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Besitzer wollen zurück nach Bayern

Altes Wössinger Rathaus braucht einen neuen Besitzer

Es gibt nur ein Gebäude, das die Wössinger Geschichte so repräsentiert wie das alte Rathaus. Die derzeitigen Besitzer Monika und Gerd Tittlbach wollen das Haus nach 43 Jahren verkaufen und in ihre bayrische Heimat zurückkehren.

Monika und Gerd Tittlbach vor dem alten Rathauses
Monika und Gerd Tittlbach vor dem alten Rathauses Foto: Arnd Waidelich

Das Gebäude selbst hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, die mit dem Baudatum 1746 weit ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Bald wird ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Doch wie kam das Ehepaar zu dem Haus?

Als der Arbeitsplatz von Gerd Tittlbach an der Zentralstelle für Luft- und Raumfahrt-Dokumentation und -Information ins Karlsruher KIT verlegt wurde, hat man einen neuen Wohnsitz gesucht. Bei der Suche bedienten sie sich des Immobilienteils der BNN, den sie in München abonniert hatten. Sie wurden in Wössingen fündig. „Aus dem Reihenhaus ins Rathaus“, titelte später die BNN.

„Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt heute noch Monika Tittlbach, die als Vorhut vor ihrem Mann den ersten Fuß in das Haus gesetzt hatte. Ein erster Kontakt im neuen Rathaus endete mit einem spontanen Besuch zusammen mit dem damaligen Ratsschreiber Rudi Hamm. Schon der erste Anblick habe bei ihr etwas zum Klingen gebracht, erinnert sich Monika Tittlbach. Das bestätigte ihr Mann Gerd, als der abends von einem beruflichen Termin in Frankfurt zur Besichtigung des Objektes nach Wössingen eilte.

Abrisshaus in Heimatperle verwandelt

Schnell war man sich mit der Gemeinde handelseinig. Im Mai wurde 1977 der Kaufvertrag gemacht. Schon im Juli begannen sie mit der umfangreichen Sanierung. Damals noch in München wohnend wurde das wegen der Entfernung schnell zur strapaziösen Aufgabe. „Die Drecksarbeit haben wir selbst gemacht, nur die Facharbeit haben wir den Firmen überlassen“, erinnert sich Monika Tittlbach. Der Stress des Hin und Her zwischen München und Wössingen wurde der Familie bald zu groß. Kurz entschlossen zogen die neuen Eigentümer im Oktober 1977 in das noch unfertige, einer Baustelle gleichende Heim um.

Turmuhr des alten Wössiner Rathauses
Turmuhr des alten Wössiner Rathauses Foto: Arnd Waidelich

Seither und nicht nur in der Anfangsphase haben sie viel Herzblut investiert und aus einem Gebäude eine Perle gemacht, das 1977 kurz vor dem Abriss stand. Ein Objekt, das zum Zeitpunkt seiner Besichtigung viele Kostbarkeiten beinhaltete. Etwa eine Arrestzelle, von den meisten noch als Gefängnis bezeichnet, die den Tittlbachs aber keineswegs als dunkles Verlies, sondern als Lebensmittelkeller diente.

Die letzte Sanierung ist unser Abschiedsgeschenk an die Wössinger.
Monika Tittlbach

Besonderheiten geben dem altehrwürdigen Haus nicht nur im Inneren ein ganz spezielles Gepräge. Ein Dachreiter mit Glocke ziert das Walmdach. Von dem Angebot der Tittlbachs, die Glocke bei jedem neugeborenen Wössinger zu läuten, wurde aber nie Gebrauch gemacht. Das Dach der zur Straße hin gelegenen Vorderseite wird von einer imposanten Uhr bestimmt.

Sie wurde in einem 120-jährigen Rhythmus mehrfach renoviert. 1788 installiert, musste sie 1895 zum ersten Mal repariert werden. Die Tittlbachs selbst haben erst jüngst, also kurz vor ihrem Auszug, eine erneute Sanierung abgeschlossen. „Das ist unser Abschiedsgeschenk an die Wössinger“, sagt Monika Tittlbach.

Als Abschiedsgeschenk kann man auch das Replikat des Grundsteins betrachten, das die Familie an der Hoftür anbringen lassen will. Und noch etwas möchten sie den Wössingern hinterlassen: Eine ausführliche Geschichte für das Heimatbuch, das zum 1.000-jährigen Bestehen von Jöhlingen und Wössingen im Jahr 2024 erscheinen soll.

Das müssen Leute sein, die dieses Haus so lieben wie wir.
Monika Tittlbach

Der Abschied fällt den beiden nicht leicht, zumal Monika Tittlbach über viele Jahre hinweg in dem Gebäude eine liebevoll geführte Gartengalerie etabliert hatte. Aus so einem Idyll zu scheiden ist schwer. Doch aus Gesundheits- und Altersgründen will das Ehepaar zurück nach Murnau zu Schwester und Mutter. Zurzeit sind sie auf der Suche nach einem Käufer, besser gesagt einem Nachfolger, der dieses Erbe gut verwalten soll. „Das müssen Leute sein, die dieses Haus so lieben wie wir.“

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