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Nicht alle Wünsche erfüllt

Start an Karlsruher Gymnasien für Fünftklässer im Herbst geplant

Post von der Schulbehörde erhalten in diesen Tagen insgesamt 1.251 Viertklässler in Karlsruhe. Nach ihrer Anmeldung im März wurden die Plätze an den Gymnasien vergeben. Wie in den Jahren zuvor konnte nicht jeder Erstwunsch berücksichtigt werden.

Unterricht
Viertklässer leiden nicht unter der Corona-Krise Foto: picture alliance / Marijan Murat/dpa/Symbolbild

Post von der Schulbehörde erhalten in diesen Tagen insgesamt 1.251 Viertklässler in Karlsruhe. Anfang März mussten die künftigen Fünftklässler für eine weiterführende Schule angemeldet werden, inzwischen wurden die Plätze an den Gymnasien vergeben. Wie in den Jahren zuvor konnte nicht jeder Erstwunsch berücksichtigt werden.

Am Goethe-Gymnasium und am Humboldt-Gymnasium wurden aus Kapazitätsgründen jeweils nur vier Eingangsklassen mit je 30 Schülern gebildet und deswegen insgesamt 50 Jungen und Mädchen abgelehnt und auf andere Lehranstalten verteilt.

Am Kant-Gymnasium gibt es wegen der Umverteilung dafür zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder drei Eingangsklassen. Fünf fünfte Klassen starten lediglich am Lessing- und am Otto-Hahn-Gymnasium ins kommende Schuljahr.

Nicht alle Erstwünsche können erfüllt werden

„Wenn wir den Eltern und Kindern sagen müssen, dass ihr Erstwunsch aus verschiedenen Gründen nicht erfüllt werden kann, sind das immer sehr schwierige Gespräche“, sagt Uwe Müller.

Der geschäftsführende Direktor der Karlsruher Gymnasien kann die Enttäuschung der Familien auch nachvollziehen. Allerdings sei die Verteilung der Fünftklässler auf die 44 Eingangsklassen in elf staatlichen Gymnasien eine komplizierte Angelegenheit.

Weil Faktoren wie Geschwisterkinder, Klassenteiler, Personalsituation oder Raumkonzept berücksichtigt werden müssen, könne nicht allen Kindern ein Platz in der Lieblingsschule garantiert werden.

Mit viel Wiederholung auf den gleichen Stand kommen

Als weniger schwierig gestaltet sich nach Müllers Einschätzung trotz der Corona-Krise der Übergang der Viertklässler im kommenden Schuljahr. „In den ersten Wochen werden die Kinder ohnehin langsam abgeholt und mit viel Wiederholungen auf den gleichen Stand gebracht“, sagt der Leiter des Max-Planck-Gymnasiums.

Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus im Überblick

Selbst wenn heute noch nicht klar ist, wie der Unterricht nach den Sommerferien aussehen wird, könnten die Schulen Konzepte für einen behutsamen, gemeinsamen Einstieg der Fünftklässler in das Schulleben erarbeiten.

„Aktuell können wir ja genügend Erfahrung mit solchen Konzepten sammeln“, sagt Müller, der bereits zu Beginn der Schulschließungen prognostiziert hatte, dass die meisten Schüler frühestens nach den Pfingstferien wieder in die Schulhäuser dürfen.

Digitalisierung kommt manchen Schüler zugute

„Ich hätte gerne unrecht behalten. Aber es ist, wie es nun mal ist, und nun müssen wir das Beste daraus machen“, sagt Müller. Das selbstständige Arbeiten und der Digitalunterricht könnten manchen Schülern sogar zugutekommen.

„In gewisser Weise ist die Krise für die Schulen auch ein spannendes Experiment“, betont Müller. „Und vielleicht steht am Ende sogar die Erkenntnis, dass man daraus auch positive Rückschlüsse für die Gestaltung des künftigen Unterrichts ziehen kann.“

Grundschulempfehlungen waren schon vor den Schulschließungen raus

Für Gunter Vogel waren die meisten Viertklässler bereits vor den landesweiten Schulschließungen am 24. März sehr gut für den Übergang auf eine weiterführende Schule vorbereitet. „Die Grundschulempfehlungen sind ja bereits zum Halbjahr raus. Danach flacht die Motivation bei vielen Viertklässlern erfahrungsgemäß ohnehin ab“, sagt der geschäftsführender Karlsruher Grundschulrektor.

