Ute Bertsch ist erleichtert: Der LKW voller Spenden ist Anfang November gut auf Lesbos angekommen. Die Durlacherin organisiert zusammen mit ihrem Partner Peter Arens zweimal jährlich Hilfslieferungen für Flüchtlinge auf die griechische Insel. Nachdem das Lager Moria abgebrannt war, musste es ganz schnell gehen.
Die Menschen in der Fächerstadt hörten den Hilferuf und sammelten, was das Zeug hielt. Warme Winterkleidung, Decken und Kuscheltiere für die Kinder füllten schließlich mehr als 350 Umzugskartons. „Oft war ich vom Packen und Sortieren abends kreuzlahm“, erzählt die 70-Jährige.
„Wir wurden von Spenden schier überrollt.“ Die Sachen wurden auf Lesbos an Organisationen geliefert, mit denen Ute Bertsch und Peter Arens seit fünf Jahren zusammenarbeiten. Hope-Project ist eines davon. Alles war schnell verteilt. Mützen, Handschuhe, Schals, Mäntel, Jacken wurden dringend gebraucht. „Ja sogar abgelegte Pelzmäntel waren dabei, die vor der Bodenkälte schützen“, berichtet Bertsch.
Moria war schlimm, aber das neue Camp ist noch viel schlimmer.Ute Bertsch, Helferin
Bilder, die zeigen, wie es im neuen Zeltlager Kara Tepe aussieht, erschüttern die beiden Durlacher. Auf der Facebook-Seite der ebenfalls privaten Organisation Hope-Projekt könne man sich ein Bild machen. Seit Tagen habe es geregnet, die Flüchtlinge waten im Wasser. „Moria war schon schlimm, aber das neue Camp ist noch viel schlimmer. Die Kälte und der Wind machen den Menschen schwer zu schaffen. 7000 Menschen leben dort in Voll-Quarantäne, einmal in der Woche darf eine Person pro Familie in den Supermarkt in der Nähe zum Einkaufen. Sie kochen auf selbstgebastelten Feuerstellen“.
Ute Bertsch berichtet am Telefon von den elenden Zuständen im Camp und die Erschütterung ist ihr deutlich anzumerken. Normalerweise wäre sie mit ihrem Partner im vergangenen Jahr zweimal für rund fünf Wochen dort im Einsatz gewesen. Doch die Pandemie, der Brand auf Moria, die Sammelaktion für Spenden haben es nicht zugelassen.
Seit 2015 engagiert sich das Durlacher Paar auf Lesbos für die Flüchtlinge. Wie das anfing? „Lesbos ist unsere Ferieninsel“, erzählt Ute Bertsch. „Wir saßen beim Essen am Strand als die ersten Boote kamen. Es waren Menschen in nassen Kleidern, die nichts zu essen und zu trinken hatten. Furchtbar. Das konnten wir nicht zulassen.“ 2015 blieb das Paar fünf Monate, um zu helfen. „Wir holten die Leute aus den Booten, kochten Tee, schmierten Brote. Damals waren die Flüchtlinge nur kurz auf Lesbos, dann ging es weiter. Seit dem Deal mit der Türkei ist Stau auf der Insel. Asylverfahren ziehen sich monatelang hin.
Nun, da viele Unterlagen verbrannt sind, wird es noch länger dauern“, vermutet Ute Bertsch. Sie ist auch entsetzt über die Nachricht, dass sich Ratten im Camp an Kinder heranmachen. Ärzte ohne Grenzen hätten daraufhin vor etwa 14 Tagen mit Impfungen gegen Tetanus begonnen.
Für sie und ihren 78-jährigen Partner ist es „eine Herzensangelegenheit zu helfen“. Da der LKW-Transport dank der Großzügigkeit der Firma Simon Hegele kostenfrei war und zudem Geldspenden eingingen, konnten sie auf Lesbos Dinge wie Windeln, Unterwäsche, Gummistiefel, Handwärmer und anderes einkaufen und verteilen lassen. Beide warten darauf, wieder vor Ort mitarbeiten zu können. Bis dahin hoffen sie, mit Geldspenden helfen zu können.
„Die Organisationen, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten und wo wir sicher sind, dass jeder Cent richtig verwendet wird, die lassen wir einkaufen. Hygieneartikel sind wichtig, Masken, Desinfektionsmittel, Seife“. Ärzte ohne Grenzen würden davon profitieren, genau wie die private Organisation „Home for all“, Nikos und Katharina, ein griechisches Ehepaar, das zusammen mit Volontären aus aller Welt täglich 700 Essen an Familien mit Kindern verteilt.
Wer spenden möchte
Private Flüchtlingshilfe Lesbos – Ute Bertsch IBAN DE81 6605 0101 1021 4184 11