
Woher kommt das Wasser, das auf Höhe der Hansabrücke in Berghausen in die Pfinz geleitet wird? Aus den umliegenden Höfen, sagt Peter Oberle. Kann nicht sein, heißt es bei der Gemeinde.
Oberle, Dozent am Institut für Wasser und Gewässerentwicklung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), wohnt in Berghausen. Ihm und weiteren Bürgern ist schon vor Jahren das Rohr aufgefallen, aus dem in unregelmäßigen Abständen Wasser in die Pfinz fließt.
Sein Verdacht: Es stammt von Höfen aus der Nachbarschaft. Oberle befürchtet, dass so auch Chemikalien ihren Weg in das Gewässer finden.
KIT-Experte macht Farbtests an der Pfinz in Berghausen
Einmal beobachtete er eine farbige Substanz, die aus dem Rohr kam. Oberle stellte Untersuchungen an. Und tatsächlich: Auf einem Grundstück in der Schlossbergstraße befanden sich Eimer mit Farbresten.
„Ich wollte herausfinden, ob es wirklich so ist“, sagt der promovierte Wasserexperte. Er bittet Anwohner zum sogenannten „Tracerversuch“. Nach eigenen Angaben schüttet er Wasser, das mit einer naturverträglichen Farbmarkierung gemischt ist, in einen Hofgulli.
Die Anwohner müssen unbedingt informiert werden.Peter Oberle
Gewässerexperte am KIT
Und tatsächlich: Wenige Minuten später, erzählt Oberle, fließt die farbige Flüssigkeit aus dem verdächtigen Rohr in die Pfinz. „Es ist eindeutig“, sagt Oberle, „das Wasser aus den umliegenden Höfen wird in die Pfinz geleitet.“
Auf diesem Weg könnten auch Motoröl, Farbreste oder Putzmittel in den Fluss gelangen. „Die Anwohner müssen unbedingt darüber informiert werden“, sagt Oberle. Denn die meisten Bewohner in den umliegenden Straßen wüssten nichts von der Leitung in den Fluss.

„Sie denken, das Wasser fließt in die Kläranlage“, so Oberle. In diesem Glauben schütteten einige Anwohner auch übrig geblieben Farbe oder andere flüssige Substanzen in ihre Gullis. Schadstoffe, die dort eigentlich nicht hingehören.
Seit nunmehr sieben Jahren befasst sich Oberle mit dem Thema. An den Behörden beißt er sich allerdings die Zähne aus. Das Karlsruher Regierungspräsidium, erklärt er, habe sich nicht zuständig gefühlt und an die Gemeinde Pfinztal verwiesen.
Verunreinigtes Abwasser aus den umliegenden Höfen fließt in die Pfinz
Dort habe man abgestritten, dass Wasser aus den Höfen – und vermutlich auch Straßengullis – in die Pfinz geleitet wird. „Aber es ist eindeutig so“, sagt Oberle, „wir haben den Beweis erbracht.“
In der Gemeinde gebe es, wie vielerorts üblich, ein Trennsystem, erklärt er. Das heißt: Das häusliche Abwasser fließt in der Regel in die Kläranlage, das Regenwasser über eine separate Leitung in die Pfinz.
Daran sei grundsätzlich nichts auszusetzen, räumt Oberle ein. Aber: Man müsse die Anwohner dafür sensibilisieren, keine schädlichen Flüssigkeiten in ihren Höfen auszuleeren oder zurückzulassen.

„Bei der Planung der Leitungen ist man davon ausgegangen, dass Regenwasser grundsätzlich sauber ist“, sagt Stephan Fuchs, ebenfalls Mitarbeiter am Institut für Wasser- und Gewässerentwicklung. Aber das sei eben nicht immer der Fall.
Fuchs nennt ein Beispiel: „Es kann passieren, dass sich in einem Hof Rückstände von einem Ölwechsel finden, die mit dem Regen in die Leitungen gespült werden.“ Und dann durch die Leitung in die Pfinz.
Dabei handele es sich um kein Pfinztaler Phänomen, betont Fuchs: „Das Problem gibt es in vielen Städten.“ Dass giftige Substanzen in die Gewässer gelangen, lasse sich aber verhindern, indem man die Bürger darüber informiere.
Genau das, kritisiert Oberle, passiere in Pfinztal eben nicht. Er habe die Gemeinde mehrfach darum gebeten, die Anwohner darauf aufmerksam zu machen. Bislang sei nichts geschehen.
Fehleinleitung kann Auswirkungen auf die Tierwelt haben
Auch Eric Büsching, Vorstandsmitglied beim Angelverein „Forelle“ in Pfinztal, kennt das Problem. Er wohnt direkt an der Pfinz und wirft unterhalb der Hansabrücke regelmäßig seine Angel aus.
Dass aus dem Rohr Flüssigkeit in den Fluss gelangt, ist laut eigener Aussage schon mehrfach aufgefallen – und eben nicht nur Wasser. „Da war auch schon weißer Schaum dabei“, berichtet Büsching.
Durch Fehleinleitungen kann es zu Fischsterben kommen.Stephan Fuchs
Gewässerexperte am KIT
Bislang seien ihm keine Auswirkungen auf das Ökosystem in der Pfinz bekannt. Laut Büsching leben dort unter anderem Forellen, Elritzen und vereinzelte Karpfen. Aber: Eine Gefahr für Flora und Fauna kann nicht ausgeschlossen werden.
„Durch Fehleinleitungen kann es zu Fisch-Sterben kommen“, sagt Stephan Fuchs. Ein Szenario, das Oberle und Büsching unbedingt verhindern wollen. Die Gemeinde habe die Existenz einer Leitung in die Pfinz bestritten, sagt Oberle.
Für ihn bleiben nur zwei Möglichkeiten: „Entweder sie ist tatsächlich nicht bekannt. Oder dort wird Wasser von der Abwasserleitung abgeführt, wenn sie verstopft ist.“ So oder so: Es gelangt offenbar in die Pfinz.
Unklar ist, ob die Gemeinde bauliche Veränderungen plant oder die Anwohner informieren will. Auf mehrfache Anfrage dieser Redaktion reagierte die Verwaltung nach Ablauf einer Woche nicht.