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Fehlt der Wille?

Immer mehr Anwärter fallen rund um Ettlingen durch die theoretische Führerscheinprüfung

Die Durchfallquoten bei den theoretischen Führerscheinprüfungen steigen. Fahrlehrer rund um Ettlingen suchen nach Erklärungen.

Das Handy hat die Papierbögen abgelöst: Fahrlehrer Hartwig Benz, hier vor dem Ettlinger Berufsschulzentrum, beklagt trotz einfacher Vorbereitung per App eine geringere Lernbereitschaft für die theoretische Führerscheinprüfung.
Das Handy hat die Papierbögen abgelöst: Fahrlehrer Hartwig Benz, hier vor dem Ettlinger Berufsschulzentrum, beklagt trotz einfacher Vorbereitung per App eine geringere Lernbereitschaft für die theoretische Führerscheinprüfung. Foto: Nils Lösel

Immer mehr Fahranwärter rasseln durch die theoretische Führerscheinprüfung. Diese schon seit Jahren bundesweit anhaltende Entwicklung beobachten auch die Fahrschulen in der Umgebung. „Die Prozentzahl steigt stetig“, berichtet Carmen Petersen von der gleichnamigen Fahrschule in Rheinstetten.

Auch ihr Ettlinger Kollege Hartwig Benz kann bestätigen, dass immer mehr Fahrschüler die 30 Fragen umfassende Prüfung wiederholen müssen. Bestanden hat diese, wer weniger als zehn Fehlerpunkte sammelt.

Doch woran liegt es, dass immer weniger junge Leute die Prüfung meistern? „Es fehlt der Wille, sich hinzusetzen und zu lernen“, bringt Benz einen für ihn ausschlaggebenden Punkt an.

Dem stimmt auch Frank Schröder von der Fahrschule Paule in Malsch zu. „Es ist eine reine Fleißsache, man hat ja alle Fragen und Antworten vorab zur Verfügung“, sagt der Fahrlehrer und klingt dabei fast ein wenig ratlos. Längst wird die Prüfung digital am Tablet absolviert, und auch die Vorbereitung läuft statt wie früher mit Papierbögen nun per App auf dem Handy.

Fahrlehrerin aus Rheinstetten kritisiert zu umfangreichen Fragenkatalog

Den großen Fragenkatalog aus 1.500 Multiple-Choice-Fragen, die – theoretisch – in der Prüfung vorkommen könnten, kritisiert Petersen. „Es ist zu umfangreich, zumal viele Fragen zu kompliziert formuliert sind“, nimmt sie die jungen Leute in Schutz und plädiert dafür, den Lernstoff zu reduzieren.

Zumal die Belastung ohnehin hoch sei. „Stress in der Schule, dann noch Musik und Sportverein“, zählt Benz plakativ auf, wofür die angehenden Autofahrer noch überall Zeit aufbringen müssen.

Da wird der Führerschein häufig hintangestellt. „Er hat nicht mehr die Wertstellung, die er früher hatte“, hat Petersen festgestellt. Schröder ergänzt, dass schlicht auch die Notwendigkeit, selbst mit dem Auto von A nach B zu kommen, für viele nicht mehr da sei und verweist auf die gerade in Städten gut ausgebaute Infrastruktur mit Bahnen, Bussen oder auch E-Scootern.

Die veränderte Mobilität, häufig verbunden mit einem Tunnelblick aufs Handy, sorge auch dafür, dass die Jugendlichen nicht mehr so stark auf den Verkehr achten, stellt Fahrlehrerin Helen Krämer von der Fahrschule Kronenwett in Karlsbad besorgt fest. „Viele leben in ihrer eigenen Welt und nehmen die Straßensituationen gar nicht mehr wahr“.

Zahl der Fahrprüfungen steigt

Dennoch bleibt der Führerschein für junge Menschen ein wichtiger Meilenstein, die Zahl der Fahrprüfungen steigt sogar an. Doch die Zeit von der Anmeldung bis zur abschließenden praktischen Prüfung wird immer häufiger über einen längeren Zeitraum gestreckt.

„Die kommen dann blockweise in den Ferien, während in der Klausurenphase hier nichts los ist“, erklärt Benz, wie sich die Schüler die 14 Theorie- sowie die Praxiseinheiten über längere Zeit aufteilen.

Alles unter einen Hut zu bringen, ist schon schwierig, den Führerschein nehmen viele dann weniger ernst.
Helen Krämer, Fahrlehrerin

„Alles unter einen Hut zu bringen, ist schon schwierig, den Führerschein nehmen viele dann weniger ernst“, sagt auch Krämer. Und Schröder verweist auf ein weiteres Problem: „Früher wollte man selbstständig sein und den Führerschein mit 18 haben. Beim begleiteten Fahren mit 17 ist es vielen egal, in welchem Monat sie fertig werden“.

Doch es gilt auch, zwischen den Fahrschülern zu differenzieren. „Die Schüler aus den ländlichen Bereichen sind ambitionierter und wollen schneller fertig werden“, hat Schröder beobachtet.

Diese Ansicht teilt auch Benz, der zudem auf den Kostenfaktor hinweist: „Wer selbst zahlen muss, klemmt sich auch mehr dahinter.“ Denn nach frühestens 14 Tagen erneut zur Theorieprüfung antreten zu müssen, kostet bis zu 100 Euro.

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