Wer in den Siebzigern keine Schlaghose besaß, die wie ein auf Stoff gebannter LSD-Trip aussah; wer in den Achtzigern keine (auftoupierte) Dauerwelle hatte; wer sich in den Neunzigern kein Tribal tätowieren ließ: der war out. Mega-out. Deshalb jede Wette, dass Sie, lieber Leser, mindestens einmal im Leben einen Modetrend mitgemacht haben, der in der Rückschau nicht ganz so cool ist, wie Sie damals dachten.
Auch wir in der Redaktion haben einige Kleider und Frisuren getragen, mit denen wir uns heute nicht mal tot erwischen lassen würden. Hier haben wir unsere persönliche Hitliste der Geschmacksverirrungen zusammengestellt.
Achtung: Einiges davon ist gerade wieder in - das meinen zumindest diverse Fashion-Blogger und Mode-Designer. Aber wir meinen, aus der Vergangenheit darf man auch etwas lernen. Und wenn es nur ist, dass man sich einen Modetrend besser nicht gleich tätowieren lässt. So wie beim...
Arschgeweih
Sie finden den Begriff nicht schön? Wir wäre es dann mit dem Wort „Schlampenstempel“ („Tramp stamp“), wie es sich in den USA durchgesetzt hat? Oder gefällt Ihnen die österreichische „Oarschvignette“ besser? Gemeint ist immer das gleiche: ein schwarzes, verschnörkeltes Fantasiezeichen (Tribal), spiegelsymmetrisch zur Wirbelsäule direkt über dem Steißbein tätowiert. Es kam in den Neunzigern auf, und damit es auch möglichst viele bewundern konnten, waren zur selben Zeit bauchfreie Shirts und Hüfthosen in.
Wer sich das Tribal in den Neunzigern tätowieren ließ, war Avantgarde, in den Nullern wurde es zum Mainstream. Von dort war es zum Abstieg nicht mehr weit. Spätestens als die Bildzeitung zur Wahl der „Miss Arschgeweih“ aufrief, war den meisten klar, dass die coolen Jahre des Po-Ornaments vorüber waren.
Heute bringt das Arschgeweih nur einem Berufszweig noch Freude: den Schönheitschirurgen. Die verdienen nämlich mittlerweile ordentlich Geld mit der Entfernung der ungeliebten Tattoos. Allerdings wurde auch anderen Trends schon voreilig das endgültige Aus prophezeit. Allen Arschgeweih-Trägerinnen sei gesagt: Haltet noch eine Weile durch - bauchfrei kommt schließlich auch gerade wieder.
Rattenschwanz-Frisur
Wer in den Achtzigern oder Neunzigern eine Grundschule besuchte, hat ziemlich sicher zumindest ein oder zwei Schulhof-Rowdys erlebt, die mit Stolz ihre Rattenschwanz-Frisur trugen. Dabei waren alle Kopfhaare kurz geschnitten oder sogar rasiert - bis auf eine Haarsträhne im Nacken, die nach Herzenslust weiterwachsen durfte. Je länger, je cooler. Und wer supercool sein wollte, der flocht sich die paar Haare auch noch zu einem dünnen Zopf.
Ziemlich zügig landete dieser Style dann allerdings in der Prekariats-Schublade, wo er sich hartnäckig hielt. Einige wenige haben die Haarmode, die auch Zündschnur-Frisur oder Schwänzchen-Frisur genannt wird, bis ins Mannesalter und in die heutige Zeit hinübergerettet, weshalb man den Rattenschwanz immer noch von Zeit zu Zeit zu Gesicht bekommt.
Immer wieder versuchen auch Promis, sich mit einem Rattenschwanz von der Masse abzuheben. Zum Markenzeichen hat ihn sich etwa der argentinische Fußballer Rodrigo Palacio erkoren, der aktuell für den FC Bologna spielt. Er kann als Beleg für folgende These gelten: Wer einen Rattenschwanz trägt und fantastisch aussieht - der tut das trotz und nicht wegen seiner Frisur.
Jogginghosen mit Druckknöpfen
Bequeme Mode liegt ja gerade voll im Trend. Auch Fashion-Blogger und sonstige Mode-Experten arbeiten jetzt vermehrt im Homeoffice und wissen nun wohl aus eigener Erfahrung, dass kein Mensch in seinen eigenen vier Wänden ziepende Nähte an weichen Körperstellen haben möchte. Es soll ja Frauen geben, die seit Monaten schon keinen BH mehr tragen.
Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, dass einer der unsäglichsten Modetrends der letzten fünfzig Jahre wieder verstärkt ins Spiel kommt: nylonglänzende Jogginghosen mit Druckknöpfen an den Außenseiten der Beine. Der berühmteste Vertreter dieser Beinkleider ist die AdiBreak-Jogginghose, die in den 90ern Siegeszüge feierte, und bei der man sich immer fragte, ob die seitliche Öffnung als Dampfauslass für das Kunstfaser-Konglomerat gedacht war.
Die Hose ist berüchtigt wegen der Geschwindigkeit, in der man sie ausziehen kann. Weil ein kräftiger Ruck im Regelfall reicht, um die Druckknopfreihen von oben nach unten zu öffnen, erhielt sie in Deutschland einen eingängigen Gossen-Namen als Beischlaf-Beschleuniger. Dies tat ihrer Beliebtheit im Rapper-Milieu keinen Abbruch. In den vergangenen zwei Jahren hat man die Hose immer häufiger in Fashion-Blogs und an It-Girls wie beispielsweise Kim Kardashian gesehen.
Schnullerketten
So ziemlich das auffälligste und gleichzeitig sinnloseste Fashion-Accessoire, das es jemals gegeben hat, war die Schnullerkette. Nein, hier ist nicht die Rede von der am Babystrampler befestigten Rettungsleine für den Nucki - aber wem jetzt nur die einfällt, der war wahrscheinlich nicht gerade in den 90ern jung.
Wer zu der Zeit nämlich Teen oder Twen war, der erinnert sich bestimmt noch daran, dass sich urplötzlich und aus unbekannten Gründen plötzlich alle Welt ein buntes Sammelsurium aus Plastikschnullern, Rasseln und Milchfläschchen um den Hals hängte. Wer Schnullis trug, war cool - nehmt das, Millenials!
https://www.instagram.com/p/BlDi0Lxjxkk/?utm_source=ig_web_copy_link
Ob die Schnullerkette irgendwann ebenfalls wieder Trend wird? Auch wenn sonst gerade scheinbar sämtliche schrecklichen Styles der vergangenen fünf Jahrzehnte wieder angesagt sind: Bisher wurde keine Fashion-Bloggerin mit Schnullerkette gesichtet. Und wenn doch, dann höchstens aus Nostalgie-Gründen.
Männerdauerwelle, Minipli und Vokuhila
Wer einmal in seinem Leben einen Mann mit einem Kopf voller Lockenwickler gesehen hat, kriegt diesen Anblick garantiert nie wieder aus dem Kopf. Bis heute bleibt es rätselhaft, warum sich so viele Männer in den 80ern freiwillig dieser optischen und chemischen Tortur ausgesetzt haben.
Übrigens häufig noch in Verbindung mit blonden Strähnchen: Dazu gab es (auf das bereits dauergewellte Haar) eine Gummihaube mit Löchern, durch die der Friseur mit einer Art Häkelnadel einzelne Strähnen herauszog. Stellte man sich diese Prozedur bei Stars wie Jon Bon Jovi, George Michael, Mel Gibson oder David Hasselhoff vor, war es mit der Schwärmerei schnell wieder vorbei.
Besonders lockenaffine Männer setzten in den 80er Jahren übrigens auf winzige Lockenwickler, was dann zu dem Frisurentrend „Minipli“ oder Pudelfrisur führte. Markante Vertreter waren der Fußballer Rudi Völler, Tony Marshall und Tom Jones. Der trägt seine Haare heute noch so - und liegt damit wieder im Trend.
Ja: Auch die Männerdauerwelle kommt angeblich gerade wieder, genau wie Vokuhila (steht für: Vorne kurz, hinten lang), ein weiterer Frisurenmode-Zombie, der einfach nicht im Grab bleiben will. Bleibt zu hoffen, dass die einzigen Friseure, die Dauerwellen, Minipli und Vokuhila noch vernünftig stylen konnten, inzwischen ihren wohlverdienten Ruhestand genießen. Und keine neuen hinzukommen.