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Macht ausüben

Was treibt Täter bei Belästigung im Internet an?

Kopfschüttelnd fragen sich viele Betroffene, was in Menschen vorgeht, die in Internet-Chats andere sexuell belästigen. Experten sagen: Es geht oft um Machtausübung.

Ein Kind hält ein Smartphone in der Hand.
Wenn Kinder und Jugendlichen auf einer Online-Plattform belästigt werden, sollten sie sich Unterstützung suchen. Foto: Silvia Marks/dpa

Was geht eigentlich in diesen Menschen vor? Täter, die völlig Fremden ihre Intim-Fotos aufdrängen. Männer, die aus der Anonymität des Netzes heraus Frauen in 700 Kilometern Entfernung derbe Sex-Angebote machen. Jungs und Mädchen, die Nacktbilder von Schulfreunden an die ganze Klasse weiterleiten.

„Es geht oft gar nicht so sehr um Sex, sondern mehr um Machtausübung“, sagt Ulrike Fritsch, Sozialpädagogin bei der Rastatter Beratungsstelle „Feuervogel“. „Und es geht mitunter auch darum, etwas zu kompensieren, was der Täter selbst an Gewalt erlebt hat.“

Unabhängig davon, ob diese Täter nun jung oder alt sind, pädophil oder nicht, ob sie im Netz oder im realen Raum agieren: „Ja, es geht bei solchen Taten natürlich viel um Macht“, bestätigt der Psychologe Heinz Scheurer. Er ist einer der leitenden Psychotherapeuten bei der Forensischen Ambulanz Karlsruhe, die Sexualstraftäter und pädophil veranlagte Menschen therapiert.

Man gehe generell bei Sexualdelikten von mehreren zentralen psychologischen Bedürfnissen aus. Erstens treibt die Menschen an: Lusterfüllung und Unlustvermeidung. „Das bedeutet auch, Neues zu entdecken und zu erleben“, sagt Scheurer.

„Im Bereich der Kinderpornografie geht es oft auch um Grenzüberschreitungen, um das sogenannte ,Sensation Seeking‘.“ Auf Deutsch heißt das „Sensationssuche“. Es umschreibt das veranlagungsbedingte Bedürfnis eines Menschen nach Abwechslung, nach intensiven, erregenden Erlebnissen. Und dafür nimmt man Risiken und Grenzverletzungen in Kauf.

Bedrohen und Erpressen heißt auch: Kontrolle

Zweitens: Das Bedürfnis, Macht und Kontrolle über andere zu gewinnen. Beim „Cybergrooming“ manipulieren Täter einen anderen Menschen im Internet-Chat so, dass er sich beispielsweise auf sexuelle Handlungen vor der Kamera einlässt, Nacktbilder preisgibt. „Das bedeutet alles Kontrolle und Machtausübung“, sagt Scheurer. „Auch, dass man Leute danach bedroht und erpresst.“

Drittens: Soziale Bindung. Die Sehnsucht danach sei eben auch ein wichtiger Grund, warum Menschen sich von einem Täter einwickeln lassen, erklärt der Psychologe. Wer sich über längere Zeit regelmäßig mit einem Anderen trifft und austauscht, entwickele eine Bindung, auch in der digitalen Welt.

Viertens: die Selbstwertbefriedigung. „Toll siehst du aus. Du hast einen schönen Körper“ – wenn Menschen solche Komplimente erhalten, dann stärke das zunächst diesen Selbstwert, sagt Scheurer. Gerade junge Menschen, die schwerlich Kontakt zu anderen aufbauen, seien für Komplimente der Täter gewiss empfänglich.

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