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Regiert in der Corona-Krise bald Berlin?

„Krise braucht Führung“: Das sagen Landräte aus der Region zur Kritik der Kanzlerin bei Anne Will

Die Kanzlerin ist sauer. Im TV-Interview droht sie damit, Lockdown-Maßnahmen anzuordnen, sollte die Notbremse nicht umgesetzt werden. Dann müssten auch die Landkreise gehorchen. Doch in der Region gibt man sich gelassen.

Für den Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel geht ein Krisen-Jahr zu Ende, das von der Corona-Pandemie bestimmt war. Die Belastung spürte der Landkreis besonders im Gesundheitsamt.
Christoph Schnaudigel hat in seinem Landkreis Karlsruhe keine Ausgangsbeschränkung durchgesetzt. Von der Kanzlerin fühlt er sich aber nicht angesprochen. Foto: Janina Keller

Zu Gast beim sonntäglichen TV-Talk mit Anne Will hat sich Kanzlerin Angela Merkel unmissverständlich geäußert: „Ich werde nicht zuschauen, dass wir 100.000 Infizierte haben“, sagte sie.

Dann folgte ihre Kampfansage: Wenn die Länder nicht allesamt rigoros die Beschlüsse für eine neue Corona-Notbremse umsetzen und auch Optionen wie regionale Ausgangssperren ziehen, wird der Bund eingreifen. Das Kanzleramt könnte dann Lockdown-Maßnahmen anordnen, die in allen Ländern, Kreisen und Städten genau so umgesetzt werden müssen.

Die Landräte in unserer Region reagieren am Tag nach dem TV-Auftritt recht gelassen auf die Aussicht, vom Infektionsschutzgesetz in Berlin regiert zu werden. In Baden-Württemberg habe man die Vereinbarungen aus der vergangenen Ministerpräsidentenkonferenz umgesetzt.

Im Kreis Karlsruhe gilt Notbremse ohne Ausgangssperre

„Diese Landesregelungen werden im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsamtes Karlsruhe konsequent angewendet. Durch die Inzidenz über 100 gilt im Landkreis momentan die sogenannte Notbremse“, sagt Landrat Christoph Schnaudigel.

Sein Landkreis hat derzeit eine Inzidenz von 122,22. Eine Ausgangssperre, wie sie die Notbremse eigentlich vorsieht, gilt jedoch nicht. Deren Verhängung will die Landesregierung den Behörden vor Ort nämlich nur dann anweisen, wenn alle anderen Maßnahmen versagt haben.

Ohnehin fühlt man sich im Landkreis Karlsruhe von den Aussagen der Kanzlerin nicht direkt angesprochen: Die Äußerungen der Kanzlerin bezogen sich nach Einschätzung des Pressesprechers auf andere Bundesländer und nicht auf Städte oder Gemeinden.

Die baden-württembergischen Landkreise stehen dazu, dass die Strategie zur Pandemiebewältigung von Bund und Land definiert wird.
Bastian Rosenau, Landrat Enzkreis

So oder so – bei der Frage, ob Berlin künftig bis in die Kreise hinein regieren wird, ist man im Enzkreis mit einer Inzidenz deutlich unter 100 derzeit noch fein raus. Aber Landrat Bastian Rosenau macht klar: „Die baden-württembergischen Landkreise stehen dazu, dass die Strategie zur Pandemiebewältigung von Bund und Land definiert wird. Denn Krise braucht Führung.“

Im Gegenzug bedeute dies aber auch, dass alle staatlichen Ebenen in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich dafür sorgen, dass die Säulen der Pandemiebekämpfung – Impfen, Testen, Kontaktpersonennachverfolgung und verantwortungsvolles Öffnen – professionell umgesetzt werden. „Der Enzkreis trägt hier seinen Teil seit über einem Jahr bei“, so Rosenau.

Rastatt hat wieder eine nächtliche Ausgangssperre

Weniger die Kritik von Bund und Land, als vielmehr die Situation in Frankreich hat das Landratsamt Rastatt dazu bewogen, die Notbremse weiter zu verschärfen: Am Montagabend erließ das Landratsamt eine nächtliche Ausgangssperre für den Landkreis Rastatt und die Stadt Baden-Baden. „Wir müssen eine Schutzmauer aufbauen“, erklärt der Erste Landesbeamte, Jörg Peter.

Bisher haben laut Peter lediglich die Stadt Mannheim und der Landkreis Schwäbisch Hall dieses Mittel gewählt. „Dort sind die Inzidenzen aber auch höher als bei uns.“

Wir wollen uns nicht an die Backe hängen, dass wir vom Land aufgefordert werden, zu handeln.
Jörg Peter, Erster Landesbeamter im Landratsamt Rastatt

Die Unzufriedenheit von Bund und Ländern, bei der Bekämpfung der Pandemie nicht schneller vorangekommen zu sein, kann Peter nachvollziehen. „Wir wollen uns aber nicht an die Backe hängen, dass wir vom Land aufgefordert werden, zu handeln.“

In der Ortenau mit einem Inzidenzwert von 140,85 gelten wie im Kreis Karlsruhe ebenfalls die Maßnahmen der Notbremse. Allerdings ohne Ausgangssperre.

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