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Energie-Krise

Kann das Zementwerk künftig Wössingen mit Wärme versorgen?

Das Zementwerk im Walzbachtaler Ortsteil Wössingen produziert enorm viel Abwärme. Wäre da nicht viel Potenzial, um die Wärme für die nahe Ortschaft zu nutzen?

Ist ein Nahwärmenetz zwischen dem Zementwerk und dem Walzbahtaler Ortsteil Wössijngen  (im Vordergrund) möglich?
Ist ein Nahwärmenetz zwischen dem Zementwerk und dem Walzbachtaler Ortsteil Wössjngen (im Vordergrund) möglich? Foto: Arnd Waidelich

Mit dem Einsatz von rund 30 Terawattstunden jährlich gehört die Zementindustrie zu den großen Energieverbrauchern in Deutschland. Ein Großteil der in den Drehrohröfen erzeugten 1.400 Grad verpufft in der Luft. Die Wärmeverluste des nackten Rohrs sind besonders groß. Wer jemals unter dem Drehrohrofen des Wössinger Zementwerks stand, der spürt das im Wortsinn hautnah.

Der Gedanke liegt nahe, diese Abwärme zurückzugewinnen. Dass das durchaus funktionieren kann, beweist ein Zementwerk der Lafarge-Gruppe, ehemals Betreiber des Wössinger Zementwerks, das heute zu Opterra-Zement gehört.

Im österreichischen Werk Retznei beteiligt sich Lafarge seit 2012 am Nahwärmenetz der Gemeinde Gleinstätten. In Retznei wird die Abwärme über einen Luft-Wasser-Tauscher zurückgewonnen und über eine 2,3 Kilometer lange Transportleitung zum Einspeisepunkt des Nahwärmenetzes transportiert.

Weit geringer ist die Entfernung des Wössinger Werks vom Dorf. Jutta Belstler beschäftigt dieses Thema schon seit Jahren. Die Kreisrätin und Fraktionsvorsitzende der CDU im Walzbachtaler Gemeinderat drang deshalb während der Verabschiedung eines energiepolitischen Energieprogramms darauf, diese Anstrengungen auch im Wössinger Zementwerk zu forcieren. „Wir haben einen Industriebetrieb mit enorm hoher Abwärmemenge“, wies sie auf das Potenzial hin.

Das sei schon Thema der dritten Klimaschutzwerkstatt des Kreistags am 13. April in Schloss Stutensee gewesen. Mit der Werksleitung, der Energieagentur des Landkreises und dem Bürgermeister habe es schon mehrere Gespräche und ein nichtöffentliches Treffen gegeben.

Zementwerk denkt über Nahwärme oder Strom aus Abwärme nach

Viel könne er dazu nicht sagen, meinte Bürgermeister Timur Özcan (SPD) auf Nachfrage von Jutta Belstler, ob die Gemeindeverwaltung an dem Thema noch dran sei. Es habe keine weiteren Kontakte mit dem Werk gegeben. Eine Präsentation habe er nicht erhalten.

Gegenüber unserer Redaktion bestätigte die Pressesprecherin der Gemeinde, Jutta Aberle, die Gespräche mit der Werksleitung. Das Werk stelle Überlegungen an, elektrische Energie aus Abwärme zu gewinnen oder auch die Einspeisung in ein Nahwärmenetz auszubauen. „Sobald das Zementwerk die Planungen weiter fokussiert hat, werden wir erneut ins Gespräch gehen“, sagte Jutta Aberle. Die Gemeindeverwaltung stehe einer solchen Planung offen gegenüber.

Die Wärmerückgewinnung und Nutzung der Abwärme aus dem Werk sei in der Tat ein Thema, das aktuell auf großes öffentliches Interesse stoße, sagt auch Opterra-Pressesprecherin Anke Wunder. Gemeinsam mit Ingenieurbüros und der Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe arbeite Opterra gerade intensiv an Konzepten, wie die Abwärme des Werks bestmöglich genutzt werden kann. Dafür gebe es verschiedene Ansätze unter Einsatz von Wärmetauschern, Gasturbinen oder Minikraftwerken vor Ort.

Ein Nahwärmenetz gebe es in Wössingen aktuell noch nicht. „Gleichwohl sehen wir, dass Gemeinden im Landkreis an zukunftsfähigen Konzepten für eine CO2-freie Wärmeversorgung bis 2035 arbeiten“, sagt Wunder weiter. Es würden enorme Investitionen in den Standort notwendig.

Die allerdings würden nur dann wirtschaftlich sein, wenn der Fortbestand des Zementwerks garantiert werden kann, meint Wunder und spielt damit auf den Beschluss des Walzbachtaler Gemeinderats vom 7. Juni 2021 an, dem Werk neue Abbaugebiete für seinen Rohstoff Kalkstein zu verweigern.

Jonas Wilke, bei der Umweltagentur für Nahwärmekonzepte zuständig, bestätigte eine Kooperation mit der Abteilung für Thermodynamik an der Hochschule Karlsruhe. Sie untersuche seit 2018, welche Dekarbonisations-Möglichkeiten es für Opterra gebe. Bei der Nutzung des Abwärmepotenzials durch Wärmetauscher seien enorme Mengen für Wössingen drin. Ein Nahwärmenetz aufzubauen sah er wegen der enormen Investitionen kritisch.

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