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Weg von Öl und Gas

Wie sich der Beruf des Schornsteinfegers verändert

Die Politik will die Wärmepumpe – und propagiert das Aus für Öl- und Gasheizungen. Wo kein Kamin, da muss nicht gekehrt werden. Stirbt deshalb der Beruf des Schornsteinfegers aus?

In klassischer Arbeitskluft: Schornsteinfeger müssen seltener kehren - weil Wärmepumpen keinen Schornstein haben. Doch die schwarze Zunft sieht Potenzial für andere Arbeiten.
In klassischer Arbeitskluft: Schornsteinfeger müssen seltener kehren - weil Wärmepumpen keinen Schornstein haben. Doch die schwarze Zunft sieht Potenzial für andere Arbeiten. Foto: Patrick Pleul/dpa

Hoch aufs Dach und runter mit der Kehrleine samt Bürste – schon löst sich im Kamin der Ruß. So verhindern Schornsteinfeger seit dem 16. Jahrhundert gefährliche Rußbrände und gelten deshalb als Glücksbringer.

Doch der Trend zur Wärmepumpe bringt den Männern und Frauen in Schwarz erst mal kein Glück, sondern weniger Arbeit.

Wo nichts verbrannt wird, gibt es keinen Kamin – folglich muss auch kein Schornsteinfeger kehren. Stirbt der Beruf des Schornsteinfegers also aus?

Die Leute sind verschreckt

Fakt ist: Die Politik will, dass ab 2024 jährlich 500.000 Wärmepumpen zum Heizen von Häusern installiert werden. Bereits jetzt wird in Neubaugebieten jedes zweite Wohngebäude mit Wärmepumpen beheizt.

Gas- und Ölheizungen sind seit den Energie-Wirren infolge von Wladimir Putins Angriffskrieg für viele Hauseigentümer ein Auslaufmodell.

Der Beruf des Schornsteinfegers wandelt sich definitiv. Aber er stirbt nicht aus.
Manfred Mumm, Obermeister Schornsteinfegerinnung Karlsruhe

„Ich habe seit gut einem Jahr keinen einzigen Antrag mehr für eine Gasheizung bekommen, weil die Leute verschreckt sind“, sagt Manfred Mumm für seinen Bezirk. Der Obermeister der Schornsteinfegerinnung Karlsruhe betont: „Der Beruf des Schornsteinfegers wandelt sich definitiv. Aber er stirbt nicht aus.“

Aktuell gibt es einen Sondereffekt: Die Leute kaufen wegen der Energiekrise wie wild Kaminöfen oder wollen vorhandene Öfen im Winter mehr denn je nutzen. Da müssen die Männer und Frauen der schwarzen Zunft verstärkt aufs Dach, denn wenn zu selten gekehrt wird, kann es eher zu Kaminbränden kommen. Aber insgesamt werde weniger gekehrt.

Zuvor hatten es die Schornsteinfeger relativ kommod. Die EU hat zwar im Jahr 2012 das Kehrmonopol beendet. Die meisten Kundinnen und Kunden blieben dennoch ihrem Schornsteinfeger, den sie seit Jahren kennen, treu.

Auch Be- und Entlüftungssysteme sollten gereinigt werden

Doch jetzt kommt die Wärmepumpe mit Macht. Auch die müsse man warten, wenn auch seltener als einen Ölbrenner, sagt Mumm. Dies könnte ein Tätigkeitsfeld seiner Kolleginnen und Kollegen sein.

Großes Potenzial sieht er in der Reinigung von Be- und Entlüftungssystemen in Häusern, damit die hygienisch und energetisch effizient bleiben. Solche Systeme werden immer beliebter, weil sich auch damit Energie einsparen lässt. „Ich denke, da werden wir auch einen Fuß drin finden“, sagt Mumm.

Vor allem aber sieht er in der Energieberatung ein enorm wichtiges Standbein. Bundesweit arbeiten nach Recherchen der „Wirtschaftswoche“ bereits 10.000 der 21.000 Schornsteinfeger zugleich als Energieberater.

Was nahe liegt, denn schon in ihrer Ausbildung lernen Schornsteinfeger vieles zu Baustoffen, Heizungen, Gebäudeaufbau und Bauphysik. „Und wenn die Kollegen den Meister machen, machen sie den Energieberater gleich mit“, sagt Mumm.

Auf dem Feld der Energieberatung tummeln sich viele

Auf dem zukunftssicheren Feld der Energieberatung tummeln sich jedoch noch andere. Architekten, Ingenieure, Techniker, Heizungsinstallateure und Zimmerer gehören dazu. Mumm sieht aber einen viel größeren Bedarf an Energieberatern. „Ich würde gerne noch Leute einstellen für die Energieberatung. Aber ich bekomme keine“, sagt er über sein Unternehmen.

Der Wandel der Schornsteinfeger dürfte sich letztlich auch in der Kleidung zeigen: Sie tragen häufiger Jeans und Hemd und seltener den Kehranzug mit schwarzem Mundtuch – aber Glück bringen könnten sie auch künftig, wenn die Leute durch sie Energie sparen.

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