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Düstere Mörderinnen inspirieren Pop-Musiker zu unglaublich traurigen Songs

Spiel mir ein Lied vom Tod: Serienkillerinnen in der Popmusik

Serienkillerinnen haben mehr Songs inspiriert, als alle Krankenschwestern, Altenpflegerinnen und sonstigen ehrbaren Wesen zusammen.

Die Shock-Rock-Band „Lizzy Borden“ hat sich nach einer mutmaßlichen Doppelmörderin benannt.
Die Shock-Rock-Band „Lizzy Borden“ hat sich nach einer mutmaßlichen Doppelmörderin benannt. Foto: Marc Müller/dpa

Es ist Montag. Wochenanfang. Beginn einer langen Arbeitswoche.

Ein Tag, wie geschaffen für den Hit „I Don’t Like Mondays“ von den Boomtown Rats.

Und richtig, im Radio läuft der Ohrwurm in der Rushhour zur Maloche – wahrlich keine Seltenheit im Dudelfunk.

Wer nicht nur die Melodie mitträllert, sondern auf den Text achtet, muss erkennen: Der Song handelt mitnichten vom tristen Arbeitsstart. Vielmehr besingt er die abscheuliche Tat einer Massenmörderin, der 16-jährigen Brenda Ann Spencer. Kein Einzelfall in der Popkultur: Mörderinnen faszinieren und inspirieren Songschaffende scharenweise. Ein kleiner Überblick.

„I Don’t Like Mondays“ von den Boomtown Rats

Brenda Ann Spencer schießt am 29. Januar 1979 aus ihrem Kinderzimmer mit einem halbautomatischen Gewehr auf das Gelände einer Grundschule in San Diego. Sie tötet den Schulleiter und den Hausmeister, verletzt acht Kinder. Kurios und typisch amerikanisch: Während sie rumballert und wildfremde Menschen tötet, ruft sie ein Journalist an. Er fragt sie, warum sie das tut. Sie überlegt kurz und sagt dann: „Nichts los. Ich mag keine Montage.“

Zur Tatzeit sitzt Bob Geldorf, Frontmann der Boomtown Rats, für ein Interview bei einem Radiosender, hört die grausige Nachricht über den Amoklauf und verfasst später diesen (auf deutsch übersetzten) Refrain: „Sag mir warum? Ich mag keine Montage. Sag mir warum? Ich mag keine Montage. Sag mir warum? Ich mag keine Montage. Ich will den ganzen Tag abschießen.“

„Suffer Little Children“ von The Smiths

Die „Moormörder“ Myra Hindley und Ian Brady entführen in den 1960er-Jahren fünf Kinder in der Gegend um Manchester, ermorden sie und vergraben sie im Saddleworth-Moor.

Schwarz-Weiß Porträtfoto von Myra Hindley
Mehrere ermordete Kinder gehen auf das Konto von Myra Hindley. Die Leichen ihrer mit unmenschlicher Grausamkeit malträtierten Opfer werden in einem Moor in Yorkshire verscharrt. Foto: Ho/dpa

Diese üblen Kindermorde gehen Morrissey nicht aus dem Kopf – zumal der Chef der Band The Smiths aus der Gegend der Verbrechen stammt.

Der Song „Suffer Little Children“ erscheint 1984 auf dem Debütalbum der britischen Alternativ-Rocker. Drei der fünf getöteten Kinder werden in dem Song namentlich erwähnt, bei den anderen beiden ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht bekannt, dass sie ebenfalls Opfer des Duos geworden sind.

Die Angehörigen der Getöteten erreichen, dass der Song deshalb aus einigen Plattenläden in Großbritannien verbannt wird.

„An Execution“ von Siouxsie And The Banshees

Elizabeth Báthory macht sich im 16. und 17. Jahrhundert einen Namen als „Blutgräfin“.

Siouxsie & The Banshees in der Berliner Waldbühne beim Bizarre Festival, Sängerin Siouxsie Sioux in einem schwarz-weißen Outfit
Schwarz-Weiß statt Rot: Die „Blutgräfin“ Elizabeth Báthory inspirierte die Sängerin Siouxsie Sioux zu einem Song. Foto: Brigani-Art/Imago

Um für immer jung und schön zu sein, badet die ungarische Gräfin im Blut ermordeter Jungfrauen.

Die Prozessunterlagen schildern, dass Báthory viele junge Mädchen auf ihre Burgen lockte, um sie dort auf vielfache Weise nackt zu Tode zu foltern.

