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Corona-Ausgangssperre

Unterwegs in der Geisterstadt: So leer ist Karlsruhe bei Nacht

Mit Beginn der nächtlichen Ausgangssperre wird die Karlsruher City zur Geisterstadt. Kaum ein Mensch ist zu sehen. Lediglich der Lieferservice befindet sich im Dauereinsatz.

Ausgestorben: Die Karlsruher Innenstadt wirkt infolge von Ausgangsbeschränkung und Lockdown abends wie von allen guten Geistern verlassen.
Ausgestorben: Die Karlsruher Innenstadt wirkt infolge von Ausgangsbeschränkung und Lockdown abends wie von allen guten Geistern verlassen. Foto: Jörg Donecker

Der Soundtrack des Abends? Nichts würde da besser passen als der Titel „Living in a Ghost Town“ von den Rolling Stones. Nach Aussage der englischen Rockveteranen bereits im vergangenen Jahr geschrieben, wurde das Lied im Frühjahr leicht verändert veröffentlicht und untermalt erschreckend gut die aktuelle Situation.

Bereits kurz nach 19 Uhr - und somit noch vor dem Beginn der Ausgangsbeschränkung - sind kaum Menschen in der Karlsruher City unterwegs. Wofür auch? Am Samstag, 12. Dezember, konnte man noch in den zahlreichen Geschäften seine Weihnachtsgeschenke besorgen, jetzt haben die Geschäfte geschlossen und wünschen oftmals via Aushang „Frohe Weihnachten und alles Gute für 2021.“

Die Personen auf dem Kronenplatz kann man an einer Hand abzählen. Und auch auf dem Marktplatz leuchtet der Tannenbaum für nicht mal ein Dutzend Menschen. Vorbei an Karstadt, aus dem um diese Zeit normalerweise noch gut bepackte Weihnachtseinkäufer strömen würden, und der aber dunkel und geschlossen daliegt, geht es in die Erbprinzenstraße und Richtung Friedrichsplatz.

Angesichts der bunten und aufwändigen Beleuchtung hat man dort mit ein bisschen Fantasie den Geruch von Weihnachtsmarkt in der Nase. Zurück in der Erbprinzenstraße: die Schaufenster der dortigen Geschäfte sind voll weihnachtlicher Dekoration, und so einige würden zu normalen Zeiten noch den ein oder anderen spontanen Kauf machen.

Nur der Lieferservice hat in der Karlsruher Innenstadt viel zu tun

Auch die Waldstraße vor zur Kaiserstraße wird in ihrer Leere durch viel Weihnachtsbeleuchtung erhellt. Am Ludwigsplatz winken aus einer Privatwohnung ein paar kleine Kinder auf den Platz herunter. Stimmen und Lachen erfüllen so wenigstens für einen Moment den sonst gespenstisch ruhigen Abend.

Dann der Blick auf die Uhr: Entschieden geht der Zeiger auf 20 Uhr zu, den Beginn der Ausgangssperre. Offiziell unterwegs sein dürfen ab jetzt noch die Herrschaften in der absoluten Trendfarbe des Abends: orange. Denn fast egal wo man sich aufhält düst im Minutentakt ein Fahrradbote des Lieferservice vorbei.

Die Menschen haben Hunger, so scheint es. Auf dem Stephanplatz berichtet einer von ihnen: Seit 12 Uhr sei er unterwegs, zwei Stunden habe er Pause gemacht. Bisher seien dabei 38 Kilometer zusammengekommen, wie sein Smartphone verrät. In der letzten Stunde seiner Schicht rechnet er noch mit weiteren sechs bis sieben Kilometern Fahrweg.

Keine Autoposer in der Amalienstraße

Weiter geht es in der Amalienstraße. Wo normalerweise an Samstagabenden öfters die Fahrer mit ihren Autos posen, springt die Ampel von Rot auf Orange und Grün und wieder zurück. Ohne dass irgendetwas passiert.

In der Hirschstraße, wo die eine oder andere Diskothek und Bar zu finden ist, ist: nichts. Beim Vorbeigehen an einer der Bars kommen die Erinnerung an den Freitag vor dem ersten Lockdown ins Gedächtnis. Als das Thema Corona schon aktuell war, niemand sich aber diese Ausmaße hätte erdenken können.

Niemand zieht durch die Clubs

Die Heilige Sophie ein paar Häuser weiter in der Hirschstraße gibt sich zuversichtlich: „Jederzeit startklar“, ist auf der Tür zu lesen. Zurück geht es über die südliche Waldstraße: ein Hund dreht samt Herrchen noch eine Runde, untermalt von dem Gurren der Tauben.

Zum Abschluss ein Eindruck von der Tür einer Diskothek: statt der wummernden Bässe, die zu normalen Zeiten hinaus dringen und der fröhlichen Menschengruppen, die hier meist zum Rauchen zusammen stehen, herrschen weithin Stille und Einsamkeit.

Nach einiger Zeit des Umherwanderns drängt ein weiteres Lied in die Gedanken. Es beschreibt, wie alles sein könnte, wie es aber gerade nicht ist. „Wir ziehen durch die Straßen und die Clubs dieser Stadt“, heißt es in „Atemlos durch die Nacht“ von Helene Fischer. Durch die Straßen - das stimmt. Durch die Clubs - das stimmt nicht. Denn die sind geschlossen. Und werden es wohl noch länger bleiben.

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