Maultaschen. Einst eine Fastenspeise, sind sie heute das ganze Jahr über in aller Munde. Überwiegend allerdings als Convenience Food. Dabei schmecken Selbstgemachte unübertroffen gut. Wir haben das Rezept dazu!
Alles hängt mit allem zusammen. Was für das ganz große Universum gilt, kann, der Logik folgend, also auch in unserem kleinen kulinarischen BNN-Kosmos beobachtet werden. Die heutige „Aufgegabelt!“-Folge hängt, obwohl geografisch anders verortet, mit der vorigen zusammen, wo es ebenfalls um Nudeln ging (Pasta aus Gragnano). Gleichzeitig spielt in beiden Fällen aber auch eine mutmaßlich gemeinsame Herkunft eine Rolle.
Maultaschen - vor Ostern natürlich ein Thema
Die Maultasche ist darüber hinaus, gleichzeitig ein brandaktuelles Osterthema, besser gesagt eins für die Karwoche. Nicht genug damit, gilt das schwäbische Identitätsstück längst auch in badischen Haushalten als willkommene Mahlzeit, der es über die Vehikel Wohlgeschmack und Glücksfaktor gelingt, „kulturelle“ Grenzen zu überwinden. Das war jetzt aber schon ein bissel kompliziert, gell? Dadefür und desdewesche: der Reihe nach.
Maultaschen - woher kommt der seltsame Name?
Widmen wir uns zuallererst dem derben Namen der Nudelspeise. Die populärste aller Legenden besagt, der Begriff Maultasche habe etwas mit dem Kloster Maulbronn (Teigtaschen aus Maulbronn, quasi ein Portmanteau-Wort) zu tun, wo man früher den lieben Gott dergestalt an der Nase versuchte herumzuführen, dass man zur Fastenzeit verbotenerweise der Fleischlust frönte.
Maultaschen nennt man auch "Herrgottsb'scheißerle"
Das sündige Etwas wurde dazu kurzerhand zwischen Spinatfetzen und – zur Sicherheit – noch in einer Hülle aus Nudelteig versteckt. So soll es auch zum zweiten – viel lustigeren – Namen „Hergottsb’scheißerle“ gekommen sein. Alles Mumpitz, sagt Georg Barta vom Maultaschen-Gasthof „Ochsen“ in Sternenfels-Diefenbach. Das hätten die frommen Gottesleut doch nie getan.
Der Duden weiß es anders: Maultaschen sind leichte Schläge auf die Backen
Der Duden wiederum kennt das Wort Maultasche als Synonym für einen leichten Schlag auf die Backe, was wiederum die Frage aufwirft, warum die gefüllte Nudel dann nicht gleich Maulschelle oder sogar Backpfeife genannt wurde. Vielleicht ist es ja auch so: entweder steht Maultasche sinnbildlich für eine geschwollene, oder aber mit besagter Speise bis zum Speien vollgestopfte Backe. Wer weiß.
Sicher ist: Maultaschen sind ein Arme-Leute-Essen
Relativ einig sind sich hingegen die Geschichtssondierer, dass die gefüllte Teigtasche einst ein Arme-Leute-Essen war, in der sich allerlei Reste in gütlicher kulinarischer Vereinigung wiederfanden. Gemüseabfälle also, Fleischreste, altes Brot.
Wo die Italiener ins Spiel kommen
Dass aus Armut immer wieder grandiose Klassiker der Küche geboren werden, kennt man ja allenthalben. Womit wir nun wiederum bei den Italienern und ihren Ravioli, Agnolotti und Capellacci wären, die bei der Maultasche womöglich Pate standen. Einst aus dem Piemont vertriebene Waldenser, die in Württemberg eine neue Heimat fanden, sollen ihre Rezepte für gefüllten Teig mitgebracht und die Schwaben damit begeistert haben.
Das "Originalrezept" für Maultaschen gibt es nicht
Übrigens: Das eine „Originalrezept“ für Maultaschen gibt es wohl nicht. Jede Familie, jeder Wirt, hat seine eigene, „die beste“ Version auf Lager. Was auch gut so ist, wird dadurch doch Vielfalt garantiert und auch der Kreativität kein Riegel vorgeschoben. Was auf jeden Fall hineingehört in eine schwäbische Maultasche, sind Spinat und Hackfleisch oder Brät. Und serviert wird bei den Schwaben mal in Brühe oder mit Kartoffelsalat und geschmälzten Zwiebeln.