Diese finstere Episode beschäftigt die Hirne mehrerer Künstler. So singen auch die britische Rockband Siouxsie And The Banshees (1986) und die kalifornische Metal-Band Slayer über die Blutrünstige.

„Look Out, Look Out“ von Perfume Genius

Der Fall Mary Flora Bell aus Newcastle ist finster:

Mike Hadreas tritt unter dem Künstlernamen Perfume Genius auf.
Emo-Pop: Wenn Mike Hadreas von Perfume Genius „Look Out, Look Out“ über die Totschlägerin Mary Flora Bell singt, stellen sich die Nackenhaare auf. Foto: Rich Fury/AFP

Marys Mutter, die als Prostituierte arbeitet und mit dem ungewollten Kind völlig überfordert ist, versucht mehrfach, sie an fremde Menschen zu verschenken, zweimal, sie mit Tabletten zu vergiften, misshandelt sie und stellt sie ihren Freiern zur Verfügung.

Mary ihrerseits erwürgt 1968 zusammen mit einer Freundin zwei drei- beziehungsweise vierjährige Jungen und wird daraufhin – im Alter von elf Jahren – wegen Totschlags zu lebenslanger Haft verurteilt.

Wenn Perfume Genius „Look out, look out“ (2010) singt, stellen sich einem die Nackenhaare auf. Der Song ist unglaublich schön und unglaublich traurig, ohne zu dick aufzutragen.

„Evil“ von Interpol

Die Verbrechen von Rosemary und Frederick West gehen Anfang der 90er-Jahre als „Horror-Haus von Gloucester“ in die Geschichte ein. Von 1967 bis 1987 töten die beiden etliche Frauen, darunter Freds schwangere Freundin, seine erste Frau, die gemeinsame 16-jährige Tochter Heather, eine Schweizer Touristin sowie Ausreißerinnen, denen die Wests in ihrem Haus billige Zimmer vermieten.

Ihre sieben weiteren Kinder werden von Sozialarbeitern betreut. Sie erzählen der Polizei, dass ihre Eltern ihnen immer drohten „Sonst endet ihr wie Heather unter der Terrasse“. Die Kinder hatten dies als schaurigen „Witz“ aufgefasst, die Ermittler als heiße Spur bei ihrer Mördersuche. Der Song „Evil“ (2005) von Interpol ist aus der Perspektive von Fred geschrieben, der das Wort an seine Frau richtet.

„Give ‘Em The Axe“ von Lizzy Borden

Der Name Lizzie Borden ist bis heute in der Popkultur präsent. Die US-Amerikanerin soll ihren Vater und ihre Stiefmutter im August 1892 bestialisch mit zahlreichen Axthieben hingerichtet haben. Trotz vieler Indizien kann ihr der Doppelmord nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Tathergang und Freispruch erregen die Gemüter, erwecken große mediale Aufmerksamkeit und finden unterschiedlichsten Niederschlag.

So lautet ein geläufiger amerikanischer Reim beim Seilspringen: „Mit der Axt kommt Lizzie Borden, gibt ihrer Mutter 40 Schläge. Als sie sieht, was sie angerichtet hat, gibt sie ihrem Vater 41“.

Die US-amerikanische Shock-Rock-Band „Lizzy Borden“ benennt sich nach dem historischen Vorbild und inszeniert auf der Bühne blutige Shows. Ihre erste Platte betitelt die Band, die besonders in den 1980er-Jahren erfolgreich ist, mit „Give ‘Em The Axe“. Die Oper „Lizzie Borden“ des amerikanischen Komponisten Jack Beeson wird 1965 an der New York City Opera uraufgeführt und 1992 als europäische Erstaufführung im Theater Hagen gespielt.

Auch die US-amerikanische Musikerin Amanda Palmer (The Dresden Dolls) verarbeitet den Fall von Lizzie Borden in ihrem Song „Ukulele Anthem“ in der Textzeile: „Lizzie Borden took an axe and gave her mother forty whacks – then gave her father forty-one, and left a tragic puzzle“.

Palmer benutzt Lizzie Borden als Beispiel dafür was passiert, wenn Menschen von ihren inneren Wünschen abgehalten werden und sich nicht ausleben dürfen. Obwohl ihre Familie sehr wohlhabend ist, muss Lizzie Borden entgegen ihrem Willen eher spartanisch leben. Ihr Vater verbietet ihr den Umgang mit der feinen Gesellschaft. Dieses Umgangsverbot schürt den Hass auf ihren Vater.

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