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Große gelbe Brummer

Hornissenexperte aus Pfinztal: Die unter Schutz stehenden Insekten werden immer weniger

Manche haben Angst vor den großen Insekten. In Pfinztal arbeitet einer von zehn Hornissenbeauftragten im Landkreis. Er siedelt die Völker um – es werden aber immer weniger.

Hornisse Thomas Heiduck Insekt Natur Söllingen
Unter Beobachtung: Thomas Heiduck siedelt Hornissenvölker um. Der ehemalige Polizist macht die Arbeit für den Landkreis schon seit 1991. Das Insekt auf dem Bild lebt nicht mehr. Es war eines der Tiere, die Heiduck bei einem Einsatz in Söllingen 2021 umgesiedelt hat. Foto: Holger Keller

Ein ganz tiefes Brummen. So erinnert sich Sibylle Becker aus Pfinztal an das Geräusch, das sie im Spätsommer 2021 immer wieder gehört hat. „Hornissen klingen anders als Wespen oder Bienen“, so Becker. In der Wohnung ihres Sohnes in Söllingen hatten sich die Insekten damals in den Rollladenkasten eingenistet.

Als die schwarz-gelben Brummer nicht wieder, wie erhofft, verschwanden, holte sich Sibylle Becker professionelle Hilfe. So einfach kann man sich ihrer nämlich nicht entledigen – sie stehen unter Artenschutz. Wenn die großen Fluginsekten zu nah an menschliche Behausungen rücken, ist Thomas Heiduck gefragt.

Der ehemalige Polizist arbeitet für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und hat reichlich Erfahrung mit Hornissen. Zum Gespräch kommt er mit passender Schirmmütze. „I love Hornissen“ steht auf der Kappe – gänzlich unironisch. Mit dabei hat er auch den Hornissenkasten, den er im vergangenen Jahr bei Familie Becker in Söllingen im Einsatz hatte.

Volk wird in einem speziellen Hornissenkasten an einen neuen Platz gebracht

Der Bau der Insekten hängt in der Mitte der aufgeklappten Holzkonstruktion. Dort hatte sich die Königin nach der Umsiedlung aus dem Rollladenkasten ein neue Nest eingerichtet. „Ich fange die Königin vorsichtig mit speziellen Fangklammern. Von dort kommen sie in dicke Spritzenhülsen, die in dafür vorgesehene Löcher des Hornissenkastens eingeführt werden“, erklärt Heiduck.

Diese Löcher werden zunächst verschlossen, damit sich die Insekten an ihr neues Heim gewöhnen und der Hornissenkasten an einen neuen Ort gebracht werden kann. Wenn ein Hornissenvolk zu groß ist, kommt statt der Fangklammern auch schon mal ein modifizierter Staubsauger zum Einsatz.

Hornissen Kasten Hornissenstpck Thomas Heiduck
Ein Zuhause für die Königin: In solche Hornissenkästen werden die Tiere von Thomas Heiduck umgesiedelt. Sobald die Königin eingefangen und im Kasten ist, kommt auch der Rest des Volkes nach. Dann wird am neuen Stock gebaut. Foto: Holger Keller

„So ein Volk der Deutschen Hornisse kann von 200 bis 700 Tieren reichen“, erklärt Heiduck. Mittlerweile komme hin und wieder auch die Asiatische Hornisse vor. „Sie ist größer, sie ist aggressiver und das Volk kann bis zu 2.000 Insekten umfassen“, so Heiduck. Und dennoch, die Hornisse ist in Gefahr.

Die Gesamtzahl der Einsätze habe sich in Pfinztal reduziert. „Aktuell habe ich vielleicht zehn Einsätze in einem Sommer. Als ich damit angefangen habe, in den 1990ern, hätte ich an einem Tag manchmal mehrere Einsätze fahren können“, so Heiduck.

Weniger Hornissen bedeuten weniger Einsätze für den vom Landkreis Karlsruhe eingesetzten Experten, der sich 1991 über einen Lehrgang die offizielle Erlaubnis zur Umsiedelung der Insekten holte. Warum nimmt die Zahl ab? Heiduck kennt die Antwort: „Es gibt immer weniger Beuteinsekten, die sie jagen können.“

Gleichzeitig würden die Lebensräume für die Tiere schwinden. „Hohle Baumstämme oder alte Dachshöhlen gibt es auch weniger. Sie werden weggeschafft oder zugeschüttet. Damit suchen sich die Hornissen dann manchmal auch Refugien in der Nähe des Menschen.“ Nun seien die Brummer mit ihren bis zu 25 Millimeter langen Körpern zwar beeindruckend, aber in der europäischen Version friedfertig.

Das Gift sei nicht gefährlicher als das der Wespe. Keine Gefahr also für Nicht-Allergiker. Es seien Fabeln, dass drei Stiche einen Menschen töten könnten und sechs ein Pferd. Er sei schon einige Dutzend Male gestochen worden. Der Hornissenfan wirbt um Verständnis für das große Insekt. „Hornissen sind Teil der Fresskette. Und zwar ziemlich weit oben.

Sie fangen sie, beißen Kopf, Hinterleib und dann die Beinchen ab.
Thomas Heiduck, über die Wespenjagd der Hornissen

Sie haben kaum natürliche Feinde, auch Vögel schrecken wegen der Signalfärbung zurück“, sagt Heiduck. Die Hornissen selbst fressen die zum Teil lästigen Wespen. „Sie fangen sie, beißen Kopf, Hinterleib und dann die Beinchen ab. Was übrig bleibt, ist das Eiweiß der Flugmuskulatur, das an die Hornissenlarven verfüttert wird.“

Was man tun könne, um die Ansiedlung im Rollladenkasten oder sonst irgendwo im Haus unwahrscheinlich zu machen? „Hängen Sie Vogelhäuschen im Garten auf. Das wird manchmal von den Hornissenköniginnen angenommen“, sagt Heiduck. Sibylle Becker aus Söllingen verzichtet aber darauf lieber.

Die Tiere mögen zwar nützlich sein, ganz geheuer ist ihr die Anwesenheit der lauten Brummer dennoch nicht – auch nicht in einem abseitigen Vogelhäuschen.

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