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Mehr Notfallbehandlungen

"Unsere Kapazitäten sind am Ende": Karlsruher Klinikum unter Druck

Das Karlsruher Klinikum sieht sich massiv unter Druck gesetzt durch die steigende Zahl an Notfallbehandlungen. In den Notaufnahmen des Städtischen Klinikums, einziger Maximalversorger in der Region, wurden 2018 insgesamt 74.500 Fälle erfasst, eine Steigerung um 3,2 Prozent zum Vorjahr.

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Der Neubau des Bettenhauses M am Karlsruher Klinikum. Foto: Markus Gilliar

„Unsere Kapazitäten sind am Ende,“ sagte der medizinische Geschäftsführer Uwe Spetzger bei der Jahrespressekonferenz. Man habe zwar eine neue Verteilungseinheit etabliert, doch teilweise herrschten „chaotische Zustände“.

Neues Bettenhaus soll Besserung schaffen

Spetzger führt dies neben der Schließung der Paracelsusklinik auf punktuelle Abmeldungen regionaler Kliniken an die Rettungsleitstelle zurück. Der Geschäftsführer übte scharfe Kritik am Verhalten anderer Häuser in der Region: „Der Terminus Maximalversorger wird missbraucht.“ Man bekomme Patienten vor die Tür gefahren, die eigentlich in kleineren Kliniken behandelt werden können.

Bürgermeisterin Bettina Lisbach (Grüne) verweist auf erste Gespräche mit den umliegenden Landkreisen. Sie sei zwar „vorsichtig mit Schuldzuweisungen, aber das Ganze hat natürlich eine regionale Komponente“. Besserung verspricht sich das Städtische Klinikum auch durch das neue Bettenhaus M. Es soll im Jahr 2021 in Betrieb genommen. Insgesamt werden 194 Millionen Euro in den Neubau investiert, so Geschäftsführer Markus Heming.

Den aktuellen Skandal um Patientendaten im Netz verfolgt die Klinikführung aufmerksam. Am Klinikum herrschten „höchste Sicherheitsstandards“, versichern die Geschäftsführer.

Kampf an vielen Fronten

Das Karlsruher Klinikum kämpft an vielen Fronten: Mehr als 200 Millionen Euro werden in den kommenden Jahren in das Areal an der Moltkestraße investiert – davon alleine 194 Millionen Euro für das neue und zentrale Bettenhaus M. Es soll Ende 2020 fertiggestellt sein, der Einzug ist 2021 geplant. Ausstattung und Technik der verschiedenen Abteilungen wurden weiter verbessert und innovative Behandlungsmethoden einführt. Und gleichzeitig gibt es den Versuch der Klinikleitung, die angespannte Personallage zu verbessern.

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BM Foto: Markus Gilliar

Weiter steigende Zahlen bei der Notfallversorgung setzen das Klinikum allerdings unter Druck und haben zu einer klaren Kritik am Verhalten von Krankenhäusern der Region geführt – ein breites Bündel von Themen prägte die Jahrespressekonferenz des Städtischen Klinikums. „Als einziger Maximalversorger in der Region müssen wir mit nicht ganz einfachen Rahmenbedingungen auskommen,“ so die zuständige Bürgermeisterin Bettina Lisbach (Grüne). Sie bezog sich damit auf gesundheitspolitische Debatten. Der Personalmangel sei ein zentrales Thema. Es gelte, das Klinikum mit seinen 4 300 Mitarbeitern als Arbeitgeber zu stärken.

"Flucht aus der Pflege" festgestellt

Hier verwies der seit knapp einem Jahr amtierende medizinische Geschäftsführer Uwe Spetzger auf erste Erfolge nach schwierigen Zeiten. Man habe sprichwörtlich „eine Flucht aus der Pflege festgestellt“, so Spetzger. Mit Themen wie Zuschlägen, flexibleren Arbeitszeiten, Jobticket, verstärkter Werbung oder dem Einsatz eines Recruiters will man dieser Entwicklung begegnen, ergänzt der kaufmännische Geschäftsführer Markus Heming.

Als Erfolg verbucht Spetzger, dass sich die Besetzung der OP-Säle verbessert habe. Anfang des Jahres hatten die BNN berichtet, dass etwa ein Drittel der OP-Säle aus Personalmangel immer wieder abgemeldet werden musste. „Das gibt es jetzt nur noch punktuell.“ Dauerthema ist die Organisation der Notfallversorgung. Um dem Ansturm Herr zu werden, setzt das Klinikum seit vergangenem Jahr auf eine zentrale Aufnahmestation für die leicht erkrankten Patienten und eine klare Einstufung von Notfallpatienten, was die Dringlichkeit ihrer Behandlung angeht.

Nachts wird der Blinddarm vor die Tür gefahren

Was das Verhalten von Kliniken im Umland angeht, macht Spetzger aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Wir bekommen nachts den Blinddarm vor die Tür gefahren.“ Andere Kliniken könnten so ihre Dienstpläne einhalten. Der Andrang reißt auch ein Loch in die Kasse, so Spetzger. Für einen ambulanten Notfall würden zur Zeit 35 Euro vergütet, notwendig wären allerdings 120 Euro. Für die stationäre Notfallversorgung erhalte man nun zwar einen pauschalen Zuschlag von 688 500 Euro, die ambulante Notfallversorgung bleibe unberücksichtigt.

Was die Finanzen angeht, ist das vergangene Jahr aber nicht ganz schlecht verlaufen. Während 2017 noch ein Minus von 7,5 Millionen Euro zu Buche schlug, sind es für 2018 noch 3,8 Millionen Euro. Allerdings mussten für 2017 rund vier Millionen Euro Abschreibungen verbucht werden. Mehreinnahmen resultierten 2018 aus der Behandlung schwerer und komplexer Fälle sowie von Patienten mit Mehrfacherkrankungen.

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