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Familienanwälte beraten

Kontaktverbot für Oma: Rheinstettenerin gründet Selbsthilfegruppe für „verstoßene Großeltern“

Wenn Omas und Opas den Kontakt zum Enkelkind verlieren, ist dem oft eine Trennung vorausgegangen. Für Betroffene ist die Situation extrem belastend. In mehreren Städten gibt es Selbsthilfegruppen – jetzt auch in Rheinstetten.

Eine Seniorin spielt mit einem zweijährigen Kind.
Für Großeltern ist der Verzicht auf den Kontakt zu ihren Enkeln schmerzlich. Jetzt gibt es auch in Rheinstetten eineSelbsthilfegruppe für Betroffene. Foto: Andreas Arnold/dpa

Anfangs hat Maria Silz (Name von der Redaktion geändert) noch Geschenke geschickt. Zu Nikolaus, Weihnachten, Ostern und zum Geburtstag. Doch nachdem das erste Nikolauspaket zu ihr zurückgekommen war, hat sie damit aufgehört.

Stattdessen zahlt sie jetzt nur noch Geld auf zwei Konten ein für ihre Enkelin und den Enkel, die sie seit Juni 2019 nicht mehr gesehen hat.

Ihre Tochter verbiete ihr den Kontakt zu den Kleinen, sagt Silz. Seit sie sich 2017 von ihrem Mann getrennt habe, sei das Verhältnis schwieriger geworden, dann kam plötzlich die Kontaktsperre: „Mich gab es einfach nicht mehr“, beschreibt die Rheinstettenerin, wie sie die Situation wahrgenommen hat.

Frau aus Rheinstetten hat ihre Enkelkinder seit zwei Jahren nicht mehr gesehen

Seit dem letzten Kontakt zu den Enkelkindern sind zwei Jahre vergangen. Die Jüngere erinnere sich wahrscheinlich gar nicht mehr an sie, meint Silz, beim letzten Treffen war sie noch zu jung. Anders ist das beim Großen, der mehr Zeit mit seiner Oma verbracht hat. „Er war immer gerne bei mir“, sagt die 55-Jährige.

Silz tut es weh, dass sie die beiden nicht mehr sehen darf, nicht bei den wichtigen Schritten in ihrem Leben dabei sein kann. Vor allem wisse sie bis heute nicht, was die Gründe für den Kontaktabbruch waren.

Ich habe alles verloren ab dem Zeitpunkt, als ich meinen Mann verlassen habe.
Maria Silz (Name von der Redaktion geändert)

„Ich habe alles verloren ab dem Zeitpunkt, als ich meinen Mann verlassen habe“, sagt sie. Eine Klage auf ein Umgangsrecht mit den Enkeln habe sie im November wegen schlechter Erfolgsaussichten zurückgezogen. Großeltern haben in Deutschland ein Recht auf Umgang mit ihrem Enkelkind – allerdings nur „wenn dies dem Wohl des Kindes dient“ (BGB, Paragraf 1685).

Geschätzt 150.000 Kinder in Deutschland haben keinen Kontakt zu den Großeltern

Anders als in Ländern wie Belgien und Frankreich, wo Eltern Sanktionen drohten, wenn sie Oma und Opa den Kontakt zu den Enkeln verbieten, müsse man in Deutschland „als Großeltern beweisen, dass man keine Gefahr für die Kinder ist und sie nicht in einen Loyalitätskonflikt bringt“, bemängelt Silz.

In den Nachbarländern ist die Beweislast umgekehrt: Eltern müssen belegen, dass der Umgang mit den Großeltern nicht zum Wohle des Kindes ist, um ihnen den Kontakt verwehren zu können.

Die Rheinstettenerin hat im Internet zu dem Thema recherchiert und erfahren, dass sie mit ihrer Situation nicht alleine ist. „150.000 Kinder in Deutschland haben keinen Kontakt zu ihren Großeltern“, nennt sie eine häufig zitierte Schätzung.

Ziel der Gruppe ist es, uns gegenseitig Mut zu machen, zu trösten.
Maria Silz (Name von der Redaktion geändert)

Um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, hat sie nun die Selbsthilfegruppe „Verstoßene Großeltern“ gegründet. „Ziel der Gruppe ist es, uns gegenseitig Mut zu machen, zu trösten“, erklärt Silz. Sie wolle damit auch ein „Tabuthema“ brechen. Viele Betroffene trauten sich nicht, offen über ihre Situation zu sprechen. Anonym hätten sich die ersten bei ihr gemeldet, nachdem sie den Aufruf gestartet hatte.

Selbsthilfegruppe „Verstoßene Großeltern“ trifft sich regelmäßig in Rheinstetten

Sechs sind es inzwischen, die sich regelmäßig in der Rheinstettener Selbsthilfegruppe treffen wollen. Die Gruppe ist nicht die erste dieser Art in Deutschland. Ähnliche Angebote gibt es unter anderem in Kaiserslautern, Bremen, Mönchen-Gladbach und in Lüneburg.

Bereits seit 1997 besteht die Bundesinitiative Großeltern (BIGE), die sich nach eigenen Angaben dafür einsetzt, „die Beziehungen zwischen Kindern, Eltern und Großeltern auch nach Trennung, Scheidung und anderen Familienkonflikten nicht abbrechen zu lassen“.

Kein Kontakt zum Enkel: Familienanwalt, Psychologe und Jugendamt können helfen

Margot Jentzsch ist Mitglied der BIGE Baden-Württemberg und hat selbst erlebt, wie es ist, wenn von jetzt auf gleich der Kontakt zum Enkel abbricht. Häufig gingen dem Kontaktverbot Trennungen voraus, berichtet sie aus ihren Erfahrungen als Beraterin bei der Gruppe, „und dann verweigert eine Seite den Umgang mit dem Kind“.

Was rät sie Betroffenen? Zunächst einmal sollte man versuchen, wieder mit der Person in Kontakt zu treten, die den Umgang verweigert, sagt Jentzsch.

Wenn eine Seite nicht will, hat die andere Seite fast keine Chance.
Margot Jentzsch, Bundesinitiative Großeltern

Auch der Gang zum Familienanwalt, zum Psychologen oder zum Jugendamt seien Möglichkeiten. Die Chancen, sich ein Umgangsrecht vor Gericht zu erstreiten, stünden allerdings schlecht: „Wenn eine Seite nicht will, hat die andere Seite fast keine Chance“, sagt die 76-Jährige. Schließlich seien die Großeltern in der Pflicht zu beweisen, dass der Umgang mit ihnen zum Kindeswohl beiträgt. Und das sei nun mal Auslegungssache.

Kontakt

Wer mehr zur Selbsthilfegruppe wissen will, kann sich unter der Handynummer (0176) 57 655 425 melden.

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