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Technisch wäre jetzt schon viel möglich

Fraunhofer-Institut in Berghausen forscht an der Speicherung von Energie

Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie Pfinztal arbeitet an dem Problem, dass Erneuerbare Energien nicht immer verfügbar sind.

Auf dem Hummelberg bei Berghausen forscht ICT-Mitarbeiter Peter Fischer an der Speicherung von regenerativen Energien, generiert durch Wind und Sonne.
Auf dem Hummelberg bei Berghausen forscht ICT-Mitarbeiter Peter Fischer an der Speicherung von regenerativen Energien. Foto: Klaus Müller

Mitunter kopfschüttelnd und immer mal wieder staunend darüber, was in politischen Talkrunden so alles über die Energiewende kundgetan wird, reagieren Wissenschaftler im Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) Berghausen.

Vom Hummelberg aus, eben vom ICT-Standort, hat man nicht nur einen guten Überblick über die Landschaft. Von dort aus wird vor allem praxisnahe Forschung zum Themenkomplex ganzheitliche Energieprojekte betrieben. Und das im wahrsten Sinne des Wortes exponiert. Dafür steht nicht zuletzt das weithin sichtbare Windrad auf dem Campus.

Arbeit an der Energiewende

Ein wichtiger Part der Forschung bezieht sich auf die praktische Anwendung von Stundenspeichern, in denen (Strom-)Energie gespeichert werden kann. „Ohne den Ausbau von Stunden- und Langzeitspeichern für erneuerbare Energien wie Wind- oder Solarenergie wird die Energiewende nicht funktionieren.“

Zu dieser Einschätzung kam Peter Fischer, am ICT Berghausen Experte für angewandte Elektrochemie, bereits vor zwei Jahren im Gespräch mit dieser Redaktion. Damals waren noch Kernkraftwerke am Netz. Die sind inzwischen abgeschaltet.

„Wenn jetzt noch früher oder später Kohle- und Gaskraftwerke vom Netz gehen, werden wir merken, dass wir ohne Speichertechnologie in gewaltige Schwierigkeiten kommen“, prognostiziert Fischer. Wind und Sonne seien in diesen Breitengraden, auch abhängig von den Jahreszeiten, nun mal keine stetigen Energiequellen.

Zehn Stunden Speicherkapazität reichen

Im Regelfall würden schon Speicher ausreichen mit einer zeitlichen Kapazität von etwa zehn Stunden. An solchen Speichern, dazu gehören Redox-Flow-Großbatteriespeicher, wird am ICT geforscht.

Es gehe um Funktionalität, um Robustheit, um einfache Systeme, um Kosten – darum, das Wechselspiel unterschiedlicher Komponenten zu optimieren, erläutert Fischer die Forschungsvorgaben. Kurzum: „Einen kostengünstigen Speicher zu entwickeln, der Schwankungen bei der Erzeugung von Wind- und Sonnenenergie über einige Stunden ausgleichen soll“, fasst ICT-Pressesprecher Stefan Tröster die Vorgaben zusammen.

Die Politik muss es aber wollen. Und sie muss es mit den Bürgern kommunizieren – muss die Bürger mitnehmen.
Stefan Tröster, ICT-Pressesprecher

Allerdings, und das ist derzeit noch der Haken dabei, verdienen die Energieerzeuger durch Stunden- oder Langzeitspeicher am Netz zu wenig. „Das liegt am Design des Strommarkts“, meint Fischer. Mit Energiespeicherung über längere Zeiträume ließe sich kaum Geld verdienen. Hintergrund: Strom wird nach der Liberalisierung des Strommarkts an einer Strombörse gehandelt. Und wie volatil (schwankend) Märkte sein können, hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt.

„In den USA wird anders verfahren“, so Fischer. „Dort funktioniert das über langfristige Ausschreibungen. Der Vorteil: Energiekosten sind über einen längeren Zeitraum planbar.“ Um extremen Marktschwankungen entgegenzuwirken, setzte man dort auf Stromspeicher. „Die verkaufen sich in den USA wie geschnitten Brot.“

Probleme bei der Kommunikation

In Deutschland und Europa sei man davon meilenweit entfernt, befinden Fischer und Tröster. Technisch, das gelte auch für Langzeitspeicher, wäre jetzt schon viel möglich. „Die Politik muss es aber wollen. Und sie muss es mit den Bürgern kommunizieren – muss die Bürger mitnehmen.“

Gerade mit Blick auf die Kommunikation sehen die beiden noch viel Luft nach oben. Beispiel regenerative Energie: „Deren Erzeugung ist doch jetzt schon günstiger als die Energieerzeugung durch Erdgas, Kohle oder Atomkraft“, sagt Fischer. „Das muss man den Menschen vermitteln.“

Studie listet Energiepreise auf

Nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISE) aus dem Jahr 2021, die dem Bundestag vorliegt, sind von folgenden Kosten für die Stromerzeugung in Großkraftwerken auszugehen, jeweils in Cent pro Kilowattstunde: Wind vier bis acht Cent; Photovoltaik zwei bis sechs Cent; Erdgas acht bis 13 Cent; Braunkohle zehn bis 15 Cent; Atomkraft 14 bis 19 Cent. Bedingt durch die Unstetigkeit der erneuerbaren Energien – sie sind noch immer nicht in dem Maße verfügbar, wie es für ein konstantes Stromnetz benötigt wird – führt das bislang zu dann doch höheren Stromkosten der Erneuerbaren. Diese Kosten, so Fischer weiter, könnten durch kostengünstige Langzeitspeicher massiv gesenkt werden.

Bliebe jedoch alles wie bisher, würde man festgelegte Ziele weiterhin aufweichen, wie es so manche Partei fordere, würden die Verbraucher schnell merken, wie schnell vieles noch teurer werde. Davon jedenfalls sind Tröster und Fischer fest überzeugt.

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