingestellt.

Bürgermeisterin Nicola Bodner würde heute ähnlich handeln, betont aber auch, dass es Fingerspitzengefühl brauche. „Das Aufhängen ist rechtlich eigentlich zulässig.“ Bodner erachtet es als sinnvoll, wenn es standardisierte Vorgaben gäbe, die Inhalte von Wahlplakaten definierten und das Vorgehen bei Verstoß regelten.

Am 26. Mai war dann schließlich auch Europawahl. Die Partei die Rechte erlangte dabei in Pfinztal 0,1 Prozent. Das waren neun Stimmen – pro Stimmkreuz etwa drei Plakate.

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