Lieber mehr als zu wenig: Maultaschen-Reste werden mit Ei gebacken
Apropos: Produzieren Sie nach unserem Rezept unten ruhig die angegebene Menge, auch wenn sie üppig erscheint. Sollten wider Erwarten beim Gründonnerstagessen von den leckeren Maultaschen welche übrig bleiben, tun Sie esden fastenden Schwaben nach und braten Sie diese am Karfreitag mit Ei und Butter in der Pfanne schön kross. Der Herrgott wird ein Auge zudrücken…
Aufgelesen
Heimo Aga und Nicole Schmidt haben sich für ihr Buch „Teigtaschen“, das gerade mit dem „ITB BuchAward in der Kategorie „Reise-Kochbuch“ ausgezeichnet wurde, auf die Suche nach dem Ursprung der Teigtasche gemacht.
Auf ihrer Reise durch Zentral-, Süd- oder Ostasien, die Alpen, Italien, Deutschland und Osteuropa haben sie die gemeinsamen Wurzeln ebenso wie nationale und regionale Besonderheiten gefunden. Sie haben Produzenten, Köche und Spezialisten interviewt und nach dem Rezept für „ihre“ Teigtasche gefragt. Natürlich auch einen Schwaben. Georg Barta vom „Ochsen“ in Sternenfels-Diefenbach (übrigens dicht an der Grenze zu Baden) hat für „Teigtaschen“ denn auch sein ganz spezielles Maultaschen-Rezept herausgerückt. Heimo Aga/Nicole Schmidt: „Teigtaschen - Eine Reise zu den besten Rezepten der Welt“, Hädecke Verlag, € 24,90.
Geschmälzte Maultaschen
8 Portionen
Für den Teig
250 g Mehl Typ 405
100 g Hartweizenmehl
2 Eier
4 Eidotter (Eiweiß zum Einpinseln der Teigränder aufheben)
1 EL Olivenöl
1 TL
Salz
(ca. 8 g)Hartweizengrieß als „Antihaftmittel“
Für die Füllung
2 EL Butter
1 kleine Zwiebel ( gewürfelt)
1 Knobizehe (klein gewürfelt)
1 Bund Petersilie (Blätter feingehackt)
400 g gemischtes Hackfleisch
60 g Weißbrotwürfel (1 cm) vom Vortag 150 ml warme Milch
500 g blanchierten, fein gehackten Spinat
20-30 g frisch geriebener Parmesan
1 Ei
Salz
, Pfeffer aus der Mühle1 Prise Muskatnuss
Für die „geschmälzten“ Zwiebeln
4 Zwiebeln, in Streifen oder Halbringen
4 EL Butter
Salz
So wird's gemacht:
1. Eier für den Teig verquirlen und salzen. Mit den beiden vermischten Mehlsorten sowie Öl manuell oder mit der Küchenmaschine zu einem elastischen Teig kneten (evtl. etwas Wasser zufügen). Teig in einem TK-Beutel mind. 1 Std. ruhen lassen.
2. In der Zwischenzeit die Füllung vorbereiten: Brotwürfel einweichen, leicht ausdrücken. Zwiebelund Knoblauch in der Butter glasig anschwitzen. Petersilie zugeben und mitdünsten. Abkühlen lassen.
Salz
4. Teigkugel vor dem Auswalzen zu einer Rolle formen, in Segmente teilen und flach drücken. Teig portionsweise (und immer gut bemehlt) mit der Nudelmaschine bis zur feinsten Einstellung zu Bahnen auswalzen (restliche Teigstücke bedecken, damit sie nicht austrocknen).
5. Mit 4-5 cm Abstand zueinander je einen EL Füllung entlang der einen Längsseite setzen, die Ränder mit Eiweiß einpinseln, die freie Teigseite über die Füllung klappen.
Luftkammern sachte herausdrücken und mit einem Nudelrad Maultaschen abschneiden. Auf einem mit Hartweizengrieß bestreuten Holzbrett antrocknen lassen.
Salz
7. Zwiebeln bei mittlerer Hitze in Butter bräunen, salzen. Maultaschen darin schwenken und sofort servieren.