Vor acht Minuten hätten die Demonstration beginnen sollen, doch unter dem roten Pavillon ist es noch ruhig. Ein Schüler geht seine Rede durch, wer 18 Jahre alt ist, bekommt noch eine Ordner-Binde. Davor stehen auf dem Marktplatz etwa 2.000 Schüler im Regen und halten ihre Plakate hoch. Sie haben sich um 11 Uhr zum weltweiten Aktionstag am 15. März versammelt, um für den Klimaschutz zu demonstrieren.
Die Organisatoren rücken eine Parkbank zurecht, von der aus Katharina Weber zu den Demonstranten spricht. Die 18-Jährige wählt große Worte: „Heute können wir das Gesicht der Welt verändern mit dem größten Klimastreik, den es jemals in der Geschichte der Menschheit gab.“ Weber spricht davon, „dass der 15. 3. in die Geschichte eingeht und man uns in den Geschichtsbüchern findet“.
Schwedin Thunberg ist auf dem Marktplatz ein Thema
Erste Buh-Rufe gibt es, als ihr Ton schärfer wird: „Wie traurig ist es eigentlich, dass Kinder dafür auf die Straße gehen müssen?“ Die Schüler sind sauer, aus ihrer Sicht machen die Politiker zu wenig für den Klimaschutz. Auf den Plakaten mischen sich Ernst („Rettet unsere Zukunft“) und Spaß („Die Welt wird heißer als Ryan Reynolds“).
Es demonstrieren Schüler von der fünften Klasse bis hin zu angehenden Abiturienten. Laut Polizei sind es 6.500. Viele kommen aus Karlsruhe und Umgebung, in Pforzheim gab es eine eigene Demo.
Greta Thunberg als Initiatorin der "Fridays for Future"-Proteste
Auch von Greta Thunberg ist auf dem Karlsruher Marktplatz die Rede. Die 16-jährige Schwedin hat die Proteste „Fridays for Future“ angestoßen. Ein Vorbild ist Thunberg, sagt eine Gruppe von der Carl-Hofer-Schule Karlsruhe.
„Wir wollen, dass die Politiker das mitbekommen“, sagt Mila Caspers (17) zum Klima-Streik. Vom Unterricht freigestellt seien sie nicht. Im Pavillon gibt es für die Schüler zumindest Teilnahmebestätigungen der Veranstalter.
Fast-Food-Restaurant? "Das geht gar nicht"
Wie viele von ihnen nutzen die Demo, um am Freitag einfach frei zu haben? „Wir kommunizieren in sozialen Netzwerken deutlich, dass wir niemanden wollen, der nur Schule schwänzen möchte“, betont Lukas Wacker. Der 19-Jährige aus Berghausen moderiert die Veranstaltung. „Wir haben viele Neue dabei“, sagt er. „Ein Teil hat nicht das Bewusstsein, das wünschenswert wäre“, gibt er zu.
Ein Widerspruch wird offensichtlich, wenn etwa Schüler zwischen Klima-Streiks zu einem Fast-Food-Restaurant gehen. „Das geht gar nicht“, rief ein Redner den Demonstranten zu. Für den Klimaschutz müsse man Komfort aufgeben: „Mehr Fahrrad fahren, saisonal und regional einkaufen, Zug fahren statt kurze Strecken fliegen.“ Nachhaltigkeit sei eine Lebenseinstellung.
Die lässt sich nicht immer durchhalten, wie Gabriel Andörsch (15) zugibt. „Ich denke auch nicht immer an Klimaschutz“, sagt der Realschüler aus Bühl. Doch demonstrieren lohne sich: „Damit alle mal aufwachen.“
Jeden Freitag würde er es aber nicht machen: „Nächstes Jahr schreibe ich Prüfungen.“
Dann gibt Polizei-Einsatzleiter Jürgen Zimmer den Demonstranten das Zeichen, dass sie losgehen können. „Es läuft in einem vernünftigen Rahmen“, sagt er. „Aber das Klientel ist auch unkritisch.“
Am Samstag: "Parents for Future"
Die Schüler laufen durch die Karlsruher Innenstadt, um sich wieder auf dem Marktplatz für Abschlussreden zu treffen. „Ohne Regen wären wir noch mehr“, sagt Versammlungsleiter Johannes Grözinger (18). Es soll weitergehen, wie er ankündigt: „Wir wollen eine Initiative gründen.“ Auf der Versammlung waren auch „Omas for Future“ – am Samstag gibt es eine Demo von „Parents for Future“ von 11 bis 13 Uhr auf dem Karlsruher Marktplatz.
"Fridays for Future"-Protest in Pforzheim (mit Video)
"Fridays for Future"-Protest in Achern
"Fridays for Future"-Protest in Rastatt
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