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Mit leisem Auftreten viel bewegt

Trauer in Karlsruher Musikszene um Substage-Mitgründer Andreas Schorpp

Als Substage-Mitgründer, „Popnetz“-Verantwortlicher und Tontechniker für unzählige Bands gab Andreas Schorpp der Karlsruher Musikszene zahlreiche Impulse. Nun ist er mit 63 Jahren gestorben.

Andreas Schorpp, Mitgründer und 1. Vorsitzender des Substage Karlsruhe e.V.
Zahlreiche Impulse für die regionale Musikszene gab Andreas Schorpp als Mitgründer des Substage, Verantwortlicher der Nachwuchsinitiative Popnetz und über drei Jahrzehnte lang als Tontechniker für die Live-Auftritte und CD-Produktionen unzähliger Bands. Foto: Mick De Meester

Wer in Karlsruhe während der vergangenen gut 30 Jahre in irgendeiner Form mit Rockmusik zu tun hatte – ganz egal ob vor, auf oder hinter der Bühne – musste unweigerlich auf Andreas Schorpp treffen: Den meisten Fans elektrisch verstärkter Gitarren dürfte der Mann mit dem markanten dunklen Brillengestell, dem schwarzen Strickpulli und den obligatorischen Birkenstocksandalen hinter dem Mischpult des Musikclubs Substage aufgefallen sein.

Seit 1990 sorgte er dort bei unzähligen Konzerten für den richtigen Sound, den in der ursprünglichen Spielstätte des heute auf dem Schlachthofgelände befindlichen Clubs, einer ehemaligen Fußgängerunterführung, übrigens niemand sonst so matschfrei hinbekam.

Doch Andreas Schorpp, den alle nur Andi nannten, war weit mehr als „nur“ der Mann am Mischpult: Als Gründungsmitglied und erster Vorsitzender des Substage e.V. hat er der Karlsruher Kulturlandschaft maßgebliche Impulse gegeben. Sehr stark engagierte er sich auch für die regionale Szene: Wer selbst in einer Band aktiv war, konnte Andi zum Beispiel beim New-Bands-Festival (früher Newcomer-Festival) erleben, als Verantwortlicher der veranstaltenden Nachwuchsförderungs-Initiative „Popnetz“, als Jurymitglied und natürlich als Soundmann.

Als Gewinn winkte den Siegern des Wettbewerbs stets eine Produktion in seinem Tonstudio in der Schillerstraße, das Bands aus der Region oft als Anlaufstelle diente, wenn eine bezahlbare Demoaufnahme gebraucht wurde. Zahlreiche ambitionierte Gruppen aller Genres (Ska, Metal, Pop oder Punk) in Karlsruhe haben hier aufgenommen, um mit NTS (der früheren Band von Cris Cosmo), Yakuzi oder Shy Guy At The Show nur einige zu nennen.

Ruhepol im lauten Musikgeschäft

Nebenher machte er auch selbst Musik, etwa als Schlagzeuger in der Dylan-Tribute-Band Bobby Shadow. Und seiner Leidenschaft für gute Küche war es zu verdanken, dass das von ihm geleitete Substage-Café im Obergeschoss des Musikclubs nicht nur eine hervorragende Location für etwas kleinere Konzerte bietet, sondern auch kulinarisch beachtliches Niveau.

Besonders bemerkenswert an Andi war seine ruhige Art – im eher lauten Musikgeschäft durchaus eine Seltenheit –, die so ausgeprägt wie sie war, im geräuschvollen Bühnen- und Studioalltag schon mal für Verständigungsprobleme sorgen konnte. Unvergessen ist dem Verfasser dieses Textes eine Begebenheit während einer CD-Produktion mit Andi, an der er selbst beteiligt war: In einem Tonstudio spielt die Band in einer Art Aquarium, das vom Arbeitsplatz des Toningenieurs durch eine Glasscheibe getrennt ist.

Kommuniziert wird mittels Gegensprechanlage. Nach einer Aufnahme sprach Andi im Regieraum sehr engagiert in sein Mikrofon, im Raum der Band war indes nichts zu hören. Er hatte vergessen den Gegensprechknopf zu drücken. Darauf aufmerksam gemacht, unternahm er einen neuen Anlauf. Die Band hörte – wieder nichts. Andi sprach wirklich sehr leise. Sein Abschied aus dem Rock´n´Roll-Zirkus erfolgte ebenso leise: Wie nun bekannt wurde, ist er vergangene Woche nach schwerer Krankheit gestorben. Er wurde 63 Jahre alt. Er wird vermisst.

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