Skip to main content

Keine Kameras

Überwachung des Europaplatzes in Karlsruhe ist vorerst vom Tisch

Sieben Monate wurde in den verschiedenen städtischen Gremien über die Installation eines Überwachungssystems am Europaplatz diskutiert. Am Ende wurde das Projekt durch ein Abstimmungs-Patt im Gemeinderat abgelehnt.

eine Straßenbahn fährt nachts auf den Europaplatz in Karlsruhe
Subjektives Sicherheitsempfinden: Die Überwachung des Europaplatzes soll nicht in der Hand eines Privatunternehmens liegen. Der Gemeinderat votierte am Dienstag gegen ein Modellprojekt der EnBW. Foto: Jörg Donecker

Die Überwachung des Europaplatzes durch ein sensorgesteuertes Videosystem der EnBW ist vorerst vom Tisch. Im Gemeinderat fand der Vorschlag der Stadtverwaltung für ein dreijähriges Pilotprojekt zur Erprobung des Systems „SAVAS DS+“ nach einer einstündigen emotionalen Grundsatzdebatte am Dienstag keine Mehrheit.

Verhindert wurde es durch die 23 Gegenstimmen von Grünen, Linken, FDP und Kult-Fraktion.

Für das Projekt stimmten CDU, SPD, AfD, Freie Wähler und Für Karlsruhe sowie Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD).

Erfolgloses Werben für ein Forschungsprojekt

„Wir haben in Karlsruhe keinen Brennpunkt und es geht bei diesem Projekt lediglich um die Erhöhung der subjektiven Sicherheit“, warb der Rathauschef bis zur Abstimmung um Unterstützung. Außerdem sei „SAVAS DS+“ keine Lösung für sämtliche Probleme auf dem Euro, sondern lediglich ein Forschungsprojekt von einer „Firma direkt um die Ecke“.

Auch Ordnungsbürgermeister Albert Käuflein stellte klar, dass das Pilotprojekt lediglich als einer von vielen Bausteinen zur Erhöhung der Sicherheit in der westlichen Innenstadt gedacht sei. „Wir können die subjektive und objektive Sicherheit nur durch ein Zusammenspiel von repressiven und präventiven Maßnahmen erhöhen“, so Käuflein.

Und die Erhöhung der Sicherheit werde von der Bevölkerung nun einmal gewünscht, das habe die städtische Sicherheitsumfrage gezeigt.

Spezielles System der EnBW sollte Karlsruher Europaplatz überwachen

Weil der Europaplatz wegen der geringen Anzahl von Straftaten aus polizeirechtlichen Gründen nicht videoüberwacht werden darf, brachte die EnBW ihr neues System ins Spiel. Bei „SAVAS DS+“ werden die Bilder von Personen nach Angaben des Herstellers unkenntlich gemacht.

Wenn das System durch Künstliche Intelligenz bedrohliche Situationen wie eine Verfolgung erkennt, wird allerdings automatisch die Polizei alarmiert. Auf dem Europaplatz wollte die EnBW das System drei Jahre testen und bis zur Serienreife weiterentwickeln.

Gegner äußern datenschutzrechtliche Bedenken

Die Projektgegner führten für die Ablehnung vor allem datenschutzrechtliche Bedenken sowie eine Auslagerung einer staatlichen Kernaufgabe an die Privatwirtschaft ins Feld. „Wir lehnen dieses irrsinnige Pilotprojekt ab. Der nächste Schritt wäre wohl eine Privatisierung des KOD“, brachte Linken-Stadtrat Lukas Bimmerle die Ängste der Projektgegner auf den Punkt.

Am Tag vor der Entscheidung hatte sich der Verein Entropia mit einem Schreiben an alle Gemeinderatsfraktionen in die Debatte eingeschaltet und mehrere Fragen zur Datensicherheit aufgeworfen. Nach Einschätzung der Karlsruher Vertretung des Chaos Computer Clubs können Personen auf Bildern mit der von EnBW angegebenen Auflösung sehr wohl erkannt werden.

Außerdem habe der Landesdatenschutzbeauftragte noch keine Unterlagen zur Überprüfung des Produktes erhalten und dazu könnten „soziale Probleme nicht durch Technik gelöst werden“.

Ablehnung zeichnete sich schon vor sieben Monaten ab

Mögliche Probleme mit dem Datenschutz waren bereits bei der ersten Präsentation des Projekts in der Sitzung des Hauptausschusses am 13. Oktober 2020 der Knackpunkt. Grüne, Linke und KAL lehnten die Überwachung des Europaplatzes schon damals wegen datenschutzrechtlicher Bedenken ab – übrigens sehr zur Verwunderung von Dieter Hermann.

Der Heidelberger Kriminologe und Soziologe wurde mit der Erstellung eines Sicherheitskonzepts beauftragt und konnte die ablehnende Haltung gegenüber einem innovativen Projekt zur Erhöhung der subjektiven Sicherheit nicht nachvollziehen. Hermanns Argument: Wenn Gruppen mit einer gewissen Neigung zum Begehen von Straftaten einen Platz wegen eines Überwachungssystems meiden, dann ist das bereits ein Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit.

nach oben Zurück zum Seitenanfang