Außerdem dürfen die Viertklässler bereits am 18. Mai wieder zurück in die Grundschulen und haben bis zu den Sommerferien noch mindestens fünf Wochen Präsenzunterricht.

„Das muss reichen. Die Weichen für die schulische Entwicklung werden schließlich nicht in den letzten drei Monaten der Grundschule gestellt“, sagt Vogel. Für Viertklässler ohne eine entsprechende Empfehlung stellt der Wechsel aufs Gymnasium seiner Erfahrung nach auch unabhängig von der Corona-Krise eine große Hürde dar.

Deshalb sollten Eltern die Corona-Pandemie bitte nicht als Grund für mögliche schulische Probleme ihrer Kinder anführen.

Erst- und Zweitklässer brauchen Präsenzunterricht am meisten

Ganz glücklich mit der privilegierten Beschulung des Abschlussjahrgangs ist der Rektor der Gutenberg Grund- und Werkrealschule allerdings nicht. Der Grund: Erst- und Zweitklässler seien eigentlich noch deutlich mehr auf den Präsenzunterricht angewiesen. Und Drittklässler hätten unter Umständen mehr mit dem Unterrichtsausfall zu kämpfen als die ein Jahr älteren Schulkameraden.

„Da gibt es sehr viele verschiedene Meinungen und deshalb konnte es das Ministerium nicht allen recht machen“, sagt Vogel.

Vorbereitungsklassen sind Corona-Verlierer

Echte Verlierer der Corona-Krise sind für ihn vor allem die Grundschulkinder aus den Vorbereitungsklassen (VKL). In diesen Klassen erhalten Zuwandererkinder Deutschunterricht und nach einer gewissen Zeit Empfehlungen für den Wechsel in eine Regelklasse. „Für diese Kinder ist der Ausfall von Präsenzunterricht verlorene Zeit“, weiß Vogel. Viele der VKL-Kinder hätten zuhause weder Rechner noch eigenen Schreibtisch. Weil die Eltern meistens ebenfalls nur wenig Deutsch können, fehle zudem die familiäre Unterstützung.

Das städtische Schul- und Sportamt hat bei den VKL-Lehrern in der Gutenbergschule und der Schillerschule eine Umfrage gestartet und gefragt, ob und wie die Lehrkräfte die ausländischen Eltern überhaupt erreichen. Bei Bedarf kann das Schulamt zumindest Laptops für den Heimunterricht vermitteln.

Kommentar von Ekart Kinkel

Seit Wochen stehen Schüler in Karlsruhe unter ganz besonderer Beobachtung. Weil Kinder und Jugendliche ihren Schulstoff zu Hause erlernen müssen, werden die meisten Eltern zwangsweise deutlich mehr in den Unterricht ihres Nachwuchses involviert als bisher. Auch die Arbeit der Pädagogen steht dadurch bald täglich auf dem Prüfstand. Einige Lehrer werden für eigens produzierte Lernvideos mit Lob überhäuft, andere für das Versenden von fotokopierten Arbeitsblättern wegen offenbarer Vernachlässigung der Schülerschaft kritisiert.

Gute und weniger engagierte Lehrer hat es aber schon vor den Schulschließungen ebenso gegeben wie fleißige und faule Schüler. Deshalb darf die Corona-Krise künftig auch nicht als Grund für schlechte Noten oder schulische Probleme des Nachwuchses herangeführt werden. Die Entwicklung eines Kindes wird schließlich von zahlreichen Faktoren beeinflusst, und der viel zitierte Satz vom lebenslangen Lernen ist heute richtiger denn je.

Eltern sollten den Schulen in der Krise deshalb gerne etwas mehr Vertrauen schenken. Und natürlich auch ihren Kindern. Ein paar Wochen Unterrichtsausfall können die meisten gut verkraften, und glücklicherweise behandelt das Coronavirus alle Schüler gleich. Verlierer der Krise sind vielleicht Kinder aus sozialen Randgruppen. Darauf haben die Behörden in den vergangenen Wochen immer wieder hingewiesen. Doch hier gilt derselbe Rat wie für die Eltern. Man kann Corona nicht für alles verantwortlich machen. Gerecht war das Schulsystem auch vor der Krise nicht.

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