Brigitte Lichti legt ein gutes Tempo vor. Mit ihr geht es in Richtung Heuberg. Es ist noch etwas nass, der Untergrund teilweise matschig, und dennoch kann man den Herbstwald mit seinen prächtigen Farben bewundern. Unter den Schuhen raschelt das Laub. „Es ist doch ein wunderbarer Herbstwald“, sagt die 79-Jährige. An einer Weggabelung ist das Ziel vorgegeben: Noch zweieinhalb Kilometer zum Heuberg, nach Jöhlingen sind es vier und zur alten Speyrer Grenze 1,8 Kilometer. Da will sie hin.
Es geht an der Pflanzschule der Gemeinde Pfinztal mit dem großen Mammutbaum vorbei und den kleinen Gartenzwergen, die auf einem großen Stein stehen. Wenig später lichtet sich der Wald. Rund 100 Meter vom Dreimärkerstein, an dem die Gemarkungen von Walzbachtal, Weingarten und Pfinztal aufeinanderstoßen, steht ein Schild: „Landgraben früher Grenze zwischen Markgrafschaft und Speyer“ ist darauf zu lesen.
Was hat es mit dem Landgraben auf sich?
Was hat es mit diesem Landgraben auf sich? Genau mit dieser Frage haben sich Brigitte Lichti und ihr Mann Heiner an die BNN gewandt. Denn, so haben sie es schon geschrieben, mit dem Landgraben, der angelegt wurde und die Pfinz bei Durlach und die Alb bei Knielingen verbunden hat, hat dieser wohl nichts zu tun.
Landgraben früher Grenze zwischen Markgrafschaft und SpeyerInschrift eines alten Schildes
Eine nicht ganz einfache Geschichte, wenn man den Heimathistoriker Ekkehard Zimmermann aus Philippsburg und den Heimatkundler Anton Machauer aus Walzbachtal fragt. Dennoch führt alleine das Schild tief in die Geschichte von Walzbachtal hinein.
Also erst einmal: „Ein Landgraben kann auch eine trockene Grenze sein“, sagt Zimmermann. Das Schild unweit des Dreimärkers wurde als Erinnerung von Jürgen Protz, ehemaliger Konrektor der Grund- und Hauptschule in Jöhlingen, zusammen mit einer Schulklasse aufgestellt, erklärt Machauer.
Experten haben unterschiedliche Sichtweisen
Auf die Frage von Heiner und Brigitte Lichti, ob es sich um eine Grenze einer Enklave handelt, sagt Zimmermann, dass mehrheitlich auf den alten Karten die Orte Jöhlingen und Wössingen als separates Gebiet dargestellt werden. Man könne es als den südlichsten Punkt des Fürstbistums Speyer bezeichnen. Machauer erzählt jedoch, dass das Gebiet zwischen Weingarten und Helmsheim, die früher kurpfälzisch waren, eingeengt gewesen sei. Helmsheim wurde dann 1771 badisch, Weingarten ein wenig später, nämlich Anfang des 19. Jahrhunderts.
„Jöhlingen und Wössingen waren 1024 ein Geschenk von Kaiser Konrad II. an den Fürstbischof von Speyer“, sagt der 80-jährige Zimmermann. In der Schenkungsurkunde sei von Jöhlingen und ganz Wössingen die Rede. Dort wurden die Orte erstmals erwähnt, so Machauer. Der Amtsmann des Fürstbischofs in Speyer führte seine Geschäfte von Jöhlingen aus. Der ursprüngliche Sitz des Verwalters befand sich in der Umgebung der alten Schule, hinter dem Speyrer Hof, sagt er. Am Durchgang zur alten Schule befinden sich heute die Inschriftensteine des ehemaligen Verwaltungssitzes, die aus dem 15. und 16. Jahrhundert datieren, erzählt der Walzbachtaler Heimatkundler.
Wann wurde Jöhlingen badisch?
Eine weitere Besonderheit: Wössingen entstand aus zwei Ortschaften, nämlich Ober- und Unterwössingen. An den Ortschaften hatten sowohl Markgrafschaft, als auch das Fürstbistum Speyer Anteile. „Und Reichsritterschaften“, fügt Machauer hinzu. Nicht nur Verwaltungen waren getrennt – in Markgrafschaft Baden und Fürstbistum Speyer – beide Dörfer seien auch konfessionell getrennt gewesen, erzählt Ekkehard Zimmermann. Ende des 18. Jahrhunderts sei es dann mit der Trennung vorbei gewesen, und Wössingen fiel als Ganzes an die Markgrafschaft Baden-Durlach. „Genauso wie Jöhlingen, so Zimmermann“. Machauer widerspricht dem und sagt, dass Jöhlingen erst später badisch wurde..
Bei der Frage von Heiner und Brigitte Lichti, ob die Markgrafen vielleicht wohlgesonnen der Ausdehnung des Territoriums der Fürstbischöfe gegenüberstanden, ist Zimmermann skeptisch. Durlach liege direkt vor der Haustüre, betont er. „Die Markgrafen haben aber immer auf das Gebiet geschielt“, erzählt er. Markgraf Karl-Friedrich habe versucht, diese „seltsame Schenkung zu beseitigen“. Zimmermann vermutet, dass jener besagte Landgraben Teil der Eppinger Linien sein könnte. Diese habe Ludwig-Wilhelm von Baden, der Türkenlouis, gegen eine französische Invasion anlegen lassen.
Der Walzbachtaler Heimatkundler Anton Machauer, glaubt diese Vermutung eher nicht. Schon mindestens im 16. Jahrhundert gab es eine Landwehr, die Speyer und Baden trennte, zitiert er aus dem Berghausener Ortsbuch.
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