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„Keine schöne Veranstaltung“

Missbrauchsvorwürfe in Walzbachtal: Elternabend verstärkt Kritik an der Gemeinde

Walzbachtals Bürgermeister Timur Özcan verspricht Transparenz nach den Missbrauchsvorwürfen an einer Kita. Ein Elternabend am Dienstag lässt einige Eltern aber enttäuscht zurück. Sie hätten sich mehr erhofft.

Ein Junge spielt in einer Kindertagesstätte hinter einer Tigerfigur mit Bauklötzen und einem Spielzeugauto.
Sorgen bleiben bestehen: Nach einem Elternabend zu mutmaßlichen Missbrauchsfällen in Walzbachtal zeigen sich einige Eltern enttäuscht. Sie bewerten die Veranstaltung als reines PR-Event für Gemeinde und Kita. Foto: Bernd Thissen/dpa

Transparenz, das hat sich Bürgermeister Timur Özcan (SPD) nach eigener Aussage im Umgang mit den Missbrauchsvorwürfen im Jöhlinger Kinderhaus Arche auf die Fahnen geschrieben. Eine Betreuungskraft steht dort im Verdacht, Kinder sexuell missbraucht zu haben.

Um die Fragen der Eltern in Jöhlingen zu beantworten, haben Gemeinde und Kita-Leitung am Dienstagabend zu einem Elternabend eingeladen. Vertreter der Presse waren hingegen nicht zugelassen.

„Es war für die Opfer und die betroffenen Eltern keine schöne Veranstaltung“, sagt eine anwesende Person. Ihren Namen möchte sie nicht öffentlich nennen, sie fürchtet Anfeindungen.

Sie ist mit dem Verhalten von Gemeinde und Kita unzufrieden. „Niemand hat Verantwortung übernommen“, bedauert sie. Dabei hätten die betroffenen Familien ihrer Meinung nach auf ein Zeichen des Bedauerns gewartet. Viele Eltern hätten zornig auf sie gewirkt, sie könne sich vorstellen, dass weitere Anzeigen folgen werden.

Eltern zeigen sich mit Verlauf des Elternabends unzufrieden

Mehr als 100 Eltern haben nach Angaben der Gemeinde am Elternabend teilgenommen. Neben dem Bürgermeister, der Kita-Leiterin Nadine Kühn und der Elternbeiratsvorsitzenden Friederike Teutsch waren auch Annette Heck vom Karlsruher Verein Wildwasser, Rechtsanwalt Matthias Gloning und Thomas Gack vom Referat Prävention der Polizei dabei.

Auch weitere Personen haben sich an die BNN gewandt. Sie möchten ihren Namen ebenfalls nicht öffentlich lesen. Der Eindruck habe geherrscht, dass die Veranstaltung allein dazu diene, ein positives Bild des Kindergartens und des Bürgermeisters zu zeichnen.

Auf ein Wort des Mitgefühls oder sogar eine Entschuldigung habe ich vergeblich gewartet.
Anwesendes Familienmitglied, auf dem Elternabend

„Die Veranstaltung verkam leider zu einer reinen Selbstdarstellung der leitenden Personen“, so eine Aussage. „Auf ein Wort des Mitgefühls oder sogar eine Entschuldigung dafür, dass die Einrichtung als Ganze ganz offensichtlich darin versagt hat, unsere Kinder zu schützen, habe ich vergeblich gewartet.“

Ein anwesender Vater habe tosenden Applaus erhalten, als er einerseits den betroffenen Familien sein Beileid aussprach und sich andererseits negativ über die Kindergartenleitung äußerte, wird weiter berichtet.

Die Wortmeldung eines Elternteils bestätigt auch die Gemeinde. Im Fortgang sei die Person jedoch von anderen Eltern korrigiert worden, die dem Kindergarten ihr Vertrauen aussprachen, heißt es aus dem Rathaus.

Sicht der Gemeinde auf den Elternabend weicht ab

Am Dienstagabend sei es vor allem um den Umgang mit den Missbrauchsvorwürfen gegangen. Das geht aus einer Pressemitteilung der Gemeinde hervor. Bürgermeister Özcan betont, dass er die Angelegenheit zur Chefsache gemacht habe.

Als Bürgermeister und selbst Vater zweier kleiner Kinder bin ich tief betroffen von dem bestehenden Verdacht gegen zwei pädagogische Fachkräfte.
Timur Özcan, Bürgermeister

„Für uns als Gemeinde Walzbachtal steht das Wohl der uns in den Kitas anvertrauten Kinder an erster Stelle“, sagt er. „Als Bürgermeister und selbst Vater zweier kleiner Kinder bin ich tief betroffen von dem bestehenden Verdacht gegen zwei pädagogische Fachkräfte.“

Annette Heck von Wildwasser informierte die Eltern über das pädagogische Vorgehen. Dabei ging es etwa um die Frage, ob Eltern ihre Kinder zu den Taten befragen sollten oder wie das Fehlen von zwei pädagogischen Fachkräften erklärt werden solle.

Rechtsanwalt Gloning gab eine rechtliche Einschätzung zum Gang des Ermittlungsverfahrens ab. Der Polizist Gack stellte das Konzept „Echte Schätze“ vor. Das Projekt wurde entwickelt, um Kindergärten praxisnah in der Prävention von sexuellem Missbrauch zu unterstützen. Weitergehende Details zum Gesagten ergeben sich aus der Mitteilung der Gemeinde nicht.

Der Elternabend war ein wertvoller Beitrag, um das gegenseitige Vertrauen zu stärken.
Friederike Teutsch, Vorsitzende des Elternbeirats

Die Elternbeiratsvorsitzende Friederike Teutsch, so heißt es weiter, lobte die offene und gute Zusammenarbeit. „Der Elternabend war ein wertvoller Beitrag, um das gegenseitige Vertrauen zu stärken“, wird sie in der Mitteilung zitiert. „Unsere Sorgen als Eltern werden erkennbar sehr ernst genommen.“

Teutsch forderte demnach die von ihr vertretenen Eltern auf, dem Träger und dem Kita-Team zu vertrauen.

Polizei gibt keine neuen Erkenntnisse preis

Zu den Tatvorwürfen gegen zwei pädagogische Fachkräfte gibt es konkret wenig Neues.

Derzeit gehe das Kriminalkommissariat Bruchsal und die Staatsanwaltschaft Karlsruhe mit verschiedenen Ermittlungsmaßnahmen dem Verdacht einer Sexualstraftat zum Nachteil von Kindern nach, heißt es auf Anfrage von der Polizei.

Aktuell würden Vernehmungen vorgenommen, man habe auch die Kriminaltechnik hinzugezogen. Weitere Angaben zum Stand der Ermittlungen machte die Polizei nicht.

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