
In den Augen von Rheinstettens Oberbürgermeister Sebastian Schrempp (CDU) war es ein „Richtungsbeschluss für die Bürgerenergiegenossenschaft“: Einstimmig hat sich der Gemeinderat der Großen Kreisstadt in seiner jüngsten Sitzung dafür ausgesprochen, dass die Stadt Dächer kommunaler Gebäude an die „Naturstrom Rheinstetten“ zur Nutzung von Photovoltaikanlagen vermietet.
In einem ersten Schritt sollen 2022 nach statischer Prüfung acht Dächer mit Solarpanelen versehen werden. Dabei handelt es sich etwa um das Rathaus Mitte, das Technische Rathaus, ein ehemaliges Verwaltungsgebäude in der Hauptstraße 1 und das Feuerwehrhaus am Gestadebruch.
Und auch die Festhalle in Neuburgweier, der Kindergarten Sonnenschein sowie die Schwarzwaldschule und die Rheinwaldschule, jeweils mit angrenzender Sporthalle, sollen Photovoltaikanlagen auf ihre Dächer bekommen.
Im nächsten Schritt sollen 2023 dann zwölf weitere Dächer hinzukommen, darunter das Hallenbad, die Keltenhalle, die Trocknungshalle der Kläranlage sowie das Rathaus und die Zelthalle in Neuburgweier.
Nach Sanierung und Fertigstellung der Pestalozzi-Grundschule will man Solarpanels auch dort anbringen, das Gleiche gilt für die ehemalige Johann-Rupprecht-Schule, wo im Neubau ein Kindergarten einziehen soll. Ebenfalls im Plan ist das Bürger- und Kulturhaus in der Neuen Stadtmitte, das ab Mitte 2024 genutzt werden könnte.
Verwaltung in Rheinstetten spart Kosten durch Festpreis-Vereinbarung
Der Strom, der der durch die Nutzung von Sonnenenergie auf den Dächern entsteht, soll direkt im jeweiligen Gebäude genutzt werden. Dadurch könne die Verwaltung sogar Kosten sparen, erläuterte Bürgermeister Michael Heuser (parteilos) in der Gemeinderatssitzung.
Aktuell zahle man 20,3 Cent pro Kilowattstunde Strom, nach der Festpreis-Vereinbarung mit der Bürgerenergiegenossenschaft für die ersten acht Dächer seien es nur noch 16,7 Cent. Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist darin enthalten.
Für die Dächer, die ab 2023 mit Solarpanels belegt werden, gebe es noch keine Preisabsprache. Hier müsse man die allgemeine Strompreisentwicklung berücksichtigen.
Ziel ist Nutzung möglichst aller kommunaler Dächer
Die Solarausbeute bei den verschiedenen Dächern dürfte recht unterschiedlich sein – und das ist so gewollt: Man habe sich bei der Objektauswahl „nicht nur die Rosinen“ rausgepickt, so Heuser.
Ziel sei es, „ein großes Paket zu schnüren, mit Objekten, die sehr gut sind und welchen, die weniger gut sind“, um möglichst alle kommunalen Dachflächen zu belegen.
Es ist wichtig, neue Quellen erschließen, um den künftigen Energiebedarf zu decken.Gerhard Bauer, SPD-Fraktion im Gemeinderat
Von den Stadträten kam große Zustimmung für das Vorhaben. Angesichts der hohen Nachfrage nach Energie und der aktuell steigenden Preise sei es „wichtig, dass man hier neue Quellen erschließt, um den künftigen Energiebedarf zu decken“, sagte Gerhard Bauer (SPD).
Er regte darüber hinaus an, auch ein Konzept für die Nutzung von Photovoltaikanlagen auf Miethäusern zu prüfen. Denn in der Stadt liege noch viel mehr ungenutztes Solarpotenzial.
Gut, dass man die Interessen der Stadt mit den Interessen der Bürgerschaft zusammenbringtHeinz Wöstmann, CDU-Fraktion im Gemeinderat
Damit Rheinstetten klimaneutral wird, „brauchen wir einen weiteren Ausbau der Photovoltaikfläche“, kommentierte Heinz Wöstmann (CDU). Man sei „sehr dankbar dafür“, dass die Bürgerenergiegenossenschaft hier mitmischen möchte. So würden „die Interessen der Stadt mit den Interessen der Bürgerschaft“ zusammengebracht.
Dass bei dem Vorhaben Bürgerbeteiligung im Vordergrund stehe, lobte auch Gerald Peregovits (ULR). Er sieht eine „Chance, dass Bürger aktiv an der Energiewende mitwirken können“.
Mögliche Einsparungen sind ein Plus
Babette Schulz (Grüne) zeigte sich erfreut darüber, dass mehr Dächer als ursprünglich geplant in das Vorhaben aufgenommen wurden. Vom günstigeren Strom werde auch der Kommunalhaushalt profitieren.
„Dieser Vorschlag wird Rheinstetten einen guten Schritt voranbringen in Richtung Vermeidung fossiler Energien“, kommentierte Otto Deck (BfR), und Bernd Urban (FDP) betonte, dass Kommunen beim Klima- und Umweltschutz, „eines der dringendsten Handlungsfelder unserer Zeit“, eine Vorbildfunktion hätten.
Volker Deck, einer der beiden Vorstände der Bürgerenergiegenossenschaft, zeigte sich im BNN-Gespräch sehr erfreut über das eindeutige Votum und voller Tatendrang. „Dass wir jetzt gleich acht Dächer nutzen können, freut uns sehr.“
Nach dem grünen Licht durch den Gemeinderat werde man den Bürgern nun zügig die Möglichkeit eröffnen, weitere Geschäftsanteile zu erwerben. Mehr als 500 Mitglieder zählt die Genossenschaft aktuell.