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Pro und Contra

Unnötig oder längst überfällig: Sollten Jugendliche schon mit 16 Jahren wählen dürfen?

Sind 16-Jährige reif genug für eine Wahl? Über diese Frage streitet in Baden-Württemberg nicht nur die Politik. Auch unsere Redaktionsmitglieder Philipp Kungl und Christel Manzey sind sich in dieser Frage uneins.

Ein Wähler macht sein Kreuz auf einem Wahlschein.
„Wählen mit 16” ist in Baden-Württemberg aktuell nur bei Kommunalwahlen möglich. Die Politik diskutiert jedoch die Absenkung des Wahlalters – mal wieder. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Ist man mit 16 Jahren zu jung für ein Kreuzchen? Darüber diskutiert aktuell die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg. Im Ländle dürfen Minderjährige nur an den Kommunalwahlen teilnehmen. Bundes-, Landtags oder Europawahlen sind für 16- und 17-Jährige hingegen tabu.

Aber ist das noch zeitgemäß? Laut einer neuen Studie der Freien Universität Berlin gibt es wenig Gründe, die gegen eine Absenkung des Wahlalters sprechen. Ein Selbstläufer, so die Politikwissenschaftler Thorsten Faas und Arndt Leininger, sei „Wählen mit 16” allerdings nicht. Wie alt sollten junge Wähler also sein? Auch in unserer Redaktion herrscht darüber Uneinigkeit.

PRO: Das Vorurteil vom „Null-Bock-Teenie” ist längst überholt.

Christel Manzey

Ab 16 Jahren dürfen Jugendliche den Führerschein machen, Alkohol trinken oder sich die Pille verschreiben lassen – aber für Bundes- und Landtagswahlen sind sie noch zu unreif? Ich glaube, da tun wir den 16- und 17-Jährigen Unrecht: Das Vorurteil vom „Null-Bock-Teenie”, dem alles egal ist bis auf die Party am Wochenende, ist längst überholt. Unsere Teenager sind interessiert, sie haben eine Meinung und wollen, dass die auch gehört wird. Nichts zeigt das besser als die Fridays-for-Future-Demonstrationen –entgegen allen Vorurteilen waren die auch während der Ferien gut besucht. Am Ende ging es den meisten um die Sache, nicht ums Schule schwänzen.

Auch das Video „Die Zerstörung der CDU” des Youtubers Rezo zeigt mit mehr als 17,5 Millionen Klicks doch, dass sich Jugendliche durchaus mit Politik beschäftigen. In sozialen Netzwerken wie Instagram oder Tiktok geht es schon lange nicht mehr nur um schöne Bilder oder lustige Videos: „Konservative” Medienangebote wie die „Tagesschau” haben mehr als 2,1 Millionen Follower. Teenager informieren sich über wichtige Themen, auch wenn sie es anders tun als ihre Eltern- und Großelterngeneration. Dabei zeigen sie oft mehr Medienkompetenz, können Informationen im Netz schneller finden und einordnen. Eine Beeinflussung durch „Fake News” darf man ihnen nicht pauschal unterstellen.

Wollen wir wirklich, dass diese engagierten und informierten Stimmen ungehört bleiben? Zumal wichtige Zukunftsthemen besonders diejenigen betreffen, die aktuell noch nicht zur Wahlurne gehen dürfen. Sei es Umweltschutz, Digitalisierung oder Gesundheit – die Zukunft gehört den Jungen. Dann sollten sie die auch mit ihrer Stimme aktiv gestalten dürfen!

KONTRA: Mitbestimmung ja –aber nicht um jeden Preis!

Philipp Kungl

Wählen zu dürfen, ist ein wichtiges Recht der Demokratie, gleichzeitig aber auch eine große Verantwortung. Eine Verantwortung, die jungen Menschen erst im Alter von 18 Jahren anvertraut wird – und das aus gutem Grund. Denn viele 16-Jährige haben mit Politik wenig bis gar nichts am Hut. Sie interessieren sich weder für Steuerfragen noch für historische Zusammenhänge. Ein Beispiel? Laut einer Studie der Körber-Stiftung können vier von zehn Schülern mit dem Begriff Auschwitz nichts anfangen. Nicht gerade die beste Voraussetzung für den Gang zur Wahlurne.

Sicher gibt es durchaus Jugendliche, die politisch interessiert sind. Das zeigt zum Beispiel die Fridays-for-Future-Bewegung. Und doch fehlt es vielen am nötigen Basiswissen, um verantwortungsbewusst ihre Stimme abzugeben. Ein Grund hierfür liegt in der Schule, die junge Menschen nicht ausreichend auf das Wählen vorbereitet. Neben politischen Grundlagen müssten im Unterricht auch die Akzeptanz anderer Meinungen sowie die Fähigkeit zum Kompromiss vermittelt werden.

Stattdessen informieren sich Teenager bevorzugt in sozialen Medien wie Youtube, Facebook oder Instagram. Doch in der Online-Welt drohen Gefahren. Radikale Parteien gehen mit Fake-News auf Wählerfang – und finden auch bei den Jugendlichen Abnehmer für ihre utopischen Zukunftsversprechen. Nicht zuletzt, weil diese eher zu Extrempositionen neigen. In Österreich etwa wählte 2008 fast ein Drittel der 16-Jährigen eine der beiden rechtspopulistischen Parteien BZÖ und FPÖ. Bei den 18-Jährigen waren es nur 18 Prozent. Das zeigt: Mitbestimmung ja – aber nicht um jeden Preis!